Obwohl Bundeskanzler Karl Nehammer auch nach dem Wahldebakel in der Steiermark an den Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ und den NEOS festhält, dürften die Gespräche schwieriger als ursprünglich gedacht verlaufen. Nicht nur der Kanzler schätzt die Chancen auf eine tatsächliche Regierungsbildung mit fifty-fifty ein, auch ÖVP-Schwergewicht Harald Mahrer ist nun dieser Ansicht.

In einem Interview mit den Oberösterreichischen Nachrichten räumt der Wirtschaftskammer-Präsident den möglichen negativen Ausgang der Gespräche mit der SPÖ und den NEOS ein. Auch hofft er, „dass die Koalitionsverhandler die Zeichen der Zeit verstanden hätten, die sich im steirischen Wahlergebnis spiegeln”. Ebenso dürfe es keine „faulen Kompromisse geben”, sonst werde sich die ÖVP zurückziehen.

Etwas verwirrend sind nun die vielen Medientermine, die Mahrer als Mitglied des ÖVP-Verhandlungsteams absolviert, da am 18. November berichtet wurde, dass sich der Wirtschaftskammer-Chef aus den Verhandlungen zurückzieht, ebenso wie ÖGB-Chef Wolfgang Katzian aus dem SPÖ-Team. Damals wurden erste Stimmen laut, dass es um die Verhandlungen doch nicht so zum Besten steht, wie von den Parteispitzen kommuniziert. „Wir drei müssen nicht zusammen arbeiten, wir drei wollen zusammen arbeiten”, erklärte SPÖ-Chef Andreas Babler beim offiziellen Startschuß zu den Koalitionsgesprächen, während Kanzler Nehammer von einer gemeinsamen Basis mit SPÖ und NEOS berichtete. Allerdings schob er bereits bei dem Statement nach: „Man findet sich oder auch nicht.”

ÖVP hat keinen Plan B

Dass er die von Mahrer erwähnten ‚Zeichen der Zeit’ nach der Steiermarkwahl verstanden hat, bestätigt Nehammer mit seiner Beteuerung auf X, dass er sich dafür einsetzen werde, „die Themen, die die Menschen bewegen, Gewicht und Priorität haben – vor allem auch in den Regierungsverhandlungen.”

Welche Themen die Menschen bewegen, dürfte Harald Mahrer tatsächlich verstanden haben. Es brauche eine neue Gerechtigkeitsdebatte, eine Senkung der Lohnnebenkosten und eine sofortige Steuerbefreiung von Überstunden, so Mahrer in den Oberösterreichischen Nachrichten. Auch eine Rute stellt er den Verhandlern ins Fenster: Die Verhandlungen müssen nun zügig vonstatten gehen, kurz nach Nikolo müsse klar sein, ob es zu einer Regierungsbildung kommt.

X/Alexander Van der Bellen/X

Völlig unklar ist bislang, was passieren wird, wenn die Koalitionsverhandlungen nicht zielführend sind. Einen Plan B gibt es für die ÖVP nicht, wie ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker in der ZiB 2 am Montag erklärte. Die Chance auf Blau-Schwarz mit einem Kanzler Kickl liegen laut Stocker bei Null, an eine Ablöse von Karl Nehammer an der Parteispitze sei gar nicht zu denken.

Eine mögliche FPÖ-ÖVP-Koalition in der Steiermark sei für Stocker nicht mit dem Bund vergleichbar. Kickl habe die FPÖ im Bund „auf Krawall gebürstet”, im Land sei der Stil und die Wortwahl anders. „Ob in der Steiermark eine Koalition mit der FPÖ geht, muss die steirische Volkspartei bewerten, im Bund bewerte ich”, so Stocker. Mit seiner Bierzelt-Rhetorik solle Herbert Kickl im Bierzelt bleiben und gehöre laut Stocker nicht auf die Regierungsbank.

In welche Richtung sich die Koalitionsgespräche entwickeln, ist weiterhin nicht bekannt. Bundespräsident Alexander Van der Bellen weiß offensichtlich mehr. Er postet am Dienstagnachmittag auf X ein Foto mit NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger und dem Hinweis, von ihr über den Stand der Gespräche informiert worden zu sein. Wie dieser Stand aussieht, verrät er allerdings nicht.