Mit seiner Kritik an der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen in der ÖVP-FPÖ-Regierung, die am 1. Jänner 2020 durchgeführt wurde, hat der Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) in ein Wespennest gestochen. Diese Zentralisierung – 21 Sozialversicherungen wurden zu fünf zusammengefasst – sei für Mattle „das Problem, dass die Kassen jetzt leer sind.”

Tirols ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle kritisiert die Kassenreform von 2020.APA/JOHANN GRODER

Kaum ausgesprochen, geht das politische Hick-Hack auch schon los. Der Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss, lobte die „Einsicht” Mattles. In den anderen Ländern teilten die Kritik des ÖVP-Landeshauptmannes vor allem SPÖ-Vertreter. Auch Stimmen nach einer „Reform von der Reform” werden laut.

Krankenkassen-System vor dem Kollaps

Vor dieser Reform der Reform warnt allerdings die Volkspartei. „Die Rückkehr zu 21 Kassen erscheint uns in Hinblick auf den notwendigen Bürokratieabbau und die Bedeutung schlanker Strukturen als nicht zielführend”, erklärt der Generalsekretär der Volkspartei, Nico Marchetti und verweist auf die jüngsten Beschlüsse in der Landeshauptleutekonferenz: „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Wartezeiten für die Menschen auf Behandlungen, Arzttermine oder Operationen zu verkürzen.”

Auch die neue Salzburger ÖVP-Landeshauptfrau Karoline Edtstadler findet es „sinnvoller, die Zukunft zu gestalten, als in die Vergangenheit zu schauen”. Ihr Parteikollege in Oberösterreich gibt allerdings Anton Mattle recht. „Wenn man die Landsleute fragt, ob sich die Gesundheitsversorgung seit der ÖGK-Reform verbessert hat, würde wohl eine deutliche Mehrheit mit Nein darauf antworten”, so der oberösterreichische ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer. Die Wartezeiten für Arzttermine seien laut Stelzer länger, es gebe in Summe zu wenige Fachärzte und daher überlastete Spitalsambulanzen. „So kann und darf es nicht weitergehen!”

Reform der Reform?

Weniger diplomatisch drücken wie erwartet die Sozialdemokraten ihre Meinung aus. „Die unter dem früheren Kanzler Sebastian Kurz betriebene Zusammenlegung der Kassen ist eine reine Mogelpackung gewesen, mit der man dem Gesundheitssystem und auch der ÖGK immense zusätzliche Kosten aufgebürdet hat, ohne irgendeinen Mehrwert für die Patienten zu erreichen”, poltert der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) und fordert eine „Reform der Reform”.

Ins gleiche Horn stößt auch Kärntens SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser. „Die von der früheren ÖVP-FPÖ-Regierung angekündigte Reform hat sich als Seifenblase entpuppt, die geplatzt ist”, so Kaiser und bezeichnet die Zusammenlegung als „Selbstvermarktungstrick”, der nun als „Scherbenhaufen” von „anderen aufgeräumt werden muss”.

Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) wusste schon immer, dass die Krankenkassenreform ein Fehler war.APA/EVA MANHART

Auch für Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) war die Zusammenlegung der Sozialversicherungen „ein teurer Marketinggag auf Kosten der Österreicher.” Und: „Ich habe immer gesagt, dass diese Reform keine Verbesserung gebracht hat!” Trotzdem lehnt Hacker aber ein „Zurück zum Start” ab. „Wir müssen auf aktuelle Entwicklungen eingehen und schauen, wie wir die zahlreichen Zukunftsfragen im Gesundheitswesen lösen können. Daher ist diese späte Einsicht der ÖVP positiv zu bewerten”, so Hacker.

Dass die leeren Kassen und die langen Wartezeiten auf Behandlungen, Arzttermine und Operationen auf die demographische Entwicklung in Österreich zurückzuführen sein könnte – sprich: dass seit Jänner 2020 unzählige Menschen aus Drittstaaten in Österreichs Sozial- und Krankenkassen eingewandert sind, ohne jemals einen Cent einzuzahlen – spricht interessanterweise kein Politiker an.