Er grinste – und kicherte. Mitten in der Pipeline-Krise um die Energieversorgung der Slowakei und Ungarns konnte Wolodymyr Selenskyj bei einer Pressekonferenz am 24. August sein Lachen nicht zurückhalten.

Auf die Frage einer ukrainischen Journalistin zu den Drohnenangriffen auf die russische Druschba-Leitung folgten Kichern, kurzes Grinsen und dann die Botschaft: „Wir haben die Freundschaft zwischen der Ukraine und Ungarn immer unterstützt – und nun hängt die Existenz dieser Freundschaft von Ungarns Position ab.“

Auch die Frage der Journalistin ließ nicht an Deutlichkeit zu wünschen übrig: „Haben wir nach den Angriffen auf die Druzhba-Pipeline und dem Gespräch mit Donald Trump größeren Einfluss auf Viktor Orbán – insbesondere hinsichtlich der Aufhebung des Vetos gegen die Öffnung der Verhandlungscluster?“ Gemeint: die EU-Beitrittsgespräche für die Ukraine, die Ungarn blockiert.

Drei Angriffe in zwei Wochen

Am 13., 21. und 22. August trafen ukrainische Drohnen die wichtige Unecha-Pumpstation in der Region Brjansk, dazwischen eine Anlage bei Nikolskoye (Tambow). Die Folge: Öllieferungen nach Ungarn und die Slowakei wurden mehrfach gestoppt, liefen kurz wieder an – und fielen erneut aus. Für Budapest und Bratislava geht es um die Versorgungsader schlechthin: Druschba (deutsch: „Freundschaft“).

Ungarns Zorn – Slowakeis Warnung

Ungarns Außenminister Péter Szijjártó sprach von einem „Angriff auf unsere Energiesicherheit“ und einem Versuch, sein Land „in den Krieg hineinzuziehen“. Er bekräftigt:  „Wir werden weiterhin die Bemühungen um Frieden unterstützen und unsere nationalen Interessen mit aller Kraft verteidigen.“

Fidesz-Sprecher Balázs Németh legte nach: Dies sei „Erpressung“ – ein Druckmittel gegen Ungarns kritische Haltung zum EU-Beitritt der Ukraine. Er ergänzte in den sozialen Medien: „Natürlich schweigt Brüssel. Jeder, der Augen hat, sieht, dass Selenskyj und seine Freunde in Brüssel den Krieg verloren haben. Die Ukraine liegt in Trümmern, mehr als eine Million (!) Menschen sind gestorben, etwa 20 Prozent des Staatsgebiets befinden sich in russischer Hand, mindestens die Hälfte der Bevölkerung ist geflohen, und das Geld der Europäischen Union wurde in dreieinhalb Jahren verbrannt.“ Kurz: „Keine Menschen, keine Waffen, kein Geld, um den Krieg zu wenden.“

Auch die Slowakei übte Kritik: Außenminister Juraj Blanár warnte, die Schläge schadeten letztlich auch Kiew – rund 10 Prozent des ukrainischen Dieselbedarfs stamme aus der slowakischen Slovnaft-Raffinerie.

EU schweigt – trotz „Tabuzone“

Budapest und Bratislava beschwerten sich schriftlich in Brüssel. Brisant: Die EU hatte Energieanlagen im Jänner zur „Unantastbaren Tabuzone“ erklärt. Eine Reaktion der Kommission steht vorerst aus. Hinter den Kulissen wird auf Ersatzrouten über Kroatien verwiesen.

Ungarn setzt weiter auf russisches Öl

Anders als viele EU-Staaten setzt Ungarn weiter auf russisches Öl. Laut Branchenangaben flossen 2024/25 täglich rund 95.000 Barrel über die „Freundschafts“-Pipeline ins Land. Schon im März hatte ein Angriff den Fluss kurz zum Erliegen gebracht.

Videos der brennenden Pumpstationen im russischen Brjansk gingen unterdessen viral – ebenso das vielgeteilte Lachen des ukrainischen Präsidenten. Für Budapest und Bratislava kein Grund zur Heiterkeit: Statt „Freundschaft“ sehen sie ihre Lebensader in Gefahr – und erhöhen den Druck auf Selenskyj.