Also was jetzt: Ausgleich oder Parteinahme? Wien muss Farbe bekennen. Wo Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) steht, hat sie in wenigen Monaten deutlich gemacht: an der Seite der Ukraine. Kein Land hat sie bisher öfter besucht – drei Mal in nur sechs Monaten. Das mag ihr auf EU-Ebene Türen öffnen, für Wiens Vermittlerrolle jedoch eine Tür schließen. Auf diese hofft Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) zwar weiterhin, wie sich nun aber zeigt: wohl vergeblich.

Alpbach als Bühne

Friedensgespräche in Wien? Stocker spricht davon, doch das Thema wirkt mittlerweile nahezu verblasst. Denn Meinl-Reisinger setzt in Alpbach auf Bilder: Zum Unabhängigkeitstag erscheint sie in einer auffälligen Ukraine-Tracht. Was sie damit politisch bewirken will, bleibt nebulös – das Signal ihrer Selbstinszenierung ist dafür umso deutlicher.

Diplomatie oder Show?

In ihrem Social-Media-Posting bekräftigt die Ministerin ihre unerschütterliche Solidarität: „Am #Unabhängigkeitstag der #Ukraine stehen wir fest an der Seite des ukrainischen Volkes. Unsere Unterstützung bleibt bestehen!“ Gespräche mit jungen Ukrainern vor Ort werden auch genannt.

Während Wien Ausgleich signalisieren möchte, signalisiert Meinl-Reisingers Outfit Parteinahme. Beides zusammen funktioniert nicht. Wer vermitteln will, stellt Inhalt vor Inszenierung – und setzt auf leise Töne. Je greller das Symbol, desto enger die Spielräume. Genau diese hätte Wien dringend gebraucht, wäre es ernsthaft daran interessiert, Brücken zu bauen.

Immer mit der eigenen Meinung dabei?

Subtilität zählt nicht zu den Stärken der Außenministerin. Sie prescht gerne mit Meinungen vor. Im Nahost-Konflikt führte das zu einem Zickzack-Kurs, der Österreichs Israel-Linie bis zur Unkenntlichkeit verwässerte. Als echte Israel-Freundin hätte sie entschieden gegen den EU-Mainstream schwimmen müssen – doch das wollte sie offenbar nicht.

Beim Ukraine-Konflikt hingegen deckt sich ihre Position weitgehend mit der Brüsseler Linie. Hier hält sie unbeirrt an ihrem Kurs fest – mit voller Fahrt!

Shitstorm und Lob auf Instagram

Die Reaktionen auf ihre Instagram-Inszenierung sind entsprechend durchwachsen. Ukrainer zeigen sich hoch erfreut und dankbar („Vielen Dank für Ihre Unterstützung!“), während die heimische Kritik heftig ausfällt. „Man kann sich nicht ausmalen, wie gefährlich es ist, jemanden mit 9 Prozent Wähleranteil in so einer wichtigen Position zu haben“, kritisiert ein User. Ein anderer fragt entsetzt: „Ist das Satire?“ Wieder andere sprechen von „peinlicher Anbiederung“ und warnen vor „Neutralität light – jetzt auch in EU-Geschmack.“

Ein außenpolitisches Profil für die Person – nicht für Österreich

Mitten im Sturm steht Meinl-Reisinger für ein außenpolitisches Profil, das vor allem eines ist: eindeutig in Bezug auf ihre eigene Person, nicht jedoch in Bezug auf die Rolle Österreichs in der Welt.

Wer vermitteln will, müsste Bilder zügeln und Brücken bauen – im Interesse Österreichs.