Rechnungshof zerlegt „Stolz auf Wien“-Modell
Was für ein Desaster: Die Stadt Wien wollte mit „Stolz auf Wien“ Firmen in der Corona-Pandemie retten, doch laut Rechnungshof wurden Millionen versenkt. 6 von 30 geförderten Unternehmen endeten in Pleiten oder Sanierungen.
Der damalige Wiener Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ, l.), hier mit dem Wiener SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig (r.) war als Eigentümervertreter der Wien Holding für „Stolz auf Wien" verantwortlich.IMAGO/SEPA.Media
Das Beteiligungsmodell „Stolz auf Wien“ sollte Betriebe in der Pandemie stützen (siehe Infokasten) – doch der Rechnungshof kommt in seinem aktuellen Bericht zu einem vernichtenden Urteil. Von Intransparenz ist die Rede, von sehr gedehnten Auswahlkriterien und von einer wirtschaftlich negativen Entwicklung.
Vorweg die Zahlen: Obwohl 38,75 Millionen Euro bereitstanden, wurden nur 28 Millionen abgerufen. Von 162 Interessenten kam es lediglich zu 30 Beteiligungen.
An sich war geplant, dass sich „Stolz auf Wien” an Wiener Firmen beteiligt, die noch nicht insolvent waren. Die Prüfer stellten jedoch fest, dass die Gesellschaft beispielsweise 1 Mio. Euro in ein Unternehmen investierte, das bereits vor der Pandemie wirtschaftliche Schwierigkeiten hatte. Andere wiederum sollen bereits vor Vertragsunterzeichnung ein Sanierungsverfahren beantragt haben. Auch bei weiteren Unternehmen stellte der Rechnungshof laut eigenen Angaben fest, dass die Gesellschaft Beteiligungen nur deshalb eingehen konnte, weil sie ihre selbst aufgestellten Auswahlkriterien weit auslegte.
„Mehrere Unternehmen hatten nicht nur einen kurzfristigen Finanzmittelbedarf, sondern derartige wirtschaftliche Probleme, dass sie bereits vor Vertragsunterzeichnung ein Sanierungsverfahren beantragt hatten beziehungsweise kurz nach Vertragsunterfertigung ein Sanierungsverfahren beantragen oder Konkurs anmelden mussten”, heißt es im Bericht des Rechnungshofes. Schon bis November 2023 waren drei Firmen in Konkurs, drei weitere in Sanierung – mit einer Wertberichtigung von rund drei Millionen Euro.
Kriterien weit ausgelegt
Im Kriterienkatalog war eine starke „Wiener Identität” festgehalten. Trotzdem floss Geld offenbar auch in Start-ups bzw. an Betriebe, die gar nicht in Wien beheimatet waren. Rund ein Drittel der Unternehmen hatten zudem weniger als zehn Beschäftigte. Laut Kriterienkatalog sollten es jedoch zwischen zehn und 250 Mitarbeiter sein. Auch gab es einen Fall, wo die erforderliche Betroffenheit durch die Pandemie fehlte. Unterstützt wurde laut RH nämlich auch ein Unternehmen, das im Bereich Versandhandel tätig war und von der Corona-Situation sogar profitiert haben soll.
Besonders heftig kritisieren die Prüfer fehlende Protokolle bei Investorenrunden. Dadurch sei nicht nachvollziehbar, wie Millionen-Einsätze entschieden wurden. Auch die starren Laufzeiten bis 2028 führten zu Problemen: Während Unternehmen jederzeit aussteigen konnten, blieb der GmbH nur zuzuwarten – Verluste von bis zu 455.000 Euro waren die Folge.
Die Stadt verteidigt sich
Die Gesellschaft verweist darauf, man habe in einer „weltweit dramatischen Situation“ gehandelt. Es habe keine Gratisleistung gegeben, die Firmen müssten die Anteile zurückkaufen. „In Einzelfällen wurde bewusst Spielraum genutzt, um Unternehmen mit akutem Finanzbedarf nicht auszuschließen“, heißt es in der Stellungnahme.
Die FPÖ spricht von einem „millionenteuren Reinfall“ voller Intransparenz und „Freunderlwirtschaft“. Parteichef Dominik Nepp: „Das Programm hat nicht gerettet, sondern Geld versenkt.“ FPÖ-Wirtschaftssprecher Michael Fürtbauer sieht bestätigt: „‚Stolz auf Wien‘ war kein Rettungsschirm, sondern ein Mahnmal für rot-schwarzes Missmanagement.“
Auch die Grünen üben scharfe Kritik. Budgetsprecherin Theresa Schneckenreither: „Öffentliche Gelder wurden zur Renditeabsicherung privater Investorinnen und Investoren missbraucht. Förderinstrumente brauchen strenge Compliance-Regeln.“
Die „Stolz auf Wien“-Beteiligungs GmbH wurde 2020 gegründet, um Unternehmen in der Coronakrise rasch zu helfen. Statt klassischer Zuschüsse stieg die Stadt gemeinsam mit der Wirtschaftskammer und privaten Investoren zeitlich befristet in Betriebe ein. Die Firmen erhielten so frisches Kapital, mussten die Anteile aber nach einigen Jahren wieder zurückkaufen. Eigentlich sollten vor allem Wiener Traditionsunternehmen mit solider Basis unterstützt werden – laut Rechnungshof wurden diese Kriterien aber oft gedehnt.
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