Härterer Kurs beim Waffenrecht: Sicherheit oder Symbolpolitik?
Der neue Entwurf zum Waffenrecht liegt in Begutachtung und stößt auf Widerspruch. Auf der Parlaments-Website häufen sich die Stellungnahmen: Mit Stichtag 22.09.2025 sind bereits 462 Eingaben verzeichnet.
Nach dem Grazer Schulmassaker will die Koalition das Waffenrecht umbauen: höheres Alterslimit, eine vierwöchige Abkühlphase, strengere Eignungschecks und mehr Datenaustausch. Befürworter sehen Prävention, Kritiker Anlassgesetzgebung, Symbolpolitik und Bürokratie. Der exxpress hat sich einzelne Stellungnahmen von beispielsweise dem Internationalen Schützenverband, der Rechtsabteilung der WKO, der Juristin Monika Donner uvm. angesehen und zentrale Kritikpunkte zusammengefasst.
Kriminalstatistik und Ausgangslage
In den meisten gesichteten Stellungnahmen wird festgehalten, dass die legalen Waffenbesitzer selten in der Kriminalstatistik auftauchen. Belegt wird das u. a. durch Zahlen, wonach die registrierten Gewaltdelikte mit Schusswaffen von rund 672/639 Fällen (2014/15) auf etwa 352 Fälle (2024) zurückgegangen sind und das obwohl die Zahl an legalen Besitzern deutlich gestiegen ist. Der ISB (internationaler Schützenbund) aber auch viele weitere, betonen zudem, dass legale Besitzer statistisch kaum in letale Ereignisse verwickelt sind (Richtwerte: Jäger ~0,0008 %, „andere“ legale Besitzer ~0,0009 %). Der Grazer Schulfall bestätigt die Trennlinie: Der Täter besaß zwar legal seine Waffen der Kategorie C und B , aber da die Schrotflinte, welche abgesägt war, ist als manipuliert und somit verboten zu werten.
Resultiert nun daraus, dass die legalen Waffenbesitzer in ihren Grundrechten beschnitten werden, fördert man auf der anderen Seite kriminelle Energien. In einigen Stellungnahmen, wie beispielsweise jener von MinR a. D. Mag. iur. Monika Donner, wird immer wieder das Naturrecht auf Selbstverteidigung erwähnt. Naturrecht steht bekanntermaßen über dem gesetzten Recht. Nichtsdestotrotz und gerade desshalb ist und bleibt es ein Menschenrecht, sich verteidigen zu dürfen. So könnte man in Anbetracht der Kriminalstatistiken, die einen deutlichen Trend zu mehr Delikten seit 2015 zeigen, annehmen, dass der Staat Interesse daran hat, seine Bürger bei der Selbstverteidigung zu unterstützen. Das potenzielle kriminelle Fehlverhalten Einzelner dürfe nicht das Recht gesetzestreuer Bürger schmälern.
Zukünftig: Übermittlung relevanter Informationen zwischen Behörden
Der Täter aus Graz besaß selbst eine Waffenbesitzkarte – und das, obwohl er bei der Stellung des Bundesheeres als untauglich aufgrund psychischer Instabilität eingestuft worden war. Warum dennoch die Waffenbehörde dem Täter eine Waffenbesitzkarte aushändigte, war für die Bevölkerung lange unklar. Klar ist nun, dass die Waffenbehörde über den negativen Musterungsbescheid nichts wusste. Das soll mit dem neuen Gesetz geändert werden, sodass die Stellungskommission des Österreichischen Bundesheeres an die zuständigen Waffenbehörden relevante Ergebnisse übermitteln darf und so bereits auffälligen Personen keine Waffenbesitzkarte ausgestellt wird. Genau diesen verbesserten Datenaustausch unterstützen mehrere Stellungnahmen.
Kosten- und Verwaltungsaufwand?
Das Fehlen transparenter Kosten- und Folgenabschätzung ist ein weitere Kritikpunkt der immer wieder aufgegriffen wird. Es wird hier u.a. vor mehr Bürokratie für Ämter und Händler gewarnt. Eine längere Wartefrist von vier Wochen bis zur Übergabe, der Kauf nur noch über autorisierte Händler, zusätzliche Prüf- und Meldepflichten sowie mehr Arbeit im Waffenregister (ZWR). Händler rechnen mit Umsatzrückgängen durch höhere Altersgrenzen und die Abkühlphase. Mehrere Einbringer fordern deshalb digitale Verfahren (z. B. über ID Austria), damit die Umsetzung einfacher, schneller und günstiger wird.
Zum Thema Abkühlphase wird außerdem immer wieder hinzugefügt das diese unverhältnismäßig sei, weil die Beantragung der Waffenbesitzkarte per se mit einer wochenlangen Wartezeit einhergeht.
Die Novellierung des Waffengesetzes ist völlig überschießend. Der Fall Graz hat gezeigt, dass es eine bessere Kommunikation zwischen den Ministerien braucht – nicht die Gunst des Bürgermeisters oder gar die Entwaffnung gesetzestreuer Bürger. pic.twitter.com/qGkQIwthJp
— FPÖ (@FPOE_TV) September 18, 2025
Rückwirkende Regelung, Altersfrage und Lebensrealitäten
Außerdem wird immer wieder erwähnt, die geplanten rückwirkenden Regeln abzulehnen, weil sie gegen Vertrauensschutz und Eigentumsschutz verstoßen würden. Rechtmäßig erworbene und registrierte C-Waffen nachträglich mit neuen Bewilligungen oder zusätzlichen Gutachten zu belasten, gilt als unzulässiger Eingriff. Kritisiert wird auch eine rückwirkende Befristung von Waffenbesitzkarten ab 1. Juni 2025. Zur Altersfrage heißt es, die Gruppe der 21- bis 24-Jährigen sei nicht auffälliger.
Der Internationale Schützenbund erinnert daran, dass junge Erwachsene bereits mit 16 Jahren politische Rechte ausüben, die ihnen zugesprochen werden, weil von ausreichender geistiger Reife ausgegangen wird. Mit 17 Jahren kann man den Führerschein erwerben und mit 18 im Bundesheer an Sturmgewehren ausgebildet werden. Wer dort als verlässlich gilt, soll zivil nicht plötzlich als unzuverlässig behandelt werden.
Entscheidend ist in jedem Fall die Qualität der Eignungsprüfung, nicht deren formale Ausgestaltung, weshalb kombinierte Termine zulässig bleiben sollten. Ein messbarer Sicherheitsgewinn durch die geplanten Alters- und Rückwirkungsregeln wird nicht gesehen.
Wichtig ist auch, stets die Lebensrealitäten in Österreich im Blick zu behalten. Auch wenn gerade die Hauptstadt Wien immer wieder mit Waffenverboten für Schlagzeilen sorgt, leben Menschen in weniger urbanen Gebieten unter ganz anderen Bedingungen. Menschen in entlegenen Regionen brauchen im Ernstfall verlässlichen Selbstschutz. Weil Einsatzwege dort länger sind, hat ein rechtlich abgesicherter privater Schutz für diese Bevölkerungsgruppen besonderes Gewicht.
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