Meta stoppt politische Werbung: Killt die neue EU-Regel den Wahlkampf auf Facebook?
Was wie ein technisches Detail klingt, entpuppt sich als politischer Erdrutsch: Ab Oktober sperrt Meta in ganz Europa politische Werbung – auf Facebook und Instagram. Der Grund: Die neue EU-Transparenzverordnung ist zu kompliziert. Top-Experte Hannes Kirchbaumer warnt: „Social Media wird Schritt für Schritt abgedreht.“
Polit-Werbe-Aus auf Facebook? Hannes Kirchbaumer (r.) spricht mit exxpress-Redakteur Stefan Beig (l.) über das nächste EU-Chaos – und wer jetzt profitiert.EXXPRESS/EXXPRESS
Ab Oktober wird auf Facebook und Instagram keine politische Werbung mehr geschaltet – zumindest in der EU. Der Grund ist nicht etwa eine neue Zensur durch Meta, sondern eine neue Transparenzverordnung der EU-Kommission. Die ist so streng, praxisfern und risikoreich, dass der IT-Riese die Reißleine zieht.
„Meta will offenbar nicht riskieren, irgendwelche Meldepflichten zu verletzen“, sagt Social-Media-Experte Hannes Kirchbaumer im Interview auf exxpressTV. Das Problem: Gerade vor wichtigen Wahlen sind viele politische Bewegungen auf digitale Reichweite angewiesen – vor allem neue Parteien oder Organisationen ohne Millionenbudget. Der Unternehmer und Spezialist für Digital Marketing und Kampagnen warnt vor weitreichenden Folgen. Überdies verliere die EU verliere nicht nur den Anschluss in der Digitalpolitik – sondern auch das Vertrauen der Bürger.
Wen trifft es – und wer profitiert?
Für Kirchbaumer ist die Sache klar: Die Sperre trifft also vor allem kleinere und neue Player – während etablierte Parteien mit großer Community profitieren. Über eine große Reichweite verfügen vor allem rechte Parteien: „Die FPÖ kann organisch weitermachen. Babler wird es nicht helfen. Auch die ÖVP mit Christian Stocker verliert.“
Allerdings dürfte auch der ORF zu den Profiteuren gehören, der ohnehin schon mehr Macht durch die ORF-Zwangsabgabe hat. Kirchbaumer sieht den wachsenden Einfluss hier sehr kritisch. Denn während politische Werbung verboten wird, darf der ORF weiter senden – und das sogar auf TikTok: „Die Zeit im Bild wird zum Platzhirsch – aber nicht mit Werbegeld, sondern mit Haushaltsgeld.“ Und: „Die Bürger zahlen also dafür, dass der ORF auf Social Media Politik macht.“
Was also als Maßnahme für mehr Transparenz gedacht war, schafft in Wirklichkeit neue Ungleichgewichte – zulasten pluralistischer Meinungsbildung.
Meta entscheidet, was politisch ist – und was nicht
Noch absurder: Meta könnte künftig bestimmen, was als politische Werbung gilt – und was nicht. Kirchbaumer erläutert: „Dann sehen wir halt ein Politiker-Video im Bierzelt – ist das dann politische Werbung?“ Wir wissen es zurzeit nicht. „Meta könnte einfach sagen: Social Media ist Spaß.“
Das öffnet Manipulation Tür und Tor: Während politische Anzeigen gesperrt werden, könnten informelle Inhalte vom Algorithmus weiterverbreitet werden – völlig ohne Kennzeichnung.
Regulierungswahn: Gelangt das digitale Europa ins Abseits?
Kirchbaumer ortet hinter der neuen Verordnung kein durchdachtes Konzept – sondern hektischen Aktivismus. „Ich sehe da keinen großen Plan dahinter.“ Statt auf Freiheit und Eigenverantwortung zu setzen, greife die EU reflexhaft zur Kontrolle – und schade damit ihrer eigenen Glaubwürdigkeit.
Die Auswirkungen gehen weit über Social Media hinaus. Kirchbaumer sieht in der Digitalpolitik der EU ein grundsätzliches Problem: „Die EU stolpert von einem Thema ins nächste. Da passt schon lange nichts mehr zusammen – die Leute steigen aus.“ Eigentlich wäre „mehr Freiheit und Transparenz das Gebot.“
Vom Datenschutz über die KI-Verordnung bis zur politischen Werbung besteht eine Gefahr: Europa überreguliere sich selbst aus dem Wettbewerb – und verliere im digitalen Wettlauf mit Asien und den USA immer mehr an Boden.
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