Kameraüberwachung? ÖAMTC sieht jetzt diese Gefahr
Mit der neuen StVO-Novelle könnten schon bald Kameras jede Ein- und Durchfahrt in Österreichs Städten überwachen – von Fahrverboten über Busspuren bis zu Fußgängerzonen. Der ÖAMTC warnt vor einem regelrechten Fleckerlteppich an Geboten und Strafen.
Der ÖAMTC warnt: Die neue StVO-Novelle könnte zu einem Flickenteppich aus Kamera-Regeln und Strafen führen.GETTYIMAGES/Jackyenjoyphotography
Wie MeinBezirk berichtet, sollen Gemeinden durch die 36. StVO-Novelle weitreichende Befugnisse für Kamera-Kontrollen erhalten – was beim ÖAMTC massive Kritik und Alarmrufe auslöst.
Kamera-Überwachung für Fahrverbote, Busspuren & Co.
Die Bundesregierung plant mit der 36. Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) eine deutliche Ausweitung der Kontrollmöglichkeiten für Gemeinden. Der Entwurf sieht vor, dass künftig Innenstadtfahrverbote, aber auch Geh- und Radwege, Busspuren sowie Fußgängerzonen mittels Kameras überwacht werden können.
Was ursprünglich als reines Kontrollinstrument für Innenstadtfahrverbote gedacht war, hat sich nun zu einem umfassenden Überwachungspaket entwickelt. ÖAMTC-Jurist Matthias Wolf kritisiert diese Entwicklung deutlich. Er erinnert daran, dass die Pläne deutlich bescheidener begannen: „Nun soll ein Rahmen geschaffen werden, mit dem Gemeinden Fahrverbote, aber auch Geh- und Radwege, Busspuren und Fußgängerzonen mit Kameras überwachen können“, erklärte er.
Die Entscheidung über Ausnahmen, also wer trotz Sperre einfahren darf, sollen künftig Bezirkshauptmannschaften oder Magistrate treffen.
„Kennzeichen-Erfassung für alle“ – und automatische Strafen
Besonders heikel: Laut dem aktuellen Entwurf würden die Kameras sämtliche Kennzeichen erfassen. Jedes Fahrzeug, das nicht auf der Ausnahmeliste steht, müsste automatisch mit einer Strafe rechnen.
Der ÖAMTC betont zwar, dass er Überwachungssysteme nicht grundsätzlich ablehnt, kritisiert jedoch die fehlenden Standards. Wolf erklärte: „Das heißt, dass wir am Ende des Tages von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedliche Regelungen haben werden.“ Mit anderen Worten: Was in einer Stadt erlaubt ist, kann in der nächsten schon eine teure Übertretung bedeuten.
Warnung vor einem Fleckerlteppich
Der Mobilitätsclub verweist darauf, dass schon jetzt unterschiedliche lokale Modelle für Verwirrung sorgen – von höheren Parkgebühren für bestimmte Fahrzeugarten bis zu regionalen Einfahrverboten.
Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung, warnt davor, dass sich diese Problematik mit der Novelle massiv verschärfen könnte: „Im Grunde sind unterschiedliche Regel-Konzepte vorstellbar, aber wenn alles gleichzeitig kommt, ist Chaos vorprogrammiert.“ Hinzu komme, dass Gemeinden künftig leicht neue Fahrverbote einführen könnten – auch aus Gründen, die laut ÖAMTC „verkehrsfremde Motive“ beinhalten könnten. Das könnten politische Botschaften oder sogar Konkurrenzsituationen zwischen Gemeinden sein.
Wiesinger warnt zudem vor einer sozialen Schieflage: Strengere Zufahrtsregeln könnten Bewohner zentraler Stadtviertel bevorzugen. „Als Mobilitätsclub wollen wir keine solche Zwei-Klassen-Mobilität“, sagte er.
Blick nach Italien: Millionenstrafen und Touristenfallen
Um die möglichen Auswirkungen zu verdeutlichen, verweist der ÖAMTC auf Italien. Dort haben Städte seit Jahren die Möglichkeit, sogenannte ZTL-Zonen (zona traffico limitato) einzurichten. Dabei handelt es sich um verkehrsberuhigte Bereiche, die per Kamera überwacht werden.
Laut Michele Germeno, Vertrauensanwalt des ÖAMTC, gibt es mittlerweile rund 370 solcher Zonen in mehr als 130 Städten. Die Umsetzung sorgt jedoch für Probleme: Es gibt uneinheitliche Beschilderungen, schwer erkennbare Verbote und automatische Strafen, von denen besonders Touristen betroffen sind. Germeno erklärte dazu: „Das durch die Ahndung lukrierte Geld bleibt in der Gemeinde.“ Die Summen sind beträchtlich: So nahm Mailand im Jahr 2024 rund 204 Millionen Euro an ZTL-Strafen ein. Bellagio am Comer See, das nur etwa 3.500 Einwohner zählt, kassierte rund 966.000 Euro.
Laut ÖAMTC zahlen jedes Jahr zwischen 7.000 und 8.000 Österreicher entsprechende Strafbeträge, die meist zwischen 83 und 332 Euro liegen.
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