Während in Brüssel über Katzen-Chips oder Veggie-Burger diskutiert wird, fragen sich viele Bürger, ob die EU keine drängenderen Probleme hat. Die Krone hat sich im EU-Parlament umgehört und nachgefragt, warum solche Initiativen überhaupt auf den Tisch kommen und wer versucht, sie wieder einzufangen.

Von Katzen-Chips bis Veggie-Burgern

Die Regulierungsinitiativen der EU sorgen immer wieder für Stirnrunzeln. Zuletzt sorgten Pläne für eine verpflichtende Chip-Pflicht für Hauskatzen für Schlagzeilen. Das Ziel besteht darin, den illegalen Tierhandel einzudämmen, doch bei vielen Bürgern entsteht der Eindruck, dass sich Brüssel mit Nebensächlichkeiten beschäftigt.

Es ist nicht das erste Mal, dass solche Vorhaben für Unmut sorgen. Auch die Debatten über ein mögliches Verbot von Veggie-Burgern, altersbasierte Gesundheitstests oder generelle Fahrverbote für ältere Menschen ließen zuletzt Zweifel an der Prioritätensetzung der EU aufkommen. Der Vorwurf lautet: Regulierungswahn statt Hausverstand.

720 Abgeordnete, zu viele Ideen

Der österreichische ÖVP-Europaabgeordnete Lukas Mandl sieht das Problem weniger im System als in der schieren Masse an Initiativen. „Es ist wirklich eine wichtige Fragestellung, wie wir Unsinn auf europäischer Ebene bremsen“, sagt er im Gespräch mit der Krone.

Mandl erklärt, wie solche Vorschläge entstehen: „Es gibt 720 Europaabgeordnete. Das entspricht ungefähr der Größenordnung des US-Kongresses von der Einwohnerzahl her. Und alle diese 720 Mandatare bringen unterschiedlichste Ideen im Parlament ein.“ Darunter seien gute, schlechte – und eben auch absurde Ideen. „Alles, was es in Europa gibt, ist auch im Europäischen Parlament vertreten.“

Mit einem Augenzwinkern ergänzt er, das Motto laute offenbar: Bei 720 Abgeordneten müsse man sich schon etwas einfallen lassen, um aufzufallen.

Anlassgesetzgebung und politisches Bremsen

Oft handle es sich um sogenannte Anlassgesetzgebung. Mandl nennt das Beispiel der diskutierten Führerscheinprüfungen für ältere Autofahrer. Diese Initiative sei von einer französischen Abgeordneten ausgegangen. Nach schweren Verkehrsunfällen sollten Fahrüberprüfungen für ältere Menschen eingeführt werden. „Das muss man dann im parlamentarischen Verhandlungsweg bremsen, und wir haben es gebremst.“

Ein entscheidender Unterschied zu nationalen Parlamenten ist: In Brüssel kann jeder einzelne Abgeordnete Initiativen einbringen – ganz ohne Mitstreiter. In Österreich sind dafür mindestens fünf Abgeordnete nötig. Entsprechend vielfältig sind die Ideen. Mandl erinnert etwa an den Vorschlag, Weinflaschen ähnlich wie Zigaretten mit Warnhinweisen zu versehen. „Das haben wir auch gebremst und verhindert.“

Auch ein Rauchverbot im Freien habe es bis ins Plenum geschafft. „Das haben wir mit Mehrheit verhindert.“

Neue Mehrheiten, weniger Ideologie?

Mandl verweist zudem auf die veränderten Kräfteverhältnisse im Europäischen Parlament. „Das ist die neue Mehrheit im Europaparlament, die mit mehr Hausverstand agiert und weniger ideologische Überregulierung will“, sagt er mit Blick auf die Zeit nach der letzten Wahl. Durch diese knappen, aber ausreichenden Mehrheiten sei es möglich gewesen, die Entwaldungsverordnung und das Lieferkettengesetz zu entschärfen sowie das geplante Verbot für Verbrennermotoren rückgängig zu machen.