Kocher als neuer Super-Minister polarisiert: großes Lob und scharfe Kritik
Wirtschaft und Arbeit vereint in einem Ministerium – das gab es in Österreich erst einmal, nämlich in der Regierung Schüssel II. Völlig konträr fallen die Reaktionen aus: In Sorge über Arbeitnehmerrechte ist die Gewerkschaft, groß ist dafür die Freude bei Industrie und Handel. Viel Lob erntet auch Minister Kocher.
Bei der Wirtschaft sind die Erwartungen nun hoch: Arbeits- und Wirtschaftsministerium werden unter dem Ökonom Martin Kocher zusammengelegt. Das erfreut Industrie und Handel. Beide halten viel vom dem Wirtschaftsexperten und können auch der Zusammenlegung Positives abgewinnen. Ganz anders die Gewerkschaft. Bei ihr sorgt die Zusammenlegung für Sorgenfalten und Verstimmung.
Arbeiterkammer und Gewerkschaft sehen Interessenkonflikt
ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian spricht von einem “besorgniserregenden Signal” mit Blick auf die Interessen der Arbeitnehmer. Der Kräfteausgleich zwischen Arbeitnehmern und Wirtschaft sei mit dieser Regierungsumbildung gefährdet, warnt er. Auch aus Sicht von Arbeitskammer-Präsidentin Renate Anderl sind “Interessenkonflikte zwischen den Anliegen von Arbeitnehmern und Unternehmen vorprogrammiert”.
Arbeits- und Wirtschaftsminister unter Schüssel und Schröder
Die Zusammenlegung der beiden Ressorts hat es in Österreich erst einmal gegeben, und zwar unter der Bundesregierung Schüssel II (2003 bis 2007) mit Martin Bartenstein (ÖVP) als Wirtschafts- und Arbeitsminister. In Deutschland hat sich schon einmal eine sozialdemokratisch geführte Regierung für diese Zusammenlegung entschieden: Im Kabinett Schröder II (2002 bis 2005) fungierte Wolfgang Clement (damals SPD) als Arbeits- und Wirtschaftsminister. Er brachte damals die Reform des deutschen Sozialsystems und Arbeitsmarktes “Agenda 2010” voran.
Industrie: Beide Bereiche bei Koch "in den besten Händen"
Diametral entgegengesetzt zu Gewerkschaft und Arbeiterkammer äußerte sich die Industriellenvereinigung (IV). Die Zusammenlegung der Ressorts sei eine “sinnvolle Weichenstellung”, meinte IV-Präsident Georg Knill. “Die wichtigen Bereiche Wirtschaft und Arbeit sind bei Martin Kocher in den besten Händen, insbesondere mit Blick auf die großen anstehenden Reformen – Stichwort Arbeitsmarktreform.” Schon in den vergangenen anderthalb Jahren habe Kocher “als anerkannter Fachmann in der Krise umsichtig und klug agiert”.
Ähnlich sieht das auch Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf (ÖVP). “Martin Kocher wird auch in seinem nun erweiterten Ressort seine Fachkompetenz unter Beweis stellen, mit der er schon als Arbeitsminister überzeugen konnte – und das im besten Interesse des österreichischen Wirtschaftsstandortes”, unterstrich Kopf.
Handel: "Der richtige Mann in der richtigen Position zur richtigen Zeit"
Über die Aufwertung Martin Kochers durch Zusammenlegung freut sich auch der Handel. Kocher habe bereits in seiner bisherigen Funktion als Arbeitsminister bewiesen, wie wichtig ihm der österreichische Handel und seine 600.000 Beschäftigten sind, unterstrich Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. Nun brauche es vor allem “eine Arbeitsmarktreform, um der Notsituation des Personalmangels entschlossen zu begegnen und den daraus resultierenden massiven Druck aus der mittelständischen Wirtschaft zu nehmen. Bundesminister Kocher ist dafür genau der richtige Mann in der richtigen Position zur richtigen Zeit”.
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