Hattmannsdorfer schießt gegen Teilzeit-Mentalität: „Österreich arbeitet zu wenig“
Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) kritisiert den Trend zur „Lifestyle-Teilzeit“ und fordert mehr Leistung für den Erhalt des Wohlstands. Er warnt vor Altersarmut und plädiert für eine Nachjustierung im Steuersystem – für mehr netto vom brutto bei 40 Stunden Arbeitszeit.
Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer im „heute"-Interview: „Wir brauchen wieder ein Mindset, dass Leistung und Fleiß gewünscht sind".
Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) übt in einem Interview mit der Tageszeitung heute scharfe Kritik an der steigenden Teilzeit-Arbeitsmentalität. Er erklärt, dass immer mehr Menschen in Österreich Teilzeit arbeiten, was nicht nur Risiken für das Pensionssystem, sondern auch für die langfristige Wirtschaftskraft des Landes mit sich bringe. „Wir brauchen in Österreich wieder ein Bekenntnis zur Leistung, zum Fleiß, wenn wir den Wohlstand halten wollen”, stellt der Minister fest.
Besonders der Trend zur sogenannten „Lifestyle-Teilzeit“, also der Entscheidung, ohne zwingende betriebliche oder familiäre Verpflichtungen weniger zu arbeiten, bereitet dem Minister Sorgen. Hattmannsdorfer sieht darin eine Gefahr für die Finanzierbarkeit des Sozialstaates und das Wachstum der Wirtschaft.
Teilzeit kann zu Altersarmut führen
Er betonte, dass Leistung und Fleiß wieder mehr geschätzt werden sollten, um den Wohlstand des Landes langfristig zu sichern. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, wo es oft stärkere Anreize für Mehrarbeit gibt, wie in Schweden, Ungarn oder Polen, sei Österreich in dieser Hinsicht zurückhaltender. Der Minister erklärte, dass der entscheidende Faktor für viele, die sich gegen eine Vollzeitarbeit entscheiden, im Steuersystem liege: Wer von 20 auf 40 Stunden aufstockt, würde im Durchschnitt nur 68 Prozent mehr netto auf dem Konto sehen, was für viele schlichtweg zu wenig Anreiz biete.
Hattmannsdorfer fordert, dass dieses Ungleichgewicht im Steuersystem überprüft werden solle, damit Menschen ermutigt sind, mehr zu arbeiten. Außerdem warnte er vor den langfristigen finanziellen Folgen für diejenigen, die sich für Teilzeit entscheiden. Er nannte als Beispiel eine Person, die in Vollzeit 3.500 Euro brutto verdienen würde und dann 20 Jahre lang nur 20 Stunden arbeitet. Laut Hattmannsdorfer führt dies zu einer Reduktion der Rente um fast 700 Euro monatlich. Diese Auswirkungen sollten stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung gerückt werden, sagte der Minister.
Ausgenommen: Eltern und Personen, die andere pflegen
Gleichzeitig betont der Wirtschaftsminister, dass er nicht von jenen Menschen redet, die sich um Kinder und/oder pflegebedürftige Menschen kümmern. „Der, der aufsteht und arbeiten geht, darf nicht der Dumme sein – genauso wie man nicht der Dumme sein darf, wenn man sich um seine Kinder kümmert oder jemanden pflegt, das müssen wir gleichwertig betrachten und bewerten”, sagt Hattmannsdorfer.
Darüber hinaus äußerte Hattmannsdorfer Besorgnis über den Fachkräftemangel, der in den nächsten Jahren durch den Abgang der Babyboomer-Generation noch verschärft wird. Schon jetzt klagen immer mehr Unternehmen über den Mangel an Arbeitskräften, und in den kommenden Jahren fehlen dem Arbeitsmarkt voraussichtlich 500.000 Arbeitskräfte.
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