Stocker malt Wien als die Welthauptstadt des Dialogs: UNO, OSZE, internationale Organisationen – alles fein und festlich, fast wie eine Einladung zum Wiener Walzer. Doch dann rauscht aus dem TV-Archiv ein Blaulicht-Sager herein, den man in Moskau ganz bestimmt nicht vergessen hat: „Wir würden ihn verhaften. Das ist so.“ Diese Worte sprach Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) Ende April bei Puls 24.

Plötzlich bekommt die Einladung einen ganz anderen Klang: Während Wien auf Glanz hofft, liefert Beate Gitter.

Einladung nach Wien? Kaffeehaus ja, Kittchen nein, meint Putin.IMAGO/Gostiny Dvor. Gavriil Grigorov/Russian Preside

Einladung mit Polizeibegleitung

Das Kanzleramt betont, man werde mit dem internationalen Strafgerichtshof (IStGH) klären, wie Putin trotz Haftbefehl teilnehmen kann. Ein diplomatischer Balanceakt. Doch der Kreml hört vor allem eins: „Willkommen in Wien – Zahnbürste nicht vergessen.“ Anreise sicher, Abreise… nun ja, schwierig.

Hier trifft Diplomatie auf Dienstanweisung: Wiener Charme auf der einen Seite, scharfe Polizeibestimmungen auf der anderen. Wer den Schiedsrichter geben will, sollte wenigstens den Platzverweis nicht schon bei der Einführung ankündigen. Sonst wird aus dem Gipfel schnell eine Gipfelhaft.

Kaffeehaus-Atmosphäre oder Tatort-Kulisse?

Wien verkauft sich mit Geschichte, Fiaker und Mozartkugel – doch diesmal trägt der Gastgeber die Handschellen in der Jackentasche. Das klingt weniger nach herzlicher Einladung, eher nach einem Drohbrief mit Schlagobers. Auch sonst wirkt die Außenministerin als Gastgeberin für Gespräche zwischen Ukraine und Russland wenig glaubwürdig. „Putin ist nicht an Frieden interessiert“, sagte sie erst im Juli im Nationalrat. „Ihm geht es nur um Krieg und seine Maximalziele.“

Er baut Brücken, andere stellen Schranken.APA/HANS KLAUS TECHT

Neutralität à la Austria

Meinl-Reisinger war es auch, die bei Puls 24 vor der „Mystifizierung der Neutralität“ warnte – keine ideale Ausgangslage, wenn man gleichzeitig neutraler Boden für Gespräche sein will. Zwischen Stockers einladendem „Wir bauen Brücken“ und Beates klarer Ansage „Wir stellen Schranken“ bleibt kaum Raum für echte Vermittlung.

Neutralität in Österreich bedeutet aktuell offenbar: Mit der rechten Hand einladen – mit der linken gleich abführen. Vielleicht ist das aber genau das, was das Außenministerium unter „klarer Linie“ versteht: Stocker spielt UNO, Beate spielt Polizei. Die Botschaft an Moskau? Wien ist Friedensstadt – und Tatort zugleich.

Zum Schluss noch eine kleine Anmerkung: Wer als Friedensvermittler punkten will, darf sich nicht selbst als potenziellen Tatort inszenieren. Glaubwürdigkeit gewinnt man am Verhandlungstisch, nicht in Studio-Talkshows.