Trotz der offensichtlichen Bemühungen, den bürokratischen Aufwand in den Schulen zu verringern, hagelte es Kritik aus verschiedenen politischen Lagern. Besonders die FPÖ, die in den geplanten Reformen “reine Kosmetik” und “Null-Maßnahmen” sah, ließ ihren Unmut freien Lauf. Hermann Brückl, Bildungssprecher der FPÖ, kritisierte, dass Lehrer, Schüler und Eltern keine PR-Shows oder Ankündigungen benötigten, sondern echte Reformen. Auch der Gewerkschafter Paul Kimberger ging in die Offensive: Die von Wiederkehr angekündigten Maßnahmen seien in seinen Augen “pädagogischer Firlefanz” und würden die Lehrer mit zusätzlichen Belastungen konfrontieren. Kimberger monierte, dass viele dieser Initiativen in der Praxis schwer umsetzbar seien und kaum zu spürbaren Verbesserungen führen würden.

Weniger Bürokratie, mehr Autonomie

Trotz der scharfen Kritik beharrte Wiederkehr auf seinem Vorhaben, die Bürokratie im Schulwesen erheblich zu reduzieren. “Das Ziel ist klar: Weniger Bürokratie, mehr Autonomie, mehr Freiraum”, betonte der Minister. Der bürokratische Aufwand sei in den letzten Jahren deutlich gestiegen, wodurch Schulleitungen bereits über 30 Prozent ihrer Arbeitszeit mit administrativen Aufgaben verbringen müssten. Als Teil der Entbürokratisierungs-Initiative kündigte Wiederkehr unter anderem eine Reform des Schulverwaltungssystems „Sokrates“ an, bei der Zeugnisse künftig dauerhaft digital gespeichert und über das Bildungsportal elektronisch zugestellt werden können.

Die Einführung einer neuen App, „Teachers.direct“, soll zudem den bürokratischen Aufwand für Lehrer weiter verringern. Ab Frühjahr 2026 können Lehrkräfte verschiedene Anträge, wie etwa bei Schwangerschaften, nun direkt über die App stellen, anstatt diese manuell auszufüllen und an die Bildungsdirektionen zu übermitteln. Laut Wiederkehr sei dies ein weiterer Schritt hin zu einer „entbürokratisierten Schule“.

Autonomie in der Sprachförderung

Wie oe24 berichtete, betrifft ein weiteres zentrales Element der Reformen die Sprachförderung an Schulen. Ab dem Schuljahr 2026/27 sollen Testungen zum Sprachstand von Schülern nur noch einmal jährlich verpflichtend durchgeführt werden. Wiederkehr betonte, dass Schulen so mehr Autonomie bei der Sprachförderung erhalten sollen. Diese Maßnahme wurde bereits von vielen als Schritt in die richtige Richtung begrüßt, da sie den Lehrkräften mehr Freiraum gibt, individuell auf die Bedürfnisse der Schüler einzugehen.

Mehr Freiraum für Schulen

Die geplanten Änderungen beinhalten zudem eine größere Eigenverantwortung für Schulen im Bereich der Vorwissenschaftlichen Arbeiten und der Abschlussarbeiten an höheren Schulen. Ab sofort können Lehrer und Schüler den Entstehungsprozess dieser Arbeiten stärker auf der kommunikativen Ebene gestalten, ohne dass dies durch bürokratische Hürden behindert wird.

Ein weiteres Reformprojekt betrifft das Privatschulgesetz, das derzeit in Begutachtung ist. Mit der geplanten Änderung sollen Entscheidungs- und Verwaltungsprozesse vereinfacht und eine bessere Kommunikation zwischen den Schulen und den Bildungsdirektionen ermöglicht werden.

Ein Kulturwandel

Ein besonderes Augenmerk legt Wiederkehr auf die langfristige Implementierung der geplanten Maßnahmen. Ab Frühjahr 2026 sollen alle Schritte der Initiative „Freiraum Schule“ sowie der Stand ihrer Umsetzung online einsehbar sein. In einem sogenannten „Freiraum-Tracker“ können sowohl die erzielten Fortschritte als auch Maßnahmen, die nicht umgesetzt werden, transparent dargestellt werden. „Das ist kein einmaliges Projekt, sondern ein Kulturwandel“, erklärte Wiederkehr.

Fazit: PR oder echte Reformen?

Die Kritik an den jüngsten Ankündigungen des Bildungsministers bleibt trotz der positiven Rückmeldungen von Teilen der Schulgemeinschaft laut und deutlich. Ob die Pläne tatsächlich die erhoffte Entlastung bringen und die Schulen von der Bürokratie befreien werden, bleibt abzuwarten. Während die Regierung auf den angekündigten Kulturwandel setzt, bezweifeln viele Kritiker, dass die Maßnahmen über populistische Schlagzeilen hinausgehen und in der Realität spürbare Verbesserungen für Lehrer und Schüler bringen werden.