Vor der zweiten Regierungsklausur der Bundesregierung nach sechs Monaten intensiver Arbeit äußerten sich Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP), Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) zu den drängendsten Herausforderungen des Landes. In Zeiten globaler Unsicherheiten und wirtschaftlicher Turbulenzen stehen Inflation und Wirtschaftswachstum im Zentrum der politischen Agenda.

Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) eröffnete den Doorstep mit einer klaren Darstellung der schwierigen Situation. „Wir befinden uns vor der zweiten Regierungsklausur in dieser Periode nach sechs Monaten Regierungstätigkeit und wir sehen, dass wir in sehr stürmischen Zeiten leben und auf rauer See sehr vorsichtig navigieren müssen und den Kompass behalten müssen“, erklärte er und setzte fort: „Wir haben eine Welthandelsordnung, die unter Druck steht. Die Friedensordnung ist aus den Fugen geraten auf unserem Kontinent und wir sehen Einflüsse auf unsere Demokratie, die wir lieber nicht sehen würden.“

Für die österreichische Wirtschaft bedeutet das vor allem eines: eine weiterhin hohe Inflation, die den Alltag der Bürger belastet. „4,1 % ist viel zu viel. Das heißt, wir werden uns diesem Thema sehr intensiv widmen“, betonte der Kanzler. Neben der Bekämpfung der Inflation müsse auch das Wirtschaftswachstum wieder in Gang gebracht werden, um Österreich auf die „Überholspur“ zu bringen, wie er es ausdrückte. „Es geht darum, dass wir uns die entsprechenden Spielräume verschaffen für die Zukunft.“

Wachstumsimpulse und Inflationsbekämpfung als Schlüsselthemen

In der Klausur sollen nun konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation und zur Förderung des Wachstums erarbeitet werden. „Bei der Inflationsbekämpfung geht es darum, dass wir natürlich sehen, wo die Preistreiber liegen. Es ist einerseits bei den Lebensmitteln, wo der Aufschlag, den wir aus den Lieferbeschränkungen haben, nicht mehr akzeptiert werden kann. Zum anderen sind es auch die Energiekosten, die hier wesentlichen Anteil haben“, erklärte Stocker. Eine Lösung für diese Preistreiber müsse schnellstmöglich gefunden werden.

Darüber hinaus sei es wichtig, der Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen. „Unsere Wirtschaft braucht Wachstumsimpulse. Diese Wachstumsimpulse wollen wir in dieser Regierungsklausur nicht nur besprechen, sondern auch mit Maßnahmen unterlegen, damit wir auch wieder einen Aufschwung sehen im Wirtschaftswachstum“, so der Kanzler weiter.

Vizekanzler: „Wir setzen die Rahmenbedingungen“

Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) ging in seiner Rede noch einmal auf die Aufgaben der Regierung ein, die in diesen schwierigen Zeiten entschieden und tatkräftig handeln müsse. „Sie sind hier Mitglieder einer Bundesregierung, an der Spitze stehend dieser Bundesregierung, die entschlossen sind, seriös und wirksame Maßnahmen zu treffen, im Kampf gegen die Teuerung, im Kampf gegen das schleppende und nicht gut prognostizierte Wirtschaftswachstum“, so Babler und machte klar: „Wir sind es nicht, die die Inflation festlegen. Als Bundesregierung, wir sind diejenigen, die die Rahmenbedingungen setzen, damit die Inflation nicht so hoch wird.“

Die geplanten Maßnahmen konkretisierte der Vizekanzler: „Leistbare Energie für alle, leistbarere, günstigere Energie für alle. Wohnen leistbarer zu machen, gleichzeitig aber auch zu sehen, wo Wirtschaftskonjunktur notwendig, sinnvoll, möglich ist in dieser Situation, um gegenzusteuern.“ Ziel müsse es sein, die Rahmenbedingungen zu verbessern, um der Inflation entgegenzuwirken und die Wirtschaft zu stabilisieren.

Außenministerin: „Tatkraft statt Zuversicht“

Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) sprach von einer großen Herausforderung für die Regierung: „Ich glaube, wir sind uns alle miteinander bewusst, dass wir hier durchaus eine schwierige Situation vorgefunden haben, auch als Bundesregierung. Wir haben in den ersten Monaten schon hart und hartnäckig und tatkräftig daran zu arbeiten, dass wir Aufschwung schaffen.“ Die Regierung sei fest entschlossen, gegen die schwierige wirtschaftliche Lage vorzugehen. „Die Zuversicht ist dringend gesucht, aber Zuversicht gibt es nicht einfach von selbst, sondern die gibt es nur mit Tatkraft“, so Meinl-Reisinger.

Die Regierung setze nun alles daran, Österreich aus der Schlusslicht-Position in Bezug auf Wachstum und Inflation zu befreien: „Österreich muss vom Schlusslicht, und wir sind in vielen Schlusslicht, was Wachstum angeht, was Inflation angeht, wieder an die Spitze kommen“, betonte sie. Dabei sei das oberste Ziel, die Inflation im nächsten Jahr auf zwei Prozent zu senken: „Das oberste Ziel, das die Bundesregierung sich gesetzt hat, ist, dass wir mit der Inflation auf zwei Prozent kommen im nächsten Jahr“, so die NEOS-Chefin.

Diskussion um Pensionsanpassungen und Lebensmittelpreise

In der Fragerunde sprach der Bundeskanzler auch über die Möglichkeit, die Pensionsanpassungen unterhalb der Inflationsrate vorzunehmen. „Mir ist wichtig, dass das nicht auf Lasten auch der Pensionistinnen und Pensionisten gehen, die nicht hohe Pensionen haben. Aber das sind konkrete Verhandlungen, die wir miteinander als Bundesregierung führen“, erklärte Stocker.

Meinl-Reisinger griff die Problematik der hohen Lebensmittelpreise auf: „Das Ergebnis ist, dass Nahrungsmittel in Österreich zu teuer sind. Wir haben uns darauf verständigt, auch national zu prüfen, alles, was dazu führt, dass Lebensmittel wieder billiger werden, auch diskutierbar und auch umsetzbar ist in dieser Bundesregierung.“ In Anbetracht der schwierigen wirtschaftlichen Lage müsse auch der Staat seinen Beitrag leisten, um die Teuerung zu dämpfen.

Konjunkturpaket: Finanzierungsfragen im Raum

Abschließend wurden Fragen zur Finanzierung des angekündigten Konjunkturpakets gestellt. Stocker erklärte, dass das Paket ein Volumen von rund einer Milliarde Euro haben werde. „Dieses Konjunkturpaket wird ein Volumen haben von etwa einer Milliarde Euro. Wir werden durch Umschichtungen Mittel frei bekommen, die wir anders widmen werden“, so der Kanzler. Dabei werde auch überprüft, ob Förderungen tatsächlich den gewünschten Zweck erreichen und gegebenenfalls angepasst werden.