Es sind deutliche Worte, die Michael Galibov, Vizepräsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), in der Zeitschrift Jachad findet – allerdings in seinem eigenen Namen, nicht im Namen der IKG. Er sieht Europa gleich doppelt bedroht: von außen durch Islamisten, von innen durch Woke-Ideologen. „2015 beging Europa einen historischen Fehler: Die Tore der Toleranz wurden zu weit geöffnet – und damit das Trojanische Pferd nach Europa gelassen.“

Galibov, zugleich Vizeobmann von Jachad (ehemals Verein Bucharischer Juden in Wien) warnt vor einem Wendepunkt: „Europa hat seine christlich-jüdischen Wurzeln vergessen – und bezahlt nun den Preis.“ Europa werde, so Galibov, von außen wie von innen bedroht. Radikale Kräfte drängen ungehindert ein, während extreme Linke und die Woke-Ideologie die Gesellschaft im Inneren schwächten. „Als Vizepräsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien sehe ich tagtäglich, wie diese gefährliche Allianz das bedroht, wofür Generationen gekämpft haben: Sicherheit, Identität, Tradition, Kultur, jüdisches Leben in Europa – und unsere Familienwerte.“

Überforderte Systeme und wachsender Antisemitismus

Die Folgen dieser Politik seien längst sichtbar, sagt Galibov. „Die christlich-jüdisch geprägte Kultur Europas, gewachsen über Jahrhunderte, fällt auseinander.“ Seit 2015 seien Behörden, Schulen und Krankenhäuser überfordert, die Integration scheitere, Spannungen nähmen zu und der Antisemitismus wachse. „Überfüllte Unterkünfte, scheiternde Integrationsprogramme, kulturelle Konflikte – die Werte der westlichen Welt werden mit Füßen getreten. Gleichzeitig fühlen sich immer mehr Einheimische in ganzen Stadtvierteln fremd im eigenen Land.“

Als Beispiel nennt er Wien-Favoriten – aber auch andere Bezirke zeigten ähnliche Entwicklungen. Der zunehmende Islamismus vor der eigenen Haustüre sei eine akute Gefahr. „Frankreich und London sind warnende Beispiele – Städte, in denen die Politik vor dem Druck extremistischer Kräfte bereits kapituliert hat. Europa darf diesen Fehler nicht wiederholen.“

Statt Israel zu belehren, solle sich Europa endlich den eigenen Herausforderungen stellen.

Schwache Strafen, wachsende Gefahr

Auch das europäische Rechtssystem sei Teil des Problems, betont Galibov. „In Europa sind Strafen schwach, Gesetze wirkungslos – und so wachsen Kriminalität und Judenhass weiter. Wer alles wie Europa hinnimmt, verliert am Ende seine eigene Identität und seine christlich-jüdischen Wurzeln – und wir unser jüdisches Leben.“

Michael Galibov zu Besuch bei exxpressTV vor zwei Jahren.EXXPRESS/EXXPRESS

Als positives Beispiel verweist er auf die Vereinigten Arabischen Emirate, wo klare Gesetze und harte Strafen für Stabilität sorgten. Dort gebe es weder hohe Kriminalität noch Antisemitismus. Galibov erinnert an die Worte des Außenministers der Emirate, Scheich Abdullah bin Zayid, der bereits 2017 Europa gewarnt hatte: „Es wird der Tag kommen, an dem weit mehr radikale Extremisten und Terroristen aus Europa hervorgehen werden – aufgrund mangelnder Entscheidungsfähigkeit, des Versuchs, politisch korrekt zu sein, oder der Annahme, sie wüssten besser über den Nahen Osten Bescheid. Das ist reine Ignoranz.“

Im vergangenen Jahr hatte Galibov im Interview mit der Bukharian Times Österreich ausdrücklich gelobt: „Österreich ist anders als der Rest Europas. Wir fühlen uns hier sehr sicher“, erklärte er damals. Wenn es Demonstrationen gegeben habe, „wurden sie nach zwei Stunden beendet – hier weiß man, dass es Grenzen gibt.“

Scharfe Kritik an linken Kräften

Besonders scharf geht der IKG-Vize mit der extremen Linken ins Gericht. Sie habe, so Galibov, eine gefährliche Rolle übernommen: „Es ist höchste Zeit, die Wahrheit auszusprechen – klar und ohne Ausreden. Die Gefahr von extrem rechten Ecken besteht nach wie vor, noch gefährlicher ist jedoch die extreme Linke, die Woke-Ideologie und ein naiver Liberalismus. Unter dem Deckmantel von Gerechtigkeit propagieren sie ein Weltbild, das Kultur, Tradition, Familie und Religion verachtet.“

Diese Haltung führe dazu, dass Europa doppelt geschwächt werde – durch radikale Kräfte von außen und Selbstzerstörung im Inneren. „Wer Freiheit und Menschenrechte missbraucht, unterstützt in Wahrheit die Feinde dieser Werte – und macht sich zum Komplizen von Terroristen.“

Neuer Antisemitismus von links

Auch beim Thema Antisemitismus spart Galibov nicht mit Kritik an der neuen Linken. „Judenhass ist heute keine Randerscheinung mehr. Er zeigt sich auf offener Straße, an Flughäfen, in Restaurants, Hotels und Universitäten. Linke Demonstranten auf der ganzen Welt verwüsten Straßen, besetzen Hörsäle, verbreiten Hassparolen gegen Israel und merken nicht, dass sie längst zum Sprachrohr der Hamas geworden sind.“

Besonders problematisch sei, dass linke Medien anti-israelische Narrative ungeprüft übernähmen: „Linke Politik und mit ihr sympathisierende Medien übernehmen jede Behauptung – etwa die einer Hungersnot – ungeprüft, solange sie gegen Israel gerichtet ist.“

Galibov stellt klar: In jedem Krieg sei Hunger eine reale Gefahr – doch die Hamas benutze die eigene Bevölkerung als Schutzschild. „Sie verkauft gestohlene Lebensmittel zu überhöhten Preisen, um damit weiteren Terror zu finanzieren. Doch in Kriegen wird zuerst die Wahrheit geopfert.“ Israel dagegen erfülle seine Verantwortung, so Galibov: „Israel führt Krieg gegen die Terrororganisation Hamas und versorgt gleichzeitig die Zivilbevölkerung im Gazastreifen mit Nahrung, Wasser und Strom, um ihr Überleben zu sichern. Kein anderes Land der Welt kämpft gegen Terror und sorgt zugleich für das Wohlergehen der Zivilisten auf der Gegenseite.“

Europa solle sich weniger in moralischer Überheblichkeit üben, sondern angesichts der wachsenden Gefahr des Islamismus den Blick besser auf die eigenen Probleme richten.