Es ist ein Signal, das in Jerusalem Stirnrunzeln auslöst – und bei Außenpolitik-Insidern in Wien Kopfschütteln: Während pro-israelische Staaten wie Argentinien, Ungarn oder Tschechien der umstrittenen UN-Organisation UNRWA längst die Unterstützung verweigern, stimmt Österreich weiterhin dafür – der exxpress berichtete. Als hätte es keine Hamas-Tunnel unter dem UNRWA-Hauptquartier, keine Waffenlager in Schulen und keine infiltrierten Lehrer gegeben.

Auch künftig fließen nun Millionen österreichischer Steuergelder in eine Behörde, die nachweislich enge Verbindungen zu Terrorstrukturen aufweist. Und mittendrin: Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS), die sich einerseits als „Freundin Israels“ inszeniert – und andererseits dort zustimmt, wo der jahrzehntelange anti-israelische UN-Mainstream den Ton angibt.

Für den früheren Abgeordneten Martin Engelberg ist der Kurs zumindest in seiner Zielsetzung eindeutig: „Meinl-Reisinger macht alles, nur um vielleicht für kurze Zeit im UN-Sicherheitsrat sitzen zu dürfen.“ Österreich entferne sich unter Meinl-Reisinger „immer mehr von seiner Nahost-Politik der vergangenen 15 Jahre und reiht sich ein in die jahrzehntelange anti-israelische und anti-westliche UN-Mehrheit.“

Nach Ansicht von Martin Engelberg (ÖVP) treibt Meinl-Reisinger vor allem der Traum von einem Sitz im UN-Sicherheitsrat an – das sei ihre wahre Antriebsfeder.APA/EVA MANHART

Zickzack-Kurs: Was Meinl-Reisinger sagt – und was sie tut

Weil die Außenministerin andererseits aber versichert, Österreichs pro-israelischen Kurs beizubehalten, ist ihre Linie für Beobachter zuweilen verwirrend.

Ende Juni besucht Meinl-Reisinger Israel. Sie spricht von einem „Besuch bei Freunden“, legt Kränze in Yad Vashem nieder, trifft Präsident Herzog, zeigt sich solidarisch mit Geiselfamilien. Der Ton: warm, eindeutig, freundschaftlich. Doch keine zwei Wochen später setzt ein politischer Schwenk ein, der viele ratlos zurücklässt.

Einseitiger Gaza-Brief: Der erste Bruch

Gleich nach ihrer Rückkehr unterschreibt Meinl-Reisinger einen Brief von 29 Außenministern, der Israel einseitig für die Lage in Gaza verantwortlich macht. Die Hamas wird darin nicht einmal erwähnt.

Das neue israelische Hilfsmodell wird als „gefährlich“ und „entmenschlichend“ bezeichnet – obwohl es Hilfsgüter an der Hamas vorbei bringen soll. Die USA lehnen das Papier ab, Deutschland ebenfalls. Dass ausgerechnet Österreich mitzieht, irritiert internationale Partner.

Steve Winston von der National Jewish Assembly UK nennt das Dokument gegenüber dem exxpress „einseitig, gefährlich und irreführend“. Sein Urteil: „Wer Terror nicht mehr klar benennt, verliert jede Glaubwürdigkeit.“

ZiB2-Auftritt: „Freundin Israels“ – mit glasklarem Nein

Anschließend verteidigt Meinl-Reisinger in der ZiB2 den Brief. Sie nennt sich erneut „Freundin Israels“, sagt aber auf die Frage, ob Israel das humanitäre Völkerrecht einhalte, ein glasklares „Nein“ – ohne belastbare Belege, nur mit Verweis auf „EU-Prüfungen“.

Ariel Muzicant, Vizepräsident des Jüdischen Weltkongresses, warnt vor einer gefährlichen Schieflage. Die Ministerin bezeichnet die Kritik als „absurd“. Der Kontrast zu den Bildern aus Jerusalem könnte kaum größer sein.

Haftbefehl gegen Netanjahu: Schweigen, wo Klartext nötig wäre

Als der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen Netanjahu vorbereitet, reagieren viele pro-israelische Staaten entschieden: Milei spricht „Irrweg“, Orbán in Budapest zeigt demonstrative Ablehnung.

Meinl-Reisinger dagegen bleibt auffällig still. In ihrer parlamentarischen Antwort verliert sie kein Wort der Kritik, kein Wort der Solidarität. Ihre Linie klingt so, als könnte Österreich den Haftbefehl im Zweifel umsetzen.

Pro-Israelisch reden, anti-israelisch abstimmen

Während die Ministerin in Wien die „besondere Verantwortung Österreichs“ betont und eine Anti-Antisemitismus-Strategie präsentiert, stimmt Österreich bei der UNO für die Verlängerung des UNRWA-Mandats: trotz Hamas-Infiltration, trotz Waffenfunden in UNRWA-Schulen,  trotz Kommandozentrale unter dem Hauptquartier. Andere pro-israelische Staaten bremsen mittlerweile – Österreich nicht. Und die Geldflüsse laufen weiter.

Der rote Faden: zwei Sprachen, zwei Linien. In Israel: große Worte, warme Bilder. In Wien: einseitige Briefe, glasklares Nein, Schweigen zum Haftbefehl. In New York: Abstimmungen im Sinne der anti-israelischen Mehrheit. Im Hintergrund: anscheinend der Wunsch nach einem Sitz im UN-Sicherheitsrat.

Außenministerium verteidigt Kurs

Auf Nachfrage des exxpress erklärt das Außenministerium, man habe „mit der überwiegenden Mehrheit der EU-Staaten“ gestimmt. UNRWA erfülle weiterhin eine „zentrale Rolle“ bei der humanitären Versorgung; man erwarte jedoch „absolute Transparenz“ und ein verstärktes Sicherheitsscreening.