Die Lage im kleinen Nahost-Staat Libanon ist dramatisch. Seit September läuft eine umfassende israelische Offensive gegen die radikal-islamistische Terrormiliz Hisbollah, die den Libanon seit Jahren kontrolliert.

Wegen der brachialen israelischen Invasion flohen bis zum 21. Oktober dieses Jahres schätzungsweise 425.000 Menschen aus dem Libanon ins benachbarte Syrien. Knapp 17.000 Libanesen suchten bis Ende des Vormonats wiederum Zuflucht im Irak.

Das soll aber erst der Anfang sein. Schließlich ist der Konflikt zwischen Israel und dem Libanon noch jung. Laut Experten werden sich viele der Flüchtlinge mit der Zeit auf den Weg nach Europa machen, was den ohnehin massiven Migrationsdruck auf die EU weiter erhöhen wird.

Laut dem Geopolitik-Experten Barah Mikaïl droht ein Szenario ähnlich wie bei der Flüchtlingskrise 2015 einzutreten, als über eine Million Flüchtlinge hauptsächlich über die Mittelmeerrouten nach Europa strömten.

Libanesin mit Decken in den Ruinen ihres Wohnhauses in der libanesischen Hauptstadt BeirutIMAGO/Xinhua

Die EU scheint die neuerliche Flüchtlingskrise unterschätzt zu haben

Und was macht die EU? Es hat den Anschein, dass Europa die drohende Flüchtlingswelle unterschätzt hat. Erst vor wenigen Monaten, im Mai dieses Jahres, kündigte Brüssel ein Hilfspaket von einer Milliarde Euro für den Libanon an, um die Migrationskrise an der Wurzel zu packen.

Allerdings ist unwahrscheinlich, dass diese Mittel ausreichen werden, um die Region zu stabilisieren und den Massenexodus einzudämmen.

Tatsächlich könnte der Libanon, der heute am Rande des politischen Zusammenbruchs steht, schon bald nicht mehr in der Lage sein, die Migrantenströme aus dem Land zu kontrollieren.

Dies wird unweigerlich den Druck auf Europa erhöhen. In dem Maße, wie sich die Instabilität in der Nahost-Region erhöht, müssen die europäischen Staaten damit rechnen, dass eine drastisch wachsende Zahl von Migranten versuchen wird, insbesondere Griechenland und Italien zu erreichen – und in weiterer Folge den Rest Europas, darunter Österreich und Deutschland.