Im Gespräch mit dem Spiegel erklärte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Fratzscher: „(…), Die ältere Generation muss sich stärker einbringen, beispielsweise im Sozialbereich, aber auch bei der Verteidigung.“ Vor allem technische Fähigkeiten von Senioren, die einst bei der Bundeswehr gedient hätten, sollten genutzt werden.

Der Ökonom setzt noch einen drauf: „Wir brauchen mehr Solidarität der Alten mit den Jungen.“ Und er wirft den Babyboomern vor, mit „Ignoranz, Selbstbezogenheit und Naivität“ jahrzehntelang falsche Entscheidungen getroffen zu haben.

Alte sollen für „Fehler“ büßen

Fratzscher macht die Babyboomer-Generation für verfehlte Politik und gesellschaftliche Entwicklungen verantwortlich. „In den Sechzigerjahren versorgten sechs Beitragszahler eine Rentnerin oder einen Rentner“, so Fratzscher. „Bald sind es nur noch zwei. Wieso sollten ausschließlich die Jungen für diese Lebensentscheidungen der Babyboomer geradestehen?“ Auch bei Klimapolitik und Verteidigung hätten die Älteren „die Realität nicht sehen wollen“. Dass die Politik, und nicht die Bürger, für die meisten Krisen im Land verantwortlich ist, möchte der Ökonom nicht sehen.

Ein respektloser Vorstoß

Der Sozialverband Deutschland reagierte empört. SoVD-Chefin Michaela Engelmeier nannte den Vorstoß schlicht „respektlos“: „Die ‚Lebensentscheidung‘, keine vier Kinder zu bekommen, erfolgte bei Millionen Menschen auch aus finanziellen Gründen. Ihnen nun daraus einen Strick zu drehen, dass man sich zur Strafe gefälligst im Rentenalter engagieren müsse, empfinden wir als respektlos.“

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund weist die Idee scharf zurück. DGB-Vorständin Anja Piel sagte: „Ein Pflichtjahr für Rentner lehnen wir ab. Wer jahrzehntelang gearbeitet hat, hat seinen Ruhestand unbedingt verdient. Wir warnen davor, mit solchen Vorschlägen Generationen gegeneinander auszuspielen.“

Noch deutlicher wird die Politik. AfD-Sozialpolitiker René Springer schrieb auf X: „Das ist ein Schlag ins Gesicht unserer Ältesten. Wer dieses Land aufgebaut hat, verdient Respekt und eine sichere Rente – keine Zwangsdienste.“ Und BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht sprach von einem Vorschlag, „der an Zynismus kaum zu überbieten“ sei: Es sei inakzeptabel, „alten Menschen, die ihr Leben lang geschuftet haben und zum Dank dafür in Deutschland oft genug mit Armutsrenten abgespeist werden“, noch ein Pflichtjahr aufzudrücken.