Angesichts der bevorstehenden Koalitionsverhandlungen mit Herbert Kickl und der FPÖ geht es bei der ÖVP drunter und drüber. Mit Franz Fischler hat sich jetzt ein Schwergewicht der Partei zu Wort gemeldet und sich dabei als “Kassandra” entpuppt. Der ehemelige Landwirtschaftsminister (1989-1994) und EU-Agrar-Kommissar (1995-2004) sagte gegenüber “Ö1”, dass er bei einer allfälligen Kanzlerschaft von FPÖ-Chef Herbert Kickl „mit großer Sorge“ auf die künftige EU-Politik blicke.

Fischler wies darauf hin, dass sich die Kräfteverhältnisse innerhalb der EU in Richtung Europäischen Rat (Staats- und Regierungschefs) verschoben habe. Zudem gelte bei vielen Entscheidungen im Rat das Prinzip der Einstimmigkeit.

In diesem Zusaammenhang äußerte Fischler seine Sorge: „Man gibt es einem Mann, nämlich Herbert Kickl, in die Hand, dass er gewissermaßen entscheiden kann über die Zukunft der Europäischen Union“, etwa bei der EU-Finanzierung und in der Außen- und Sicherheitspolitik. „Das halte ich, ganz offen gesagt, für ziemlich riskant“, betonte Fischler.

Franz Fischler will aus der ÖVP austretenIMAGO/Roland Mühlanger

Fischler: Risiko für österreichische Demokratie

In Hinblick auf die anstehenden Koalitionsverhandlungen erwartet sich Fischler von seiner Partei, dass nicht alle roten Linien überschritten werden. Die Volkspartei könne einen „konstruktiven Beitrag“ leisten, das „Ausmaß des Schadens“ in Grenzen zu halten.

„Aber grundsätzlich ist der Schaden angerichtet“, betonte Fischler. In diesem Zusammenhang sagte der ehemalige EU-Kommissar, dass er im Fall einer blau-schwarzen Regierung unter Herbert Kickl aus der Volkspartei austreten werde. Beobachter gehen davon aus, dass Fischler nicht der einzige ÖVP-Politiker sein wird, der der Volkspartei den Rücken kehren wird.

In einem anderen Interview, das er dem “Standard” gab, sagte Fischler, Österreich sei in eine „sehr demokratieriskierende Situation“ geraten. Von ÖVP, SPÖ und NEOS hätte er sich weitere Verhandlungen gewünscht. Kritik übte er vor allem an SPÖ-Chef Andreas Babler, der nur seine „Wunschliste“ vorgelesen habe.