Neue Misstöne: Regierungsstreit kommt nicht zur Ruhe
Der EU-Boykott der ungarischen Ratspräsidentschaft hat in der türkis-grünen Regierungskoalition neue Risse verursacht. Während Kanzler Karl Nehammer und die ÖVP gegen den Boykott sind, hat sich der grüne Gesundheitsminister Johannes Rauch diesem angeschlossen.
Erneut knistert es im Gebälk der türkis-grünen Regierung. Jüngstes Streitthema ist der EU-Boykott gegen die ungarische Ratspräsidentschaft nach der eigenmächtigen Friedensmission von Ungarns Regierungschef Viktor Orban bei Kreml-Chef Wladimir Putin in Moskau. Ungarn hat seit 1. Juli die Ratspräsidentschaft der EU inne.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) machte gegenüber der APA deutlich: “Ich halte nichts davon, EU-Räte der Regierungschefs oder Fachminister zu boykottieren.” Und er fügte hinzu: “Orbán hat einen Tabubruch begangen, über den man diskutieren muss.”
“Wir sollten dies aber nicht mit einem weiteren Tabubruch, nämlich einem Boykott, beantworten”, so der Bundeskanzler. Und weiter: “Man muss Orbán mit seiner unabgestimmten Vorgangsweise konfrontieren, aber nicht die Ratspräsidentschaft boykottieren.” Nehammer betonte: “Innerhalb der EU nicht mehr miteinander zu reden ist die schlechteste aller Lösungen.”
Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) schließt sich dem Boykott an, Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) dagegen nicht
Diese Linie vertritt jedoch Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Er wird sich dem Boykott der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft anschließen, wie er am Rande eines Termins in Wien am Dienstag erklärte, sprich bei keinen informellen Treffen mit seinen europäischen Amtskollegen in Budapest teilnehmen.
Offenbar sind sich bei der Frage des Boykotts aber auch die Grünen nicht einig. So nahm Klima- und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) heute an einem informellen Rat der EU-Energieminister unter ungarischem Ratsvorsitz in Budapest teil.
Während also Bundeskanzler Karl Nehammer und die ÖVP-Minister nicht am Boykott teilnehmen, sind die Grünen in der Frage gespalten. Von einer eindeutigen, klaren Linie der Regierung in Sachen Boykott kann demnach beim besten Willen nicht gesprochen werden.
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