Nuklear-Alarm in Europas größtem AKW: Stromversorgung in Saporischschja kollabiert
Das ukrainische Kernkraftwerk Saporischschja steht seit fast zehn Tagen ohne externe Stromversorgung da. Die Notstromgeneratoren sichern den Betrieb, doch der Dieselvorrat schrumpft gefährlich schnell. Bei einem Ausfall der Kühlung droht eine nukleare Katastrophe.
Blick auf das Kernkraftwerk Saporischschja in der russisch kontrollierten Stadt Enerhodar in der UkraineAPA/AFP/Ed JONES
Das größte Kernkraftwerk Europas steht am Abgrund: Seit über einer Woche ist das von Russland besetzte AKW Saporischschja in der Ukraine komplett vom Stromnetz abgeschnitten. Präsident Wolodymyr Selenskyj warnt vor einer „kritischen“ Situation – und spricht offen von einer Bedrohung „für absolut alle“.
Rekord-Ausfall mit explosiver Gefahr
Seit dem 23. September versorgt kein Kraftwerk mehr die Anlage mit Strom – der längste Ausfall seit Beginn des Krieges vor über dreieinhalb Jahren. Das AKW, das inmitten der Frontlinie nahe der Stadt Enerhodar liegt, wird mittlerweile allein von Dieselgeneratoren betrieben, die eigentlich nur als Notlösung gedacht sind. Einer der Generatoren ist bereits ausgefallen.
Selenskyj macht Moskau für den Zustand verantwortlich: Russische Angriffe hätten die Stromleitungen zerstört, Reparaturen würden durch anhaltenden Beschuss verhindert. „Kein Terrorist hat sich je an einem Atomkraftwerk so vergriffen, wie Russland es tut“, erklärte der Präsident in seiner Ansprache.
Sabotage an letzter Stromleitung?
Satellitenaufnahmen von Greenpeace legen nahe, dass die letzte verbliebene Hochspannungsleitung wohl gezielt sabotiert wurde – eine klare Absicht, Saporischschja dauerhaft vom ukrainischen Netz abzutrennen und an das russische Stromnetz anzuschließen.
IAEA warnt vor laufender „Zeitbombe“
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) mahnt zur Eile, da der Dieselvorrat für die Notstromgeneratoren laut russischer Werksleitung nur noch für rund zehn Tage reicht. Danach drohe ein Ausfall der Kühlsysteme – mit unkalkulierbaren Folgen für das Atomkraftwerk und die gesamte Region.
Der IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi erklärt: „Die Anlage bleibt zwar unter Kontrolle, solange die Dieselaggregate laufen, aber das ist keine nachhaltige Situation für nukleare Sicherheit.“ Er ruft beide Seiten auf, die Reparaturen der Stromzufuhr sofort zu ermöglichen.
EU fordert sofortigen Waffenstillstand um AKW
Die Europäische Union verlangt von Russland den sofortigen Stopp aller militärischen Aktionen rund um das Kraftwerk, um eine Reparatur der Stromversorgung zu ermöglichen. Die russische Besetzung des AKW sei illegal, lautet der Vorwurf.
Gefahr für Europa – Atomunfall ähnlich Tschernobyl möglich?
Das Risiko ist enorm: Obwohl seit 2022 alle sechs Reaktoren abgeschaltet sind, müssen Brennstäbe und abgebrannte Elemente permanent gekühlt werden. Ein Stillstand der Dieselgeneratoren könnte eine Kernschmelze oder gar die Freisetzung radioaktiver Stoffe auslösen – eine Katastrophe mit Folgen weit über die Ukraine hinaus.
Angesichts der unklaren Lage, anhaltender Kämpfe und gegenseitiger Schuldzuweisungen wächst die Angst vor einem nuklearen Desaster, das Europa erschüttern könnte.
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