Obwohl Andreas Babler mit dem Ziel angetreten war, Erster und Bundeskanzler zu werden, landete die SPÖ lediglich auf dem dritten Platz und erzielte damit einen historischen Tiefpunkt in der Geschichte der Zweiten Republik. Der langjährige SPÖ-Chef in Wien und ehemalige Wiener Bürgermeister äußert sich zur jüngsten Wahlniederlage der SPÖ. Als Gast bei Patrick Budgen im “ORF” analysiert er das Wahlergebnis und äußert scharfe Kritik.

Im Gespräch erinnerte Häupl an sein bekanntes Zitat: “Gestritten wird im Wohnzimmer, nicht am Balkon.” Diese Regel sei jedoch schon zu seiner Zeit nicht immer eingehalten worden. Ein Beispiel dafür sei die öffentliche Kritik der stellvertretenden Parteivorsitzenden Doris Bures am Wahlprogramm. “Das ist genau das Problem”, erklärte Häupl.

SPÖ-Parteichef Andreas Babler erzielte ein historisch schlechtes Ergebnis.APA/ROLAND SCHLAGER

Am Wahlabend äußerte sich Michael Häupl zufrieden über das Ergebnis der SPÖ in Wien, die um fast drei Prozent zulegen konnte: “Das ist schon recht gut gewesen und hat damit ja auch das bundesweite Ergebnis der SPÖ einigermaßen geschönt”, betonte Häupl. Dennoch musste die Partei bundesweit einen historischen Rückschlag hinnehmen und erreichte erstmals den dritten Platz. Häupl hob hervor, dass die SPÖ unter den gegenwärtigen Umständen eigentlich hätte zulegen müssen, ähnlich wie in Wien.

Ein zentraler Grund für das enttäuschende Ergebnis der SPÖ sei laut Häupl die unzureichende Mobilisierung ihrer Wähler: “Warum sind so viele sozialdemokratische Wähler von 2019 diesmal nicht zur Wahl gegangen?”, hinterfragte er und verwies auf eine gewisse Unzufriedenheit mit der Leistung der Partei. Interne Konflikte und eine uneinheitliche Präsentation hätten das Vertrauen der Wähler geschmälert. “Eine Partei, die sich als uneinig darstellt, wirkt nicht gerade sympathisch und vertrauenserweckend”, betonte Häupl.

Trotz Wahlniederlage: "Guter Wahlkampf"

Trotz des enttäuschenden Ergebnisses steht Häupl hinter dem Spitzenkandidaten Andreas Babler: “Er hat einen wirklich starken Wahlkampf geführt”, betonte Häupl. Babler habe das erforderliche Tempo und die nötige Entschlossenheit gezeigt, die im Wahlkampf notwendig sind. Dennoch sei es ihm nicht gelungen, die eigenen Wähler ausreichend zu mobilisieren. “Es handelt sich nicht um einen katastrophalen Verlust, aber zufriedenstellend ist es auch nicht”, fasste Häupl zusammen.

SPÖ-Chef Andreas Babler am Sonntag, 29. September 2024, anlässlich der SPÖ Wahlparty im Rahmen der Nationalratswahl in Wien.APA/GEORG HOCHMUTH

Häupl äußerte sich zudem zur zukünftigen Rolle der SPÖ in der Regierung. Er befürwortet die Idee, dass die SPÖ in die Regierung eintreten sollte, wenn es inhaltlich sinnvoll ist: “Die SPÖ sollte in die Regierung wieder gehen, sollte eine Regierung kommen, es würde vieles in dem Land wahrscheinlich besser werden, vor allem für die sogenannten kleinen Leute, aber nicht um jeden Preis”, erklärte Häupl. Eine Koalition müsse auf einem gemeinsamen Regierungsprogramm beruhen, andernfalls sei eine Regierungsbeteiligung nicht sinnvoll.