"Menschenverachtende Kriminalität": Tote Migranten erschüttern Österreich
Das Drama im Burgenland beschäftigt ganz Österreich. Im Bezirk Eisenstadt wurde am Dienstag ein Kleinbus von Beamten gestoppt. Im Fahrzeug entdeckten sie Migranten auf engstem Raum. Zwei von ihnen waren bereits tot. Der Lenker des Fahrzeugs ist auf der Flucht. Nach ihm läuft eine Großfahndung. Noch am Dienstag meldeten sich zahlreiche Politiker zu Wort.
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) geht mit den Schleppern hart ins Gericht: “Meine Gedanken gelten den Opfern und deren Angehörigen. Diese schreckliche Tat zeigt eines klar auf: Der Tod eines oder mehrerer Menschen wird von Schleppern bewusst in Kauf genommen. Schlepperei gehört zu den menschenverachtendsten Formen der Organisierten Kriminalität. Der Einsatz an der burgenländischen Grenze ist eine wichtige Maßnahme dagegen. Allein heuer hat die Polizei mehr als 250 Schlepper festgenommen“
Soldaten im Kampf gegen Schlepper
„Mein tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen der beiden Opfer. Dies ist ein trauriges Zeugnis dafür, wie notwendig der Einsatz unserer Soldatinnen und Soldaten gegen die Schlepperei ist“, hält Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) fest. Die Ministerin machte sich im September noch selbst ein Bild von der Lage im burgenländischen “Hotspot” Siegendorf.
Keine Rücksicht auf Migranten
Durch die verstärkten Gegenmaßnahmen an der Grenze zu Ungarn hätten die Schlepper ihr Vorgehen geändert und würden die Flüchtlinge mittels Klein-Lkw und Vans direkt nach Österreich bringen, sagte Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität im Bundeskriminalamt. Dies sei eine sehr gefährliche Methode – “und sie nehmen keine Rücksicht auf die Migranten”.
Derzeit werden in Österreich mehrere hundert Flüchtlinge pro Woche aufgegriffen, dieses Jahr bereits rund 30.000 – womit man auf dem Niveau von 2014 angekommen sei. “Das Burgenland ist absoluter Schwerpunkt”, betonte Tatzgern. Dies sei der Grenze zu Ungarn geschuldet, über das die Balkanroute führt. Jene, die über Slowenien kommen, würden nach Italien wollen.
Bis vor kurzem sammelten sich die Migranten in Ungarn, um über die Grüne Grenze ins Burgenland zu gelangen. Dem habe man durch die verstärkten Kontrollen einen Riegel vorgeschoben, weshalb die Schlepper die Menschen nun mit Fahrzeugen ins Land bringen, eine “sehr gefährliche Methode”, wie man nun bei der jüngsten Tragödie gesehen hat.
Warum wollen die Migranten Behörden umgehen?
Was die Fahrer und Schlepper betrifft, gehören diese alle zu größeren Strukturen, die das lukrative Geschäft kontrollieren. Beim Transport per Lkw bzw. Klein-Lkw gehen die Kriminellen sehr professionell vor, indem sie Voraus-Fahrzeuge einsetzen, die vor Bundesheer oder Polizei warnen und so die folgenden Migranten abschirmen. Im Gegenzug hat man bereits auf ungarischer Seite verdächtige Lastwagen bei den Sammelpunkten im Visier, was sich als sehr effektiv erwiesen habe.
Warum die Migranten versuchen, die heimischen Behörden zu umgehen, habe den Grund darin, dass Österreich gar nicht ihr Zielland ist und sie sich deshalb nicht hierzulande registrieren lassen wollen. Die meisten würden laut Tatzgern nach Deutschland, die Niederlande, Belgien oder Schweden wollen.
Reform gefordert
Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat sich über den Vorfall erschüttert und tief betroffen gezeigt. In einer Aussendung erklärte er: “Die Parallele zur Flüchtlingstragödie von Parndorf 2015 mit 71 Toten ist erschreckend und zeigt einmal mehr die ganze Brutalität und Unmenschlichkeit der organisierten Schlepperkriminalität auf.” Der heutige Vorfall macht für ihn einmal mehr deutlich, dass die österreichische Asyl- und Migrationspolitik aus den Ereignissen des Jahres 2015 nicht die nötigen Konsequenzen gezogen habe. Er forderte eine gesamteuropäische Reform des Asylwesens, die Asylverfahren schon außerhalb Europas ermöglicht und damit die gefährliche Flucht verhindere.
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