Noch immer Aufholbedarf: Nur knapp jeder zehnte Bürgermeister ist weiblich
Zwar hat sich die Zahl der weiblichen Bürgermeister seit 1999 mehr als vervierfacht, dennoch bleiben Frauen im Amt nach wie vor die Ausnahme. Demnach lag der Frauenanteil zuletzt bei rund 10 Prozent, in der Summe sind das 197 weibliche Bürgermeister in Österreich. Die höchsten Anteile haben Niederösterreich mit 74 Bürgermeisterinnen und Oberösterreich mit 48 Bürgermeisterinnen. Es folgen die Steiermark (22), Tirol (17), Burgenland (12) und Kärnten (10) und Salzburg (8). Die Schlusslichter bilden Vorarlberg (6) und Wien (0).
Zahlen sogar teilweise rückläufig
Während in vielen Bundesländern die Zahl in den vergangenen Jahrzehnten stetig gestiegen ist, ist sie mancherorts sogar rückläufig: Gab es in Vorarlberg im Jahr 2019 noch neuen weibliche Bürgermeister, sind es aktuell nur noch sechs. Ähnliches lässt sich auch in der Steiermark beobachten: 2014 gab es dort 29 Frauen an der Spitze, mittlerweile sind es nur noch 22.
Blickt man in die zweite oder gar dritte Reihe steigt der Frauenanteil wieder: Insgesamt gibt es derzeit 453 Vizebürgermeisterinnen und 9757 Mandatarinnen. In der Summe entspricht das laut Gemeindebund einem Frauenanteil von 23,6 Prozent in der Kommunalpolitik.
Dass Frauen in der Kommunalpolitik keine Selbstverständlichkeit sind, weiß auch Lisbeth Kern. Die Niederösterreicherin aus Petzenkirchen ist mit 64 Jahren, davon 24 im Amt, Österreichs dienstälteste Ortschefin. Als sie 1996 ins Amt gewählt wurde, war die Sozialdemokratin eine politische Pionierin, denn insgesamt gab es zu diesem Zeitpunkt nur 20 weibliche Bürgermeister in Österreich. Die jüngste weibliche Bürgermeisterin kommt ebenfalls aus Niederösterreich und zwar aus Kaltenleutgeben: Die 28-jährige Bernadette Schöny (ÖVP)steht seit rund einem Jahr an der Spitze der Marktgemeinde.
Drei Fragen an Bürgermeisterin Bernadette Schöny
Was müsste man aus Ihrer Sicht ändern, um den Anteil von Frauen in kommunalpolitischen Ämtern zu erhöhen?
“Leider gibt es in Österreich immer noch weniger Bürgermeisterinnen, als Bürgermeister, die Josef heißen. Ich glaube, dass es damit zusammenhängt, dass Frauen oft so ein Amt gar nicht zugetraut wird, sie sich selber das Amt nicht zutrauen und, dass es auch noch sehr wenige Vorbilder für diese Aufgabe gibt. Es braucht aus meiner Sicht auf jeden Fall mehr Vorbilder, die zeigen, dass der Beruf „Bürgermeisterin“ ein toller ist, der sich zum Beispiel auch sehr gut mit der Familie vereinbaren lässt. Viele Frauen engagieren sich auch nicht politisch, weil sie sich eben eher auf die eigene Familie und den Haushalt konzentrieren. Ich hoffe sehr, dass es hier einen Umschwung gibt und sich mehr Frauen trauen ein Amt zu übernehmen.”
Sind Frauen in politischen Ämtern heute schon selbstverständlich oder eher die Ausnahme?
“Frauen in politischen Ämtern sind bestimmt schon selbstverständlicher als sie das noch vor ein paar Jahren waren. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass auch ich in meinem Amt immer wieder mit sehr viel Skepsis konfrontiert bin. Vermutlich braucht es noch etwas Zeit, damit eine Frau als Bürgermeisterin oder als Ministerin keine Sensation mehr ist, sondern ganz normal. Je mehr Frauen sich in Ämter trauen, desto selbstverständlicher wird auch das.”
Was machen Frauen in der Politik anders oder gar besser als Männer?
“Die Ausgestaltung eines Amtes ist sehr individuell und lässt sich aus meiner Sicht auch gar nicht so auf das Geschlecht reduzieren. Manche Bürgermeister sind sensibel und gefühlvoll und manche Bürgermeisterinnen sich richtige Macherinnen und greifen bei wichtigen Projekten einfach hart durch. Das kommt aus meiner Sicht immer auch auf die Person selbst an. Ich denke als Gesellschaft sollten wir von alten Mustern absehen. Frauen sind nicht das schwächere Geschlecht, sondern jeder Mensch ist einfach anders und übt die Aufgabe in unterschiedlichen Bereichen mehr oder weniger gut aus.”
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