Die schier unendliche Geschichte begann vor 20 Jahren mit einem Mietvertrag, den vier Männer mit der M+M Immo GmbH von Siegfried Meinhart vereinbarten. In dessen Gewerbeimmobilie an der Leondinger Welserstraße wollten die Vier auf zwei Geschoßen ein privates Klublokal einrichten. Dass dort kurz darauf der „Islamische Versammlungs- und Bildungsverein“ angemeldet wurde, erfuhr der Vermieter erst durch Zufall. Ab diesem Zeitpunkt sei es, so Meinhart zum exxpress  immer wieder zu Streitereien mit anderen Mietern gekommen. Es ging um Parkplätze. Kunden der hier ebenfalls eingemieteten Firmen konnten nicht mehr parken, weil alle Plätze von Vereinsmitgliedern beansprucht wurden.

"Die Ungläubigen haben hier nichts zu sagen": Am knappen Parkplatz entzündete sich der Streit um die Leondinger Moschee.ZVG/Maurer

„Kuffar haben nichts zu sagen"

„Die Kuffar (Ungläubigen, Anm.) haben mir und meinen Brüdern nichts zu sagen, wir haben hier das Recht“, protokollierte im März 2023 eine Sicherheitsfirma, die ein inzwischen ausgezogener Versicherungsmakler als Parkplatzhüter engagiert hatte, die Auseinandersetzung mit einem Vereinsmitglied. Ein anderer Ex-Mieter berichtete, dass nach einem Streit wegen einer zugeparkten Ausfahrt „der neue VW-Bus vor der Einfahrt über Nacht um 20.000 Euro weniger wert war“. Dass die zerstochenen Reifen, die eingeschlagenen Scheiben und der zerkratzte Lack mit dem Streit in Zusammenhang standen, konnte der Firmenchef nicht beweisen. Es zog es ebenfalls vor, auszuziehen. So wie der Wellnessoasen-Profi „Delfin“, der schon 2010 laut Geschäftsführer Harald Kogler „nicht nur, aber auch wegen der Moschee im Haus“ den Standort gewechselt hat.

Gericht sah kein Problem

Das wirtschaftliche Fiasko aufgrund entgangener Einnahmen für wegen des Moscheebetriebes nicht mehr vermietbare Räumlichkeiten verschärfte sich durch eine juristische Niederlage. Jahrelang versuchte Meinhart vergeblich, den unliebsamen Mieter mit der Begründung loszuwerden, dass die Errichtung einer Moschee in seinem Haus nicht ausgemacht gewesen sei. Das Bezirksgericht Traun wies eine Räumungsklage im vergangenen Jänner ab. Unter anderem mit dieser bemerkenswerten Begründung: „Weshalb der vertragswidrige Betrieb einer Koranschule bzw. eines Betsaales diesen Kündigungsgrund (nach § 30 Mietrechtsgesetz, Anm.) erfüllen soll, ist nicht nachvollziehbar.” Die Verfahrenskosten von 40.000 Euro gingen zu Lasten des abgewiesenen Klägers.

Staatspolizeilicher Persilschein

Ebenfalls kein Problem mit dem Verein sah der Leondinger Gemeinderat, wo der Fall im Mai 2023 kurz aufgeschlagen war. Eine ÖVP-Anfrage an Bürgermeiserin Sabine-Jelinek (SPÖ) ließ diese laut Sitzungsprotokoll von Bauamtsleiter Thomas Dirngrabner beantworten. Dieser berichtete von Informationen des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT), wonach an der Welserstraße gar keine Moschee betrieben werde: Dirngrabner: „Die (Verfassungsschützer, Anm.) haben das sozusagen beobachtet und es (den Verein, Anm.) aber als unproblematisch eingestuft.”

Der staatspolizeiliche Persilschein verwundert. Denn bei wirklich genauem Beobachten wäre nämlich zu diesem Zeitpunkt zu erkennen gewesen, dass sich der Verein mit dem harmlos klingenden Namen selbst als Teil eines islamistischen Netzwerkes auswies. Der offizielle Vereinsname stand jedenfalls nicht am Eingang zum Vereinslokal. An der Innenseite der Außenverglasung klebte aber ein scheibenförmiges Logo mit etwa einem Meter Durchmesser und der türkischen Aufschrift: „Ismailaga Avrupa – Oberösterreich Subesi (zu deutsch: Ismailaga Europa – Zweigstelle Oberösterreich). Dazu noch die Information „Darul Kur’an Medresisi“ (= Koranschule). Diese auch von außen durch die Glaswand spiegelschriftlich lesbare Aufschrift wurde unmittelbar entfernt, nachdem sie in einer Verhandlung vor dem Trauner Gericht thematisiert worden war. Obwohl Fotos davon existieren, bestreitet ein darauf angesprochenes Vereinsmitglied, dass es hier jemals eine solche Aufschrift gegeben habe.

Ismailaga-Logo beim Eingang der Leondinger Noch-Moschee, daneben eines der unvermietbar gewordenen Geschäftslokale.ZVG/Maurer

Ein Blick ins Vereinslokal bestätigt aber nicht nur die Existenz einer Moschee – erkennbar an Minbar (Kanzel), Fußwaschbecken und nach Mekka ausgerichtetem Teppichboden -, sondern auch deren enge Verbindungen zur türkischen Ismailaga-Sekte. In einem Regal liegt ein Stapel mit Broschüren über die  Ismailaga-Zentrale im Istanbuler Stadtteil Fatih Carsamba. Eine Tischplatte ist als Landkarte gestaltet, die offenbar die Ausdehnung der Sekte in Europa darstellt. Erwähnt werden unter anderen auch Ismailaga-Filialen in Wien (Viyana) und Innsbruck.

Ein Tischplatte in der Noch-Moschee zeigt die Ausdehnung der Ismailaga-Sekte auf ganz Europa.ZVG/privat

In den Bücherregalen stehen zahlreiche Werke des vor drei Jahren verstorbenen Ismailaga-Gründers Mahmoud Ustaosmanoglu, darunter sein mehrbändiges Epos „Sohbetler”, das eine exklusivistische Lehre des sunnitisch-hanafitischen Islams vermittelt. Frauen haben sich zu verschleiern. Bei Ustaosmanoglus Begräbnis waren sie auf ausdrücklichen Wunsch des Verstorbenen unerwünscht. Mahmoud Efendi, wie ihn seine Anhänger nannten, lehnte säkulare Bildung ab und legte insbesondere Mädchen nahe, Koranschulen anstatt Gymnasien zu besuchen. Worum es bildungsmäßig geht, ist auf der Homepage der Ismailaga-Zentrale nachzulesen: „Lasst uns an den Wissenschaften der Scharia festhalten. … Möge Allah uns vor nutzlosem Wissen schützen.” Diese Webseite lässt zudem tief in die antisemitische Denke dieser Muslimbruderschaft blicken. In einer Artikelserie werden „die hässlichen Eigenschaften der Juden“ aufgelistet. Die Juden seien ein „verdorbenes Volk. das auf der Erde Unheil stiftet”, heißt es dort. Oder: „Sie zögern nicht, die gesamte Menschheit ins Unglück zu stürzen, um ihre eigenen Interessen und Vorteile zu wahren:”

Geld aus Brüssel

Auch in Brüssel schaute man offenbar nicht genau hin. Nur so ist zu erklären, warum die Ismailaga-Jugendstiftung Yavuz Sultan Selim 2022 aus dem Erasmus+-Fördertopf 31.455 Euro für Workshops gegen die in der Türkei nicht gerade verbreitete Diskriminierung von Muslimen ergattern konnte. Erst als im EU-Parlament Kritik daran laut wurde, forderte die EU-Kommission das Geld vor zwei Jahren zurück. Bis heute kann oder will die EU-Behörde aber nicht sagen, ob die 31.455 Euro auch tatsächlich zurückgezahlt wurden. Auf mehrfache Nachfrage heißt es immer wieder nur, das Geld sei zurückgefordert worden.

Keine Auskunft

Wenig auskunftsfreudig ist auch das hiesige Innenministerium. Ob der Verfassungsschutz inzwischen mehr über die Österreich-Connection dieser Sekte weiß, lässt sich nicht eruieren. Auf ebenfalls mehrfache Nachfrage zu  Ismailaga-Aktivitäten in Österreich beharrt das Innenministerium darauf „dass zu Organisationen oder Gruppierungen und deren Aktivitäten grundsätzlich keine konkreten Auskünfte erteilt” würden. Auch im Verfassungsschutzbericht liest man – anders als in seinem deutschen Pendant – nichts darüber. In Deutschland ist die Ismailaga-Sekte als verfassungsfeindliche und extremistische Gruppierung  eingestuft, was die österreichischen Behörden insofern interessieren muss, als im heurigen Ramadan auch Prediger aus Deutschland in Leonding gesichtet wurden.

Feuerpolizeiliche Beschau in der Leondinger Moschee unter Polizeischutz.ZVG/privat

Letztlich sind es aber ohnehin nicht diese fragwürdigen Verbindungen, die dieser Moschee den Garaus machen sollen. Nach einer im April – unter Polizeischutz – durchgeführten feuerpolizeilichen Beschau mit Beteiligung des Bauamtes wurde inzwischen amtlich festgestellt, was längst offensichtlich war. Die städtische Baubehörde erkannte, „dass eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde”.

Allerdings musste zunächst der Vermieter einmal mehr in die Tasche greifen. Denn formal ist er der Übeltäter und hat für die Wiederherstellung des rechtskonformen Zustandes zu sorgen. Um dies gegenüber dem Mieter durchsetzen zu können, musste Meinhart einen Architekten engagieren und mit einem neuen Plan absurderweise um eine nachträgliche Genehmigung der mit ihm nicht abgesprochen gewesenen und von ihm auch gar nicht gewollten Moscheebaumaßnahmen ersuchen. Dies tat er in der Hoffnung auf einen abschlägigen Bescheid. Der liegt seit Mitte Juli vor: Mit der Begründung, dass das gegenständliche Grundstück in der Flächenwidmung als „auf betriebliche Nutzung eingeschränktes Mischbaugebiet” ausgewiesen ist, wird das eingereichte Projekt abgewiesen. Wörtlich heißt es im Bescheid des städtischen Bauamtes: „Versammlungsstätten bzw. Kirchen sowie das gegenständliche Gebetshaus können nicht unter Betrieb subsumiert werden, und sind somit in dieser Widmung ausgeschlossen.”

Tauziehen

Damit glaubte M+M Immo-Chef Meinhart endlich einen Rechtstitel in der Hand zu haben, der die rechtswidrige Nutzung seines Objektes durch den Mieter belegt und eine sofortige Kündigung ermöglichen würde. Doch ganz so einfach ist das offenbar nicht. Der Verein, dessen Obmann Yilmaz Gürsel sich Journalistenfragen verweigert, macht keine Anstalten, von sich aus das Feld zu räumen. Die Freitagsgebete finden ungeachtet des behördlichen Bescheides weiter statt.

Meinharts bisheriger Anwalt meint, dass eine bereits einmal abgewiesene Räumungsklage ohne Änderung des Sachverhaltes nicht einfach erneut eingebracht werden könne. Da das Bezirksgericht schon vor dem nunmehrigen Einlangen der amtlichen Bestätigung die vertragswidrige Verwendung des Mietobjektes nicht als Kündigungsgrund werten hatte wollen, muss eine erneute Räumungsklage neu begründet werden. Mit einem neuen Anwalt will Meinhart, dessen Zweifel am Rechtsstaat ebenso wie die Kosten zunehmen, nun die unendliche Geschichte doch noch zu einem Abschluss bringen.

„Das ist keine Moschee"

Wie mühsam dieser Weg noch sein dürfte, zeigte sich bei einem exxpress-Besuch in der Moschee, wo auch heute wie jede Woche das Freitagsgebet stattfand. Mehrere danach aus dem Gebäude kommende Besucher bejahen die Frage, ob dies hier die Ismailaga-Moschee sei. Im Gebäude reagiert ein Mann, der sich als Kassier ausgibt, aber seinen Namen nicht nennt, auf die Frage, wann die Moschee aufgrund des bauamtlichen Bescheides geschlossen werde, so: „Das ist keine Moschee, sondern ein Verein.” Obwohl gerade das Freitagsgebet stattgefunden hat, bestreitet er sogar, dass hier ein Gebetsraum sei. Ungeachtet der von der Behörde gesehenen baulichen Merkmale einer Moschee bzw. eines Gebetshauses, wie Minbar und Fußwaschungsanlage, beharrt der laut Vereinsregisterauszug Oguz Kus heißende Kassier darauf, dass hier nur ein Versammlungsverein sein Lokal habe. Von dem baubehördlichen Bescheid, der an dieser Adresse nicht nur religiöse Gebetsräume, sondern jede Art von Versammlungsstätte für widmungswidrig erklärt, will der Kassier nicht kennen. Er behauptet, dass es in Österreich nur eine einzige richtige Moschee gebe, nämlich das von Saudi-Arabien finanzierte Islamische Zentrum Wien (IZW).

„Sie sind islamophob..."

Auch eine Koranschule gebe es hier nicht. Dass am Eingang bis vor Kurzem der türkische Begriff für Koranschule stand, sei nur „symbolisch gemeint” gewesen. Ebenso leugnet der Vereinsvertreter Verbindungen zur Ismailaga-Sekte. Davon, dass an der Tür bis vor einem Jahr auf Türkisch „Ismailaga Europa – Zweigstelle Oberösterreich” stand, will er nichts wissen, obwohl der Kassier laut Vereinsregister seit April 2022 in dieser Funktion ist.
Aus den Fragen des exxpress zieht er einen Schluss, den kritische Journalisten oft zu hören bekommen: „Sie sind islamophob, sie sind feindlich!”