Kickl um 11 Uhr bei der „Mumie in der Hofburg"
Nach dem Scheitern der Austro-Ampel und 100 Tagen Chaos wird Herbert Kickl höchstwahrscheinlich heute Vormittag vom Bundespräsidenten mit der Regierungsbildung beauftragt. Linke Gruppen mobilisieren bereits zum Protest, während sich die ÖVP unter ihrem neuen Chef Christian Stocker zu Gesprächen mit der FPÖ bereiterklärt hat.
Heute, am Dreikönigstag, um 11 Uhr ist es soweit: Bundespräsident Alexander Van der Bellen empfängt FPÖ-Chef Herbert Kickl in der Hofburg. Nicht zum ersten Mal seit der Nationalratswahl im September 2024 wird Kickl von Van der Bellen zu einem Gespräch über eine neue Regierung eingeladen. Als ganz klarer Wahlsieger aus der Nationalratswahl hervorgegangen, wurde Kickl trotzdem nicht von Van der Bellen mit der Bildung einer Regierung beauftragt. Ein Anti-FPÖ-Experiment vom Bundespräsidenten, das von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.
Heute bittet Van der Bellen Herbert Kickl erneut hinter die rote Tapetentür in der Präsidentschaftskanzlei, und dieses Mal geht ganz Österreich davon aus, dass der Präsident nun die FPÖ mit einer Regierungsbildung beauftragt. Der Präsident hat sich gestern noch geäußert, dass sich nun „die Situation verändert” habe.
Verbaler Ausrutscher bei Aschermittwoch-Rede
Wie schwer Alexander Van der Bellen dieser Schritt nun fallen muss, kann man sich gut vorstellen. Nicht nur komplett gegensätzliche politische Welten trennen den grünen Präsidenten und den freiheitlichen Obmann, auch verbal lief es nicht immer ganz höflich zwischen den beiden ab.
Gut in Erinnerung noch Kickls Rede zum politischen Aschermittwoch im Jahr 2023, in der der FPÖ-Chef unter großem Gelächter den Bundespräsidenten als „diese Mumie in der Hofburg” bezeichnete. „Dieses politische Chamäleon, das schon alle Farben gehabt hat außer blau. Dass er ein bissel senil ist, haben wir vorher schon gewusst”, teilte Kickl aus.
Eine wahre Genugtuung muss es für Van der Bellen gewesen sein, Herbert Kickl nicht den Auftrag zur Regierungsbildung zu erteilen. Allerdings hat sich der 80-Jährige verzockt: Die von ihm präferierte Austro-Ampel kam nicht zustande; zuerst sprangen die NEOS ab, dann verließ die ÖVP den Verhandlungstisch. 100 Tage verloren, das Land in Chaos gestürzt.
„Uns trifft keine Verantwortung für verlorene Zeit, für chaotische Zustände und den enormen Vertrauensschaden, der entstanden ist. Im Gegenteil: Klar ist, dass die FPÖ der einzig stabile Faktor der österreichischen Innenpolitik war und ist”, kommentierte Herbert Kickl das Ende der Koalitionsverhandlungen zwischen der Volkspartei und Bablers SPÖ. Weitere Wortmeldungen wird es von Herbert Kickl übrigens vor dem Treffen mit Van der Bellen nicht geben. Er werde sich erst nach dem Gespräch wieder an die Öffentlichkeit wenden und vom Treffen informieren.
Erhält Kickl den Auftrag, wird es schnell zur Regierungsbildung kommen
Was wird nun heute am 6. Jänner 2025 passieren? Zu Mittag werden sowohl Bundespräsident Alexander Van der Bellen als auch Herbert Kickl vor die Presse treten und den Fahrplan zur Regierungsbildung bekannt geben. Wenn Kickl den Auftrag erhält, wird er sich umgehend mit der Volkspartei in Verbindung setzen. Der neue ÖVP-Chef Christian Stocker, als regelrechter Kickl-Hasser bekannt, absolvierte bereits gestern eine Kehrtwendung um 180 Grad und erklärte, man stehe für Verhandlungen mit der FPÖ bereit.
Diese Regierung könnte dann äußerst zügig gebildet werden, die Schnittmenge zwischen FPÖ und ÖVP bei Wirtschaftsfragen, Leistung muss sich lohnen, Sicherheit und Migration ist hinlänglich bekannt, einzig in außenpolitischen und EU-Angelegenheiten gehen die Anschauungen auseinander.
Während in der Hofburg versucht wird, das Chaos in Griff zu bekommen, machen – wie nicht anders erwartet – linke Gruppierungen bereits mobil gegen eine Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen. Den Beginn macht gleich heute eine Kundgebung der ‚Jüdische österreichische HochschülerInnen (JÖH)’ um 10:30 am Ballhausplatz mit dem Titel „Herbert Kickl als Bundeskanzler verhindern!”
Auch mit der Wiederaufnahme der leidigen Donnerstagsdemos wird gerechnet.
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