Petr Pavel zufolge müsse klar unterschieden werden zwischen der Entsendung von Kampftruppen einerseits, und der möglichen Beteiligung von Truppen an Unterstützungs-Aktivitäten, mit denen die NATO schon Erfahrungen habe. Bereits nach der Annexion der Krim „operierte eine NATO-Ausbildungsmission auf ukrainischem Territorium, an der zeitweise mehr als 15 Länder beteiligt waren und die rund 1000 Personen umfasste, erinnerte Pavel.

Der General a. D. war bis 2015 Leiter des Generalstabs, und anschließend bis 2018 Vorsitzender des NATO-Militärausschusses. Er hielt fest: „Aus der Sicht des Völkerrechts und der UN-Charta spricht nichts dagegen, dass die Truppen der NATO-Mitgliedstaaten – wie auch Zivilisten – bei der Arbeit in der Ukraine helfen.“

Ausbildung von Truppen in der Ukraine womöglich „sinnvoller“

Es könnte sinnvoller sein, „ein paar Dutzend Ausbildner auf ukrainisches Territorium zu verlegen und dort ukrainische Soldaten auszubilden, anstatt ukrainische Soldaten auf dem Territorium von NATO-Mitgliedsstaaten auszubilden und Tausende von Truppen beispielsweise nach Polen oder in die Tschechische Republik zu transportieren.“

Offenbar sieht der tschechische Präsident nicht die Gefahr einer weiteren Eskalation dadurch. Er erinnerte daran, dass Moskau nach dem Beginn der Invasion erklärt habe, dass jeder, der der Ukraine Hilfe leiste, ein legitimes Ziel sei. „Heute beliefern wir die Ukraine nicht nur mit Kleinwaffen, sondern auch mit Panzern, vielleicht bald auch mit Flugzeugen und Mittelstreckenraketen, und trotzdem hat es noch keinen Angriff auf NATO-Gebiet gegeben.“

An Kampfeinsätzen (Bild) würden sich NATO-Truppen nicht beteiligen, behauptet der tschechische Präsident.GETTYIMAGES/Muhammed Enes Yildirim/Anadolu Agency via Getty Images

Angriff auf NATO-Staat wäre ein noch „größerer Rechtsverstoß“

Russland wisse, dass ein solcher Angriff „ein weitaus größerer Rechtsverstoß wäre als das, was es jetzt tut.“ Überdies sei sich Russland der Stärke der NATO bewusst. Die westlichen Verbündeten sollten den Mut haben, ihre Aktivitäten zu verteidigen, „denn die Unterstützung bei der Ausbildung und Wartung von Ausrüstung in einem souveränen Land ist kein Kampfeinsatz“, erklärte er.

Und weiter: „Selbst wenn es sich um eine Ausbildungsmission auf ukrainischem Territorium handelt, ist dies kein Verstoß gegen internationale Regeln. Es liegt an uns, welche Form der Unterstützung wir der Ukraine zukommen lassen, solange wir uns innerhalb dieser Grenze des nicht-kämpferischen Engagements bewegen.“

Emmanuel Macron (r.) besuchte Petr Pavel (l.) am 5. März in Prag.APA/AFP/Ludovic MARIN

Pavel stellt sich hinter Vorschlag von Macron

Pavels Äußerungen fielen nur wenige Tage nach seinem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der kürzlich ebenfalls die Entsendung westlicher Truppen in die Ukraine ins Gespräch gebracht hatte. Mehrere EU-Staats- und Regierungschefs wiesen Macrons Äußerungen zurück. Auch Pavel zeigte zunächst keine Unterstützung. Wenn es sich aber nicht um eine militärische Aktion handelt, sondern um eine Unterstützungsaktion, könnte die Unterstützung durch europäische Länder realistischer sein.

Fazit: Pavel in weiterer unter den wenigen europäischen Politikern, die Macrons Überlegungen zur Entsendung von Truppen in die Ukraine unterstützen.