Friedensinitiative geht weiter: Nehammer trifft Erdogan
Karl Nehammer wird auf Einladung Spaniens am Rande des NATO-Gipfels Ende Juni in Madrid den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan treffen, der die Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland ausrichtet. Nach seinen eigenen Reisen nach Kiew und Moskau sieht der Bundeskanzler in dessen Vermittlungsbemühungen weiterhin die “beste Chance auf Frieden”.
Die Hoffnung auf Frieden in der Ukraine lebt – auch für Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), der zuletzt mit eher pessimistischen Aussichten aus seinem Gespräch mit Wladimir Putin in Moskau gekommen war (der eXXpress berichtete). Denn Nehammer wird bald auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan treffen, welcher die Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland ausrichtet. Wie das Bundeskanzleramt am Donnerstag mitteilte, ist ein bilaterales Treffen am Rande des NATO-Gipfels Ende Juni geplant. In Madrid soll es auf Einladung Spaniens auch ein Arbeitsabendessen mit den Nicht-NATO-Mitgliedern der EU geben. Die Beziehungen zwischen Österreich und der Türkei gelten als angespannt, hatten sich zuletzt aber gebessert.
Nehammer sieht in Istanbuler Prozess "beste Chance auf Frieden"
Bei Telefonaten, die in den vergangenen Wochen zwischen Nehammer und Erdogan stattgefunden haben, sei es um den Ukraine-Russland-Krieg und insbesondere die türkischen Friedensbemühungen sowie die bilateralen Beziehungen gegangen, berichtete das Bundeskanzleramt. “Nach meinen zahlreichen Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten (Wolodymyr) Selenskyj, dem Gespräch mit dem russischen Präsidenten (Wladimir) Putin und auch meinen Telefonaten mit Präsident Erdoğan bin ich davon überzeugt, dass der Istanbuler Prozess weiterhin die beste Chance auf Frieden in Europa ist”, sagte Nehammer.
In Istanbul finden Gespräche zwischen Russland und der Ukraine statt. Die Türkei ist wie Russland und die Ukraine ein Anrainer des Schwarzen Meeres. Das NATO-Mitglied hat gute Beziehungen zu beiden Staaten und verfolgt bei ihrer Vermittlungstätigkeit das Ziel, eine Balance zwischen den russischen und ukrainischen Interessen zu finden. Die Türkei hat den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine in der UNO-Vollversammlung zwar verurteilt, sich den westlichen Sanktionen aber nicht angeschlossen.
Beziehungen zwischen Österreich und der Türkei jahrelang angespannt
Zwischen Österreich und der Türkei waren die Beziehungen jahrelang belastet. In der Vergangenheit sind auch deftige Worte gefallen. So “verfluchte” Erdogan Österreich etwa 2021, als die Bundesregierung die israelische Fahne über Bundeskanzleramt und Außenministerium hissen ließ. Der türkische Präsident kritisierte Nehammer als damaligen Innenminister wegen “antitürkischer Erklärungen” aus “rein innenpolitischem Kalkül”. Nehammer hatte zuvor die “unrühmliche Rolle” der Türkei im Nahost-Konflikt kritisiert und Erdogan persönlich vorgeworfen, “Öl ins Feuer” zu gießen. Nach Zusammenstößen von türkischen und kurdischen Aktivisten 2020 in Wien äußerte Nehammer “absolut keine Toleranz” dafür, wenn versucht werde, türkische Konflikte auf Österreichs Straßen auszutragen. Und der türkische Parlamentspräsident Mustafa Sentop bemerkte im September 2021 in einem APA-Interview, dass “neben Fremdenfeindlichkeit auch Türkeifeindlichkeit und Islamophobie fast zu einem festen Bestandteil der österreichischen Politik geworden” seien.
Weil sich Österreich für den Abbruch der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei starkgemacht hat, blockierte Ankara die NATO-Kooperation des österreichischen Bundesheers seit 2016. Auch bei der Genehmigung für die archäologischen Grabungen in Ephesos, an denen österreichische Archäologen beteiligt sind, gab es immer wieder Probleme. Diese Blockaden gab die Türkei im Frühjahr 2022 auf. Nach zweijähriger Unterbrechung dürfen österreichische Archäologen ab Mai wieder in der antiken Stadt Ephesos graben. Im April stimmte die Türkei einem zwischen Österreich und der NATO ausverhandelten individuellen und maßgeschneiderten Partnerschaftsprogramm für die Jahre 2021 bis 2024 zu. “Die Zusammenarbeit zwischen Österreich und der NATO im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden ist wieder im vollen Umfang möglich”, erklärte das Außenministerium.
"Offener Dialog" mit der Türkei
Auch die Wirtschaftsbeziehungen zur Türkei entwickeln sich laut Außenministerium positiv. Die österreichischen Exporte seien in Covid-19-Zeiten sogar gestiegen. “Das Interesse österreichischer Wirtschaftstreibender und die Präsenz der österreichischen Wirtschaft am türkischen Markt sind konstant groß”, hieß es. Österreichs Interesse sei ein “offener und sachlicher Dialog mit der Türkei, die in vielen Bereichen ein wichtiger Kooperationspartner sowohl für Österreich als auch für die EU ist. Teil dieses offenen Dialogs ist und bleibt es aber auch, schwierige Fragen anzusprechen.”
Österreich unterstütze und begrüße außerdem die Vermittlungsbemühungen der Türkei im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Auch die Initiativen der Türkei zur Verbesserung der Beziehungen zu Ländern in der Region, etwa zu Israel oder zu Armenien, bewerte Österreich als positiv, hieß es aus dem Außenministerium. Gespräche zur Annäherung zwischen der Türkei und Armenien finden in Wien statt.
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