Indien, Bangladesch, Kenia, Westbalkan: Das „Fachkräfte“-Märchen der Ampel-Regierung
Auf der ganzen Welt sucht die deutsche Ampel-Regierung händeringend nach „Fachkräften“: Aus Kenia sollen Busfahrer kommen, aus Bangladesch junge Männer für das Gastgewerbe. Zusätzlich erhalten jährlich bis zu 50.000 Personen über die sogenannte Westbalkanregelung einen Aufenthaltstitel. Berufliche Qualifikationen müssen sie dafür nicht vorlegen. Doch in der Fachkräfte-Debatte bleibt meist unerwähnt: Den Migranten aus dem Ausland stehen zehntausende Bürgergeld-Empfänger in Deutschland gegenüber, die ebenfalls die offenen Stellen besetzen könnten.
Auch am vergangenen Wochenende ging es Hubertus Heil (SPD) vor allem um eines: „Wir brauchen diese Fachkräfte“, beteuerte der Minister für Arbeit und Soziales, während er bei hitzigen 30 Grad im indischen Neu-Delhi vor die Kameras trat. „Sie sind weltweit im IT-Bereich, im Gesundheitswesen sehr, sehr gefragt.“ Schon seit geraumer Zeit konzentriert sich die Bundesregierung darauf, gezielt Migranten aus dem Ausland anzuwerben. So richtig funktionieren will dies bekanntlich nicht, denn der Fachkräftemangel hat sich seit dem Ampel-Antritt im September 2021 weiter verstetigt – unter anderem, weil auch immer mehr deutsche Fachkräfte aus dem Land flüchten.
Auch aus Bangladesch sollen junge Männer kommen
Bereits am 16. Oktober hatte die Ampel die neu aufgelegte „Fachkräftestrategie Indien“ vorgestellt und darin erklärt: „Der Zuzug indischer Fachkräfte ist schon jetzt eine Erfolgsgeschichte für unser Land und diese schreiben wir mit über 30 Maßnahmen im Rahmen der Fachkräftestrategie fort.“ Ein Blick in offizielle Dokumente der Bundesregierung wirft jedoch die Frage auf, wie hilfreich derartige Programme tatsächlich sind. Denn ebenfalls am 16. Oktober tagte auch der Ausschuss für Tourismus im Deutschen Bundestag. Hier stellte die Bundesregierung ihren „Bericht zur Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes und des Chancenaufenthaltsgesetzes in der Tourismusbranche“ vor.
Stolz berichtete das Arbeitsministerium den Ausschussteilnehmern über eine Initiative zur „Gewinnung von Auszubildenden aus Bangladesch“. Verantwortlich hierfür ist der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) in Thüringen. Demnach sollen „junge Männer“ für eine Ausbildung im Gastgewerbe rekrutiert werden – „inklusive umfassender Betreuung der Auszubildenden bei Einreise, Integration und alltäglichen Herausforderungen“. Die Bundesregierung will für die Initiative „EU-Mittel zur Förderung legaler Migration“ nutzbar machen. Erfahrungen aus diesem Musterverfahren sollen dann bei anderen „Projekten zur Fachkräfteeinwanderung“ helfen, heißt es im Papier.
Doch der eigene Bericht der Bundesregierung macht deutlich, dass die Zahl der Bürgergeld-Empfänger in dieser Branche die Zahl der offenen Stellen im Gastgewerbe bei weitem übersteigt. Die notwendigen Arbeitskräfte sind also schon in Deutschland.
Es bräuchte keine Fachkräfte, um die Arbeitsplätze zu besetzen: „Im August waren in Deutschland rund 34.000 Personen mit einem Zielberuf (ab Fachkraftniveau) im Bereich Speisenherstellung, Tourismus, Gastronomie und Hotellerie arbeitslos“, berichtete die Ampel-Regierung. „Dagegen standen für die gleichen Berufszweige rund 16.000 offene, bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldete Stellen.“ Noch gravierender sind die Verhältnisse im Bereich der ungelernten Helfer, wo auf 35.000 offene Stellen etwa 217.000 Arbeitslose kommen.
Die offiziellen Zahlen widerlegen das Fachkräftemärchen der Ampel
Einzelne Abgeordnete hakten im Tourismus-Ausschuss nach. Wie passen diese Zahlen zusammen, wollten sie wissen. Was mache die Bundesregierung, um die Arbeitslosen dazu zu bringen, sich für die offenen Stellen zu bewerben?
Rede und Antwort stand Gunilla Fincke, ihres Zeichens „Abteilungsleiterin Qualifizierung, Aus- und Weiterbildung“ im Arbeitsministerium. Der deutsche Arbeitsmarkt sei sehr stark regional orientiert, erklärte sie vor Ort den anwesenden Abgeordneten. Insbesondere Personen, die einmal eine Tätigkeit in diesem Berufsfeld angefangen hätten, würden eine „geringe regionale Mobilitätsbereitschaft“ vorweisen. Und so werden für die Gastro und den Tourismus zunehmend Menschen aus dem Ausland angeworben, die im Grunde auch keine fachbezogenen Qualifikationen vorweisen müssen. Im Rahmen des Chancenaufenthaltsgesetzes winkt ihnen nach 5 Jahren auch die Einbürgerung.
„Die offiziellen Zahlen zur Tourismusbranche lassen das Fachkräftemärchen der Ampel platzen“, meint der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, Sebastian Münzenmaier, der für seine Partei im Tourismus-Ausschuss sitzt. „Wir hätten genügend Arbeits- und Fachkräfte. Doch anstatt diese in Lohn und Brot zu bringen, trommelt die Ampel weiter für den Zuzug unqualifizierter Ausländer nach Deutschland. Die heimischen Probleme lösen sich jedenfalls nicht dadurch, dass die Ampelminister um den Globus reisen, um Erste-Klasse-Tickets nach Deutschland zu verteilen.“
Fachkräftestrategie der Bundesregierung: „Sie brauchen keine Qualifikation“
Um den „Fachkräftemangel“ zu bekämpfen, wirbt die Bundesregierung seit Jahren auch aus dem Westbalkan Migrationswillige an. Am 1. Januar 2021 trat hierzu die sogenannte Westbalkanregelung in Kraft. Die Regelung sieht vor, dass Staatsangehörige aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zu jeder Beschäftigung in Deutschland erhalten können. Für die Einreise nach Deutschland benötigen sie lediglich ein verbindliches Arbeitsplatzangebot eines Arbeitgebers und ein nationales Visum.
Ein großer Teil dieser Personen sucht sich einen Job im Gastgewerbe, gab auch das Arbeitsministerium im Ausschuss bekannt. Rund 15 Prozent der Anträge gehen auf diese Branche zurück. Dabei ist es völlig unerheblich, ob die Bewerber überhaupt eine Berufsausbildung haben. „Dies gilt weiterhin für jede Art von Beschäftigung – unabhängig von einer anerkannten Qualifikation“, schreibt die Bundesregierung.
Seit 2021 stimmte die Bundesagentur für Arbeit 186.534 Anträgen zu, wie ein Pressesprecher auf Anfrage von NIUS mitteilt.
- 2021: 24.851 Zustimmungen
- 2022: 43.893 Zustimmungen
- 2023: 59.503 Zustimmungen
- 2024: 58.287 Zustimmungen (Januar bis September)
So erhielten zehntausende Personen einen Aufenthaltstitel in Deutschland. Die Bundesagentur weist jedoch darauf hin, dass „die Zahlen nicht nur Erst-Zustimmungen, sondern auch Verlängerungen sowie Umschreibungen des Aufenthaltstitels bei einem Arbeitgeberwechsel umfassen“ würden. Es können also auch Personen doppelt in der Statistik vorkommen.
Bis zu 50.000 Personen über Westbalkanregelung
Gleichzeitig wurde die Westbalkanregelung mittlerweile entfristet. „Mit der Entfristung wurde dem Vorschlag des Tourismus-Ausschusses vom 25. Oktober 2022 entsprochen“, heißt es im „Bericht zur Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes“. „Mit der Weiterentwicklung der Regelung zur Fachkräfteeinwanderung wurde außerdem das Kontingent der Westbalkanregelung von bisher 25.000 auf 50.000 pro Jahr erhöht. Die Regelung ermöglicht einen Arbeitsmarktzugang unabhängig von der Qualifikation.“
Auch in anderen Bereichen setzt die Bundesregierung auf eine verstärkte Einwanderung. Vor wenigen Monaten machten Busfahrer aus Kenia Schlagzeilen, die nun nach Deutschland kommen sollen. Am 13. September 2024 unterzeichneten Kenias Außenminister Musalia Mudavadi und die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) in Berlin ein bilaterales Migrationsabkommen zwischen den beiden Staaten. Die ersten Kenianer haben bereits in Flensburg ihre Tätigkeit im Nahverkehr aufgenommen.
Doch auch hier geht die Erzählung der Bundesregierung nicht auf. Es werden zum Teil ungelernte „Busfahrer“ aus Kenia nach Deutschland gelockt, obwohl viele offene Stellen mit hiesigen Arbeitslosen besetzt werden könnten. Im Juli 2024 gab es laut der Bundesagentur für Arbeit 122.179 arbeitslose Personen, die im Bereich „Fahrzeugführung im Straßenverkehr“ registriert sind.
Dieser Beitrag ist ursprünglich auf unserem Partner-Portal NIUS erschienen.
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