Ab dem Sommersemester Anfang Februar soll Mädchen unter 14 Jahren in Schulen das Tragen eines Kopftuchs verboten werden. Ab dem Schuljahr 2026/27 sind im geplanten Gesetz auch Sanktionen bis zu 800 Euro für Verstöße gegen das Verbot vorgesehen. Das Ziel der Maßnahme ist die „Stärkung der Selbstbestimmung“ der Mädchen, die das Kopftuch tragen. Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) betont, dass die Regierung mit dem Verbot gegen ein „Zeichen der Unterdrückung“ vorgeht, und schätzt, dass etwa 12.000 Schülerinnen davon betroffen sein könnten.

Die Expertinnen – darunter drei Wiener Pflichtschuldirektorinnen und vier Leiterinnen sozialarbeiterischer Mädchen- und Frauenprojekte – lehnen daher die Einführung eines klaren gesetzlichen Verbots ab. Sie sehen das Verbot nicht als Lösung, sondern befürchten, dass es den betroffenen Mädchen schadet, anstatt ihnen zu helfen. Stattdessen plädieren sie für mehr Mittel und Ressourcen für soziale Projekte, die das Selbstwertgefühl und die Entscheidungsfreiheit der Mädchen fördern, ohne sie zu stigmatisieren oder zu isolieren.

Doch nicht alle Expertinnen sind sich überhaupt einig, dass das Kopftuch bei unter 14-Jährigen ein Problem ist.

Argumentation der NGOs: teils widersprüchlich – teils absurd

Besonders irritierend sind Aussagen wie jene von Katharina Echsel vom Wiener Migrantinnen-Bildungsverein Peregrina. Sie meint, kopftuchtragende Mädchen hätten „unterschiedliche Motive“ – unter anderem: „um der Mutter zu gefallen oder Modeerscheinungen zu folgen.“

Gerade dieser Punkt lässt viele stutzen: Dass NGOs einerseits vor „Stigmatisierung“ warnen, andererseits aber das Kopftuch als Modeaccessoire oder als Gefälligkeitsgeste gegenüber der Mutter darstellen, wirkt paradox.

Warnungen vor „Trotzreaktionen“ – statt Unterstützung für klare Regeln

Angelika Atzinger vom Bregenzer Verein Amazone warnt, ein Verbot „isoliere“ jene Mädchen, die ohnehin unter Druck stehen. Sie kritisiert zudem, das Verbot vermittle Mädchen, „dass über ihren Körper und ihr Aussehen bestimmt wird“. Gleichzeitig sagt sie aber nicht, wie genau Mädchen geschützt werden sollen, wenn familiärer Zwang tatsächlich besteht – außer durch noch mehr Unterstützung.

Auch Schulleiterin Doris Pfingstner fürchtet „Rückzug und Trotzreaktionen“ und dass jahrelang aufgebaute Vertrauensverhältnisse leiden könnten. Sie wünscht sich stattdessen einen „zeitgemäßen, westlich-liberalen Islam“ in der Ausbildung der Religionslehrkräfte.

Doch diese Forderung stellt sich als schwierig umsetzbar heraus: Wie der Islamwissenschaftler Ednan Aslan in einem Interview mit exxpress deutlich macht, wird der islamische Religionsunterricht in Österreich häufig von politisch geprägten Verbänden beeinflusst, die mit einem westlich-liberalen Verständnis des Islams wenig gemein haben. Solange diese Strukturen bestehen, ist fraglich, ob der „westlich-liberale Islam“ in der Praxis überhaupt umsetzbar ist. Darüber hinaus muss die Frage gestellt werden, ob ein solcher Kurs von vielen der religiösen Gemeinschaften überhaupt gewünscht wird.

NGO-Forderungen: viele Projekte, wenig Klarheit

SOS Mitmensch plädiert dafür, dass die Politik die Expertinnen ernst nimmt und stärker auf Programme wie Soziale Lernwochen, Klassenordnungen, Konfliktbearbeitung oder weibliche Role-Models setzt. All diese Maßnahmen können sinnvoll sein – ersetzen aber kein klares Regelwerk für Minderjährige in öffentlichen Schulen.

Auch die Forderung nach mehr Ganztagsschulen, multiprofessionellen Teams und Ethikunterricht ist prominent. Doch sie ändert nichts an der Grundfrage:
Soll ein Staat verhindern dürfen, dass Minderjährige religiöse Kleidung tragen, die als Symbol patriarchaler Strukturen gilt und aufgezwungen sein könnte – ja oder nein?

Die NGOs sagen Nein. Stattdessen präsentieren sie eine lange Liste an Projekten, die mehr Budget brauchen. Die eigentliche Debatte über Selbstbestimmung wird dadurch verwässert.