FPÖ attackiert Staatsschutz-Chef: „Wie ein Koch, der selbst die Kritik schreibt“
Nach dem Rücktritt von DSN-Chef Haijawi-Pirchner lodert der Polit-Streit. Die FPÖ spricht von einem „überfälligen Schritt“ – und warnt: Der Nachfolger dürfe „kein Parteisoldat“ sein. Für zusätzlichen Zündstoff sorgt Haijawi-Pirchners neue Aufgabe: Ausgerechnet er soll das Innenministerium evaluieren.
Der vorzeigte Abgang des DSN-Chefs Omar Haijawi-Pirchner (Bild) polarisiert: Karner lobt, FPÖ tobt.APA/HANS KLAUS TECHT
Ein Rückzug, der Wellen schlägt: Der Abgang von Staatsschutz-Chef Omar Haijawi-Pirchner sorgt für politischen Wirbel in Wien. Knapp elf Monate vor Ende seiner Amtszeit legt er sein Amt zurück – offiziell aus „privaten Gründen“. Während ÖVP und SPÖ seine Arbeit loben, spricht die FPÖ von einem „überfälligen Schritt“ und fordert eine völlig unabhängige Nachfolge an der Spitze der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN).
Bilanz einer bewegten Amtszeit
Haijawi-Pirchner übernahm die Leitung der DSN im Herbst 2021 – mitten im Umbau nach den Turbulenzen rund um den Vorgänger-Verfassungsschutz BVT. In seiner Bilanz spricht er von „vielen wichtigen Schritten“, die diese Behörde zu einer „vernetzten und verlässlichen Sicherheitsorganisation“ gemacht hätten.
Besonders im rechtsextremen Milieu zeigte sich der Staatsschutz unter seiner Führung hochaktiv: fast 900 Hausdurchsuchungen, davon 670 im Bereich Rechtsextremismus. Dazu 275 Festnahmen – 162 im rechtsextremen Umfeld, 67 im islamistischen Bereich.
Lob von der Regierung
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) würdigte die Arbeit seines scheidenden Behördenleiters: Er habe die DSN „zu einer international anerkannten und schlagkräftigen Organisation“ gemacht. Auch SPÖ-Staatssekretär Jörg Leichtfried sprach von einer „beachtlichen Leistung“ und hob die erfolgreiche Neupositionierung des Verfassungsschutzes hervor.
Ganz verabschiedet sich Haijawi-Pirchner nicht aus dem Innenministerium: Er wird die Evaluierung des Staatsschutz- und Nachrichtendienstgesetzes übernehmen und dabei Optimierungspotenziale aufzeigen. Interimistisch übernimmt seine Stellvertreterin Sylvia Mayer die Führung, bis in einem regulären Verfahren ein Nachfolger bestellt wird.
FPÖ: „Überfälliger Schritt“
Deutlich kritischer fällt das Urteil der FPÖ aus. Sicherheitssprecher Gernot Darmann nannte den Rückzug einen „überfälligen Schritt“. Schon die Bestellung Haijawi-Pirchners habe den Staatsschutz „in den Verdacht gebracht, parteipolitisch beeinflusst zu sein“.
Der Hintergrund: Bereits zu Beginn seiner Amtszeit wurde Haijawi-Pirchner eine Nähe zur ÖVP vorgeworfen. So kursierte ein Foto aus dem Gemeinderatswahlkampf 2020, das ihn in einer ÖVP-Jacke neben Ministerin Susanne Raab zeigte. Auch ein Video von einem ÖVP-Neujahrsempfang, in dem er die Politik der Partei lobte, sorgte für Schlagzeilen. Haijawi-Pirchner selbst räumte später ein, diese Auftritte seien ein „Fehler“ gewesen. Gleichzeitig betonte er, kein Parteimitglied zu sein und seine Funktion als DSN-Chef parteipolitisch unabhängig ausgeübt zu haben.
Ruf nach Unabhängigkeit
Besonders heftig kritisiert Darmann, dass Haijawi-Pirchner nun auch die Evaluierung der Behörde übernehmen soll: „Das ist, als ob ein Koch, der das Essen versalzen hat, selbst die Restaurantkritik schreibt.“
Die Freiheitlichen fordern nun einen klaren Schnitt. „Nur ein wirklich unabhängiger, fachlich kompetenter Leiter kann garantieren, dass der Staatsschutz nicht zum Spielball parteipolitischer Interessen verkommt“, sagt Darmann. Das Vertrauen in die DSN sei entscheidend – gerade in Fragen, die Demonstrationen, Bedrohungslagen oder Terrorermittlungen betreffen. „Wir brauchen einen Staatsschutz, der Gefahren sachlich bewertet und nicht in den Verdacht einer politischen Schlagseite gerät.“
Vertrauen auf dem Prüfstand
Die Diskussion um die Nachfolge wird zur Nagelprobe: Österreichs Staatsschutz zählt zu den sensibelsten Behörden im Land. Parteiübergreifend herrscht Einigkeit, dass die Glaubwürdigkeit der DSN für das Vertrauen in die Sicherheitsarchitektur unverzichtbar ist. Doch wie das Auswahlverfahren gestaltet wird und ob es gelingt, eine Persönlichkeit mit unbestrittener Unabhängigkeit zu gewinnen, bleibt offen.