Kürzlich haben sich Hamas und Israel auf einen Waffenstillstand samt Freilassung der Geiseln geeinigt. Vorausgegangen war Donald Trumps 20-Punkte-Plan, den der ehemalige israelische Botschafter in den USA, Michael Oren, als historische, einmalige Leistung in den höchsten Tönen lobt.

Dem jetzigen US-Präsidenten sei, so Oren, „eine der elegantesten diplomatischen Leistungen der letzten Jahrzehnte“ gelungen. Der Spitzendiplomat und renommierte Nahost-Historiker unterstreicht in mehreren Interviews mit Fox News und MSNBC, dass Trump dort Erfolg hatte, wo Obama und Biden gescheitert sind.

Michael Oren, Jahrgang 1955, ist ein israelischer Diplomat, Historiker und Politiker. Er war von 2009 bis 2013, in der Zeit von Barack Obama, israelischer Botschafter in den USA.YouTube/Michael Oren

Für Oren ist das Abkommen auch deshalb historisch, weil es erstmals die vollständige Freilassung aller israelischen Geiseln vorsieht – auch der Toten. „Das unterscheidet diesen Plan fundamental von allen früheren Vorschlägen“, unterstreicht Oren. „Er bringt nicht nur Frieden, sondern auch Abschluss für hunderte Familien.“

Macht statt Moralappelle

„Trumps Vorgänger glaubten, man könne im Nahen Osten mit Soft Power etwas erreichen – das funktioniert dort aber ganz sicher nicht“, unterstreicht Oren. Trump habe als erster Präsident seit Langem verstanden, dass im Nahen Osten nur Stärke respektiert wird. „Er war bereit, Macht einzusetzen – zuerst gegen die Huthi im Jemen, dann gegen den Iran. Das verschaffte ihm enormen Einfluss.“

Genau diese Bereitschaft, militärische und politische Macht einzusetzen, sei laut Oren die Voraussetzung für jede ernsthafte Friedensinitiative. „Man bringt keinen Frieden ohne Stärke“, fasst er zusammen.

US-Gesandte erzwingen den Durchbruch

Wo zuvor monatelang jede Verhandlung gescheitert war, brachte das Team um Steve Witkoff und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner den entscheidenden Durchbruch. Als Trumps Sondergesandte in Scharm el-Scheich eintrafen, legten sie einen klaren 20-Punkte-Plan vor und drängten beide Seiten – Israel und Hamas – zu schnellen Zugeständnissen. In einer historischen Sitzung saßen sich israelische und Hamas-Unterhändler erstmals direkt gegenüber.

Die Architekten des Gaza-Deals: Jared Kushner und US-Sondergesandter Steve Witkoff überzeugten beide Seiten zum Waffenstillstand.APA/AFP/Brendan SMIALOWSKI

Laut dem erfahrenen Vermittler Gershon Baskin wirkten Katar, Ägypten und die Türkei auf Hamas ein. Trumps Verhandlungstaktik war dabei unkonventionell: Er verkündete den Deal noch in der Nacht – bevor alle Details ausgearbeitet waren. „Damit zwang er alle, das Abkommen Realität werden zu lassen“, analysierte das Wall Street Journal. Ergebnis: Waffenruhe, Geiselaustausch und Rückzug der israelischen Armee – der erste greifbare Frieden seit Beginn des Gaza-Krieges.

Der 20-Punkte-Plan: Diplomatie mit Nachdruck

Oren lobt den zuvor von Kushner und Witkoff entwickelten 20-Punkte-Plan, der abseits der Freilassung aller Geiseln und der Entmilitarisierung Gazas einen vagen „Pfad“ zu einer künftigen palästinensischen Selbstverwaltung vorsieht. „Ich habe so etwas noch nie gesehen“, sagt Oren. „Länder, die sich sonst nicht einmal untereinander einigen können, geschweige denn mit Israel oder den USA, stimmen hier einem gemeinsamen Plan zu – das ist ein diplomatisches Meisterstück.“

Druck auf Hamas, nicht auf Israel

Laut Oren lag der eigentliche Druck nicht auf Israel, sondern auf Hamas. „Viele arabische Führungen haben genug von Hamas. Sie brachte Krieg und Instabilität in die Region – und das endet nie bei Israel und Palästina, sondern mit Unruhen in Riad oder Kairo.“

Die Initiative habe erstmals die gesamte arabische Welt vereint, um Druck auf die Terrororganisation auszuüben.

Die Rückkehr der „Pax Americana“

Nach Jahren des amerikanischen Rückzugs sei der Nahen Osten wieder unter dem Einfluss einer starken US-Führung. „Die USA sind zurück – mit B-2-Bombern, Marineeinsätzen und militärischem Druck“, unterstreicht Michael Oren. Diese Rückkehr der amerikanischen Stärke habe Washington jene Hebelwirkung verschafft, die frühere Regierungen verloren hatten.

Jerusalem: Ein Plakat von US-Präsident Donald Trump erinnert an seine Rolle beim Gaza-Friedensplan.APA/AFP/AHMAD GHARABLI

Persönliche Beziehungen als Erfolgsfaktor

Neben Macht spielte auch Vertrauen eine zentrale Rolle: „90 Prozent der Diplomatie bestehen aus persönlichen Beziehungen“, berichtet Oren. Kushner habe es geschafft, enge Kontakte zu nahezu jedem arabischen Staatschef aufzubauen – und diese für den Friedensplan zu nutzen.

Abraham-Abkommen als Grundlage

Die Abraham Accords während Trumps erster Präsidentschaft – Israels Friedensabkommen mit UAE und Bahrain, mittlerweile auch mit Marokko und Sudan – seien der Türöffner gewesen. „Trump vermittelte den Eindruck, dass Amerika bereit war, Stärke zu zeigen. Die arabischen Staaten schlossen sich an, weil Israel die beiden großen Bedrohungen bekämpfte, die alle teilen: den sunnitischen und den schiitischen Extremismus – die Muslimbruderschaft und Iran.“

Geiseln, Hoffnung und Menschlichkeit

Trotz des politischen Erfolgs verweist Oren auf die menschliche Dimension: Eine der größten Sorgen sei, dass Hamas die Geiseln vor der Freilassung zwangs­ernähren könnte – eine lebensgefährliche Maßnahme nach langer Gefangenschaft. Doch er betont auch die Stärke der Überlebenden: „Viele ehemalige Geiseln sagen, dass sie in der Dunkelheit dieser Tunnel ihre wahre innere Stärke entdeckt haben. Das ist eine Quelle großer Hoffnung – für sie selbst, aber auch für uns alle.“

„Das Ende des Anfangs“

Oren warnt jedoch, der Konflikt sei noch nicht vorbei. Hamas sei zwar geschwächt, aber noch bewaffnet. Eine echte Lösung könne es nur geben, wenn die Terrororganisation vollständig entwaffnet werde. Gelinge das, eröffne sich Gaza eine neue Perspektive: „Der Wiederaufbau ist eine gewaltige Chance – Gaza kann wieder ein erfolgreicher, einflussreicher Hafen werden, das Tor zwischen den Kontinenten.“