Die frühere Siemens-Chefin und ehemalige EU-Staatssekretärin steigt damit nach ihrem unrühmlichen Rauswurf durch die FPÖ vor vier Jahren erneut an die Spitze des mächtigen Kontrollgremiums der Staatsbahnen auf. Der Paukenschlag erfolgt nur fünf Tage nach der Wahl.

Der Zeitpunkt ist brisant: Noch-Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat die Personalie nur kurz nach dem Wahlsonntag durchgedrückt. Aus dem Weg geräumt wurde dafür die bisherige Aufsichtsratspräsidentin Andrea Reithmayer, die völlig überraschend ihren Rücktritt verkündete. Eigentlich hätte ihre Funktionsperiode noch bis 2025 gedauert, doch sie wechselt jetzt auf eine Managementposition innerhalb der ÖBB-Infrastruktur. Offiziell heißt es, sie wolle „neue Herausforderungen“ annehmen. Insider vermuten jedoch: Gewessler wollte schnell Fakten schaffen, bevor die Grünen ihre Posten nach einem drohenden Regierungswechsel verlieren.

Der damalige FPÖ-Infrastrukturminister Norbert Hofer trennte sich von SPÖ-Legende Ederer.APA/APA/HANS KLAUS TECHT

Brigitte Ederer war bereits von 2014 bis 2018 Aufsichtsratschefin der ÖBB, bis sie nach dem türkis-blauen Regierungswechsel von FPÖ-Infrastrukturminister Norbert Hofer unsanft vor die Tür gesetzt wurde. „Ich habe gute Arbeit geleistet“, kommentierte Ederer damals ihren Abgang – jetzt ist sie zurück und soll für Stabilität sorgen. Doch die Rückkehr kommt nicht ohne Kritik: Es wird gemunkelt, dass die SPÖ mit diesem Coup versucht, sich nach der Wahlschlappe wieder im öffentlichen Sektor stärker zu positionieren.

Für Ederer ist die Rückkehr auf den Spitzenposten kein leichter Einstand: Die Staatsbahnen stehen mitten in der Bewältigung der Hochwasserschäden, dazu kommen zahlreiche Baustellen in der Infrastruktur. Die Lage ist angespannt – und die Bestellung einer prominenten SPÖ-Managerin könnte erneut für politische Reibereien sorgen, falls die FPÖ wieder an Regierungsverhandlungen beteiligt wird.

Der berühmte "Ederer-Tausender"

Im Gedächtnis der Österreicher bleibt Brigitte Ederer vor allem wegen ihrem “Eder-Tausender”. Ab dem 3. April 1992 war Brigitte Ederer das Gesicht der SPÖ-Kampagne für den EU-Beitritt Österreichs. Laut der damaligen EU-Staatssekretärin sollten sich die Lebenshaltungskosten durch den Beitritt so stark senken, dass eine durchschnittliche vierköpfige Familie jeden Monat 1.000 Schilling sparen würde.

An der Seite von Außenminister Alois Mock (ÖVP) verhandelte Ederer in Brüssel den Beitritt Österreichs, der 1995 Realität wurde. Ihr Versprechen vom „Ederer-Tausender“ wurde zum Symbol für die vermeintlichen Vorteile der EU-Mitgliedschaft – und die Österreicher warten bis heute auf ihren “Edlerer-Tausender”.