Das kleine Dorf Kötcse im Südwesten Ungarns wird heute Sonntag zum Schauplatz eines politischen Schlagabtausches. Während der rechtsnationale Premier Viktor Orbán traditionell Ehrengast des dort stattfindenden Bürgerpicknicks ist, organisierte Péter Magyar, Vorsitzender der stärksten ungarischen Oppositionspartei Respekt und Freiheit (TISZA), nur einen Steinwurf entfernt seine eigene Veranstaltung. Ein hohes Polizeiaufgebot ist im Einsatz.

Orbán beschuldigt Magyar der Provokation

Während Magyar den 7. September im Vorfeld als einen der spannendsten Tage in der ungarischen Innenpolitik bezeichnete, beschuldigt der Premier den TISZA-Chef der Provokation. Dieser könnte Orbán jedoch mit der eigenen Kraftdemonstration die Show stehlen, kommentierten Medien. Ihre Vertreter dürfen in Kötcse nicht einmal in die Nähe des Bürgerpicknicks gelangen, berichtete das Onlineportal HVG.hu. Beim Wettlauf um die politische Aufmerksamkeit hatte Magyar ein friedliches Treffen versprochen. Er gilt laut Umfrage als beliebtester Politiker Ungarns (Orbán auf Platz 3), während seine Partei TISZA hinsichtlich der Beliebtheit mit acht Prozent vor FIDESZ liegt.

Magyar eröffnete Wahlkampagne

Vor Tausenden Anhängern eröffnete Magyar auf dem Heldenplatz in Kötcse die Kampagne für die Parlamentswahlen 2026. In seiner Rede erinnerte er an die verlorenen 20 Jahre, die “unsere besten hätten sein können”. Während die Nachbarn bereits mit Euro zahlen, Ungarn in Bezug auf Wirtschaftsleistung, Lebensstandard, Einfluss und Ansehen überholten, sei Ungarn Dank Orbán und dem sozialistischen Ex-Premier Ferenc Gyurcsány in der Vergangenheit stecken geblieben. Ungarn sei zu dem Land geworden, in das Diktatoren in Zukunft kommen, um “Hass und Korruptionstechniken zu lernen”, warnte Magyar.

Wahl 2026 - die letzte Chance

Magyar kritisierte den Reichtum Orbáns und verkündete den Beginn eines neuen Kapitels. 2026 werde nicht nur ein Wahljahr sein, sondern “eine letzte, riesige Chance und das Geburtsjahr eines funktionierenden Landes”. Dabei würden Orbán und sein Umfeld alles tun, “um ihre Macht und ihre gestohlenen Reichtümer zu behalten. Sie werden uns mit nie dagewesenen Lügen überschütten, uns diskreditieren, Angst einjagen und erpressen”. Magyar erklärte, “wir haben keine Söldner, keine Milliarden, keine Propaganda, keine Machtmaschinerie, keine Satellitenparteien. Die Wettbüros würden nicht auf uns setzen. Dennoch werde TISZA diese Wahl gewinnen, und zwar nicht knapp, sondern deutlich”, versprach Magyar vor seinen Anhängern.

Bürgerpicknick - geschlossener Zusammenhalt

Das Bürgerpicknick wird seit 2004 von der Stiftung für ein Bürgerliches Ungarn organisiert. Bei der Veranstaltung versammeln sich Politiker der Regierungspartei Fidesz und Vertreter ihres engsten Umfeldes. Orbán soll um 16.00 Uhr seine Rede halten.

Der Premier, der am Samstag nach dem WM-Qualifikationsspiel Irland gegen Ungarn aus Dublin zurückgekehrt war, sagte im Zusammenhang mit der Veranstaltung der Partei TISZA, dass auch die Einwohner von Kötcse nicht verstehen, warum TISZA “Unruhe und Provokation” in ihr Dorf bringt. “Warum muss man eine Versammlung dort organisieren, wo bekanntlich die Fidesz-Anhänger ihre politische Saisoneröffnung feiern?”, fragte der Regierungschef. Er betonte zugleich, dass nicht jeder zum Bürgerpicknick zugelassen werden könne, weil so die ursprüngliche Botschaft des Picknicks – geschlossener Zusammenhalt – verloren ginge. Orbán bezeichnete es als Lösung, dass seine Rede heuer erstmals live übertragen wird.