Wiens rot-pinke Stadtregierung kündigt ein Sparpaket bei der Mindestsicherung an. Laut Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) soll damit das System langfristig gesichert und „gezielter“ gestaltet werden. Doch bei näherem Hinsehen bleiben die Reformen vor allem kosmetischer Natur – insbesondere was eine tatsächliche strukturelle Entlastung für die Stadt und ihre Steuerzahler betrifft.

Zentrale Punkte des Pakets: Künftig sollen auch bei Kindern Wohnkosten von der Mietbeihilfe abgezogen werden – wie es bereits bei Erwachsenen üblich ist. Die Stadt rechnet dadurch mit Einsparungen von rund 20 Millionen Euro jährlich. Für Mehrkindfamilien könnten das laut Rathaus monatlich bis zu 400 Euro weniger bedeuten.

Kürzungen bei Kindern und Wohngemeinschaften

Zusätzlich werden sogenannte Bedarfsgemeinschaften neu bewertet: Wohngemeinschaften – bislang mit Einzelpersonen jeweils im Höchstsatz – sollen künftig ähnlich wie Familien behandelt werden. Einsparpotenzial laut Stadt: rund 75 Millionen Euro jährlich.

Auch eine Kindergartenpflicht ab dem 3. Lebensjahr ist angedacht, um Eltern den Arbeitsmarkteinstieg zu erleichtern. Mittelfristig könnten dadurch auch Kindersätze angepasst werden, weil laut SPÖ die Kosten für die Eltern angesichts der Betreuung sinken.

In Summe erwartet das Rathaus Einsparungen von rund 115 Millionen Euro pro Jahr inklusive bereits gestrichener Maßnahmen wie dem Schulungszuschlag.

FPÖ-Nepp: „Reine Augenauswischerei“

Die Opposition äußerte scharfe Kritik, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Insbesondere von der FPÖ kamen Vorwürfe, dass die Änderungen kaum reale Einsparungen brächten. FPÖ-Stadtrat Dominik Nepp sprach von „Augenauswischerei“ und bezifferte den Mindestsicherungsaufwand für Nicht-Österreicher mit rund 700 Millionen Euro jährlich, „Das völlig unfaire System der Wiener Mindestsicherung wird ungeniert aufrechterhalten. Während syrische und afghanische Großfamilien weiterhin mehrere tausend Euro pro Monat kassieren, müssen österreichische Familien, Alleinerzieherinnen und Pensionisten mit niedrigen Einkommen ums tägliche Überleben kämpfen. Und weiterhin kassieren subsidiär Schutzberechtigte in Wien die volle Höhe der Mindestsicherung, während sie in den anderen Bundesländern nur Grundversorgung bekommen“, so Nepp und rechnet: „Eine afghanische Großfamilie, die bisher rund 9.000 Euro netto pro Monat kassiert, bekommt künftig gerade einmal 38 Euro weniger – und zwar nur bei der Wohnbeihilfe.“ Die FPÖ fordert daher eine Koppelung von Sozialleistungen an die Staatsbürgerschaft.

Auch von ÖVP-Seite wurde bemängelt, dass die Mindestsicherung weiterhin nicht nach Familiengröße gestaffelt sei und Wien „Sozialhilfemagnet“ bleibe.

Stadt sieht Kurs als „sozial treffsicher“

Die Stadt Wien verteidigte ihre Pläne: Die Mindestsicherung solle weiterhin als soziales Netz bestehen bleiben, gleichzeitig aber effizienter werden. Die Anrechnung von Wohnkosten auch bei Kindern sei eine logische Weiterentwicklung bestehender Regelungen. Laut Bürgermeister Ludwig gehe es darum, „vorhandene Mittel fairer und treffsicherer einzusetzen“, ohne Menschen in Armut zu stoßen. Auch die mögliche Abwicklung über das AMS sei ein Schritt in Richtung besserer Integration in den Arbeitsmarkt.

Feststeht: Die größten Transferempfänger bleiben – nach aktuellem Stand – weitgehend unberührt. Belastet werden hingegen Haushalte mit mehreren Kindern, Wohngemeinschaften und indirekt auch arbeitende Wiener, die die steigenden Sozialausgaben mitfinanzieren.