Faika El-Nagashis Austritt aus der grünen Partei im Juni sorgte für Aufsehen. Der Grund: Eine immer tiefer werdende Kluft zwischen ihrer Meinung und der der Grünen, wenn es zum Thema Geschlechtsidentität und LGBTQ kommt. Mit ihren Ansichten, dass nur eine biologische Frau eine Frau sei, dass das biologische Geschlecht eine ernstzunehmende Realität sei und ihrer Ablehnung, sein Geschlecht amtlich ändern zu lassen, galt die bekennende Lesbe als Enfant Terrible der Grünen.

Jetzt hat sie öffentlich gemacht, was sie jetzt nach ihrem Austritt aus der Politik vor hat: Am Freitag geht die Website von Nagashis neuem Projekt mit Namen „Athena Forum“ online. Die in ganz Europa agierende Denkfabrik will darüber aufklären, wie die Ideologie der Gender-Identität, also einer Identität, die auf dem subjektiv empfundenen Geschlecht basiert, mittlerweile den ganzen Kontinent prägt.

Gender-Lobbysten vereinnahmen EU

Darüber informiert die erste, in englischer Sprache verfasste Broschüre des Vereins mit dem Titel „Unter der Oberfläche. Wie die Gender-Identität Europa neu gestaltet“. Der Name ist Programm. Nagashi und ihre Mitstreiter zeigen auf, wie Trans-Lobbygruppen es in den letzten 15 Jahren geschafft haben, innerhalb der EU und dem Europarat einen Richtungswechsel hin zum gefühlten Geschlecht zu vollziehen. Das biologische Geschlecht als rechtliche und materielle Realität werde von diesen Institutionen zunehmend verschleiert. So ginge es etwa nicht mehr um den Schutz von Frauen oder Frauenrechte, die auf dem biologischen Geschlecht basierten. Schutzräume wie Toiletten, Umkleidekabinen oder Frauen-Abteilen werden oft geöffnet für Männer, die sich als Frau identifizieren.

Die Broschüre des „Athena Forums" klärt auf, wie sich die gender-Ideologie in die EU eingeschlichen hat.Screenshot Athena Forum

„Diese Veränderungen umgehen oft die formelle Gesetzgebung und werden stattdessen durch Leitlinien, Empfehlungen, Strategien, Fahrpläne und andere Instrumente der Soft Law vorangetrieben, die institutionelle Normen ohne öffentliche Debatte neugestalten“, heißt es im Vorwort. Die „Instrumente der Soft Law“ finden im nächsten Schritt Eingang in Bildung, Gesundheitswesen, Verwaltung, Behörde und Justiz.

El-Nagashi: „Die wenigsten Leute wissen, was in der EU beim Thema Gender-Identität abgeht"

Gegenüber dem exxpress erklärt El-Nagashi die Arbeit des neu gegründeten Thinktanks so: „Die wenigsten Leute wissen, was in der EU beim Thema Gender-Identität abgeht und kaum jemand versteht es, weil es sehr verklausuliert ist. Wir wollen EU-Entscheidungen, Richtlinien, Strategien übersetzten, sodass es von jedem verstanden werden kann”. Darüber hinaus möchte das Athena Forum  öffentliche Debatten fördern, „bei denen sich alle einbringen können”.

El-Nagashi kritisiert, dass Personen, die das biologische Geschlecht verteidigen, eine geschlechtliche Selbstbestimmung ablehnen oder der Meinung sind, dass Frauenschutzräume lediglich für biologische Frauen sind, oft als „Putin- oder Trump-Freunde” oder „rechtsextrem” betitelt werden. „All diese Themen werden mit links-rechts Einordnungen verhandelt, alle kritischen Positionen in ein Eck gestellt. Wir wollen das Schweigen brechen!”.

Ein Ziel des „Athena Forum“ ist es, Politiker, Journalisten, Mediziner, Wissenschaftler und Aktivisten zusammenzubringen, um gegen die ideologische Vereinnahmung in EU-Institutionen aufzustehen und „geschlechterspezifische Rechte“ zu schützen. Die Denkfabrik wird, laut El-Nagashi, ausschließlich finanziert durch private Spenden.

Rechte von Mädchen, Frauen, Kindern werden begraben

Immer mehr solle die Theorie einer angeborenen und selbstdefinierten Geschlechtsidentität in Politik und Gesellschaft verankert werden. Das zeigt sich etwa durch die europaweite Förderung der „Self-ID“ (rechtliche Selbstidentifizierung), dem Verbot von Konversionstherapien und der Einschränkung der Meinungsfreiheit. Die gravierenden Folgen: Rechte von Mädchen und Frauen, Lesben und Schwulen, sowie Kindern und Jugendlichen werden untergraben, schreiben die Verfasser.

Diesen Entwicklungen will sich das „Athena Forum“ entgegenstellen. Die überparteiliche Plattform beklagt das Fehlen von Vereinen, die sich diesem Wandel bewusst entgegensetzen. Schon im Juni kritisierte die ehemalige Grüne in einem Gastbeitrag der Berliner Zeitung die Gleichgültigkeit der Konservativen, was die Trans-Ideologie mit ihren unendlich vielen Geschlechtern betrifft. „Die Zeit der aktiven Blockade der Gleichstellung von Lesben und Schwulen scheint bis heute als konservatives Trauma nachzuwirken. Als schlechtes Gewissen führt es zu Kompromissen und einer bequemen Symbolpolitik“, analysiert die Ex-Nationalratsabgeordnete.