Bei einer Anhörung von Sachverständigen im Kulturausschuss des Landtages in Nordrhein-Westfalen bemängelte der ZDF-Reporter nicht nur die fehlenden Kritikmöglichkeiten innerhalb der Sender, sondern berichtete auch von unterdrückter Berichterstattung und sogar von Einschüchterungsversuchen gegen langjährige Mitarbeiter.

„Ja, die gibt’s“, sagt Halbach, als er in der Anhörung gefragt wird, ob es denn bei interner Kritik tatsächlich Einschüchterungsversuche innerhalb der Sender gebe. „Ich habe Fälle recherchiert im WDR und im ZDF. Der Kollege hat intern Kritik geübt und hat nach 23-jähriger Mitarbeit die fristlose Kündigung erhalten.“ Ein Kollege im ZDF habe nach interner Kritik außerdem eine Strafversetzung erhalten, berichtet der Journalist.

Im Landtag übte Andreas Halbach deftige Kritik an seinem Arbeitgeber, dem öffentlich-rechtlichen RundfunkNIUS/NIUS

In der Rolle als Sachverständiger und Mitarbeiter des ZDF sollte er am Donnerstag von den Missständen bei den öffentlichen Sendern berichten. Es geht um den Medienänderungsstaatsvertrag und einen Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel: „Rundfunkbeitrag gegenwärtig stabil halten und perspektivisch deutlich absenken“. Diskutiert wird neben internen Verfehlungen der Öffentlich-Rechtlichen etwa auch über die Sicherheit im Internet, etwa den Jugendschutz auf pornografischen Seiten.

Bereits in seiner vor der Sitzung veröffentlichten Stellungnahme hatte Halbach deutlich gemacht, dass er nicht gekommen war, um seinen Arbeitgeber zu loben: „In der öffentlichen Wahrnehmung steht der öffentlich-rechtliche Rundfunk zunehmend unter dem Vorwurf der Einseitigkeit oder Nähe zu politischen Mehrheiten. Lange habe ich solche Kritik für unbegründet gehalten. Doch aus eigener Erfahrung erkenne ich inzwischen strukturelle Defizite, etwa beim Beschwerdemanagement oder beim Schutz redaktioneller Unabhängigkeit.“

Die Stellungnahme des Frontal-Mitarbeiters vor der Anhörung.NIUS/NIUS

Laut Halbach haben die Öffentlich-Rechtlichen besonders beim Beschwerdemanagement große Defizite. Wie er berichtet, versickern die meisten Beschwerden auf dem Weg in die Chefetagen. Kommen sie doch einmal dort an und werden abgelehnt, gebe es für Journalisten der öffentlich-rechtlichen Sender kaum Möglichkeiten, um die Kritik dennoch anzubringen. Besonders die Rolle der Intendanten ist Halbach ein Dorn im Auge. Er sagt: „Die Allmacht der Intendanten muss infrage gestellt werden“.

Und weiter: „Die Leitordnung sieht vor, dass der Intendant, respektive in der vorgelagerten Hierarchie der Chefredakteur, immer das letzte Wort hat. In Streitfällen, bei Beschwerden und ähnlichem. Aber gestatten Sie mir die etwas pointierte Bemerkung: Das letzte Wort erinnert mich wirklich an Machtstrukturen in der katholischen Kirche, wo der Bischof das letzte Wort hat“, sagte Halbach im Landtag.

GETTYIMAGES/ZDF

Die Äußerungen des Journalisten reihen sich ein in die seit Wochen flammende Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ausgelöst durch den Rauswurf von Moderatorin Julia Ruhs beim NDR und die Kommentare von Dunja Hayali und die Falschaussagen von Elmar Theveßen zum Attentat auf Charlie Kirk in den USA.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hatte jüngst Reformen gefordert. Seine Idee: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsse sich auf seinen Kernauftrag in den Bereichen Kultur, Bildung und Informationen fokussieren, bestehende Strukturen sollen zusammengeführt und damit verschlankt werden. Der ehemalige FDP-Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki hatte bei Welt TV sogar die Kündigung des Staatsvertrages und ebenso eine scharfe Veränderung des Rundfunks gefordert – „nur so sei eine Veränderung möglich“, so Kubicki wörtlich.

Kritik wird überhört

Zwar fordert er keine Abschaffung seines Arbeitgebers, dennoch hat Halbach harte Kritik im Gepäck. Für ihn sei es frustrierend, „wenn man sich mit Kritik einbringt, dann aber nie wieder etwas davon hört“. Besonders Kritik, die an die eigenen Reihen oder andere öffentlich-rechtliche Sender gerichtet ist. In der damaligen Affäre um die ehemalige Chefin des rbb, Patricia Schlesinger, seien dem Frontal-Journalisten schon früh Unstimmigkeiten in der Kommunikation der Sender aufgefallen. Doch seine Kritik sei einfach überhört worden. Halbach betont auch deshalb die Wichtigkeit eines Redaktionsstatuts, das etwa interne Kommunikation regelt. So weiter gehen könne es jedenfalls nicht: „Die gegenwärtige Situation des größten deutschen europäischen Fernsehsenders ohne ein Redaktionsstatut ist demokratiegefährdend, das darf nicht sein“, meint der Investigativjournalist.

Interne Verfehlungen werden verschleiert

Die Affäre um Schlesinger hat den ZDF-Mitarbeiter nicht nur zu der Erkenntnis gebracht, dass das Beschwerdemanagement nicht optimal geregelt ist, sondern auch, dass kritische Berichterstattung zu den Verfehlungen anderer Kollegen eher unerwünscht ist. Selbst als sich die Berichterstattung schon längst auf die RBB-Chefin fokussierte und auch andere Kollegen sich bereits öffentlich äußerten, habe man Halbach verdeutlicht, dass auch die Berichterstattung zu den Verfehlungen Schlesingers nicht gewünscht sei. Aber „Als Journalist bin ich nur meinem Gewissen, der Wahrheit und den Fakten verpflichtet. Aber eben nicht partikularen Interessen. Und diese journalistische Autonomie braucht dringend eine Absicherung“, meint Halbach.

Er berichtet noch von einem zweiten Fall, in dem seine Berichterstattung von Seiten der Verantwortlichen gekippt worden sei. So erzählt er, wie er über eine deutsche Familie berichtete, die eigentlich schon die langersehnte Zusage für eine Sozialwohnung erhalten hat, diese aber letztendlich durch die Stadt mit einer Migrantenfamilie besetzt wurde. Den Unmut der Deutschen, die scheinbar kein Vorrecht auf eine Wohnung hatten, zu zeigen, sei den Verantwortlichen zu weit gegangen.

„Ich habe schon den Eindruck, dass die Beharrungskräfte des ZDF stärker sind als der Reformwille und das finde ich insgesamt leider sehr bedauerlich“, sagt Halbach. Ist das Ende des ÖRR also in Sicht? „Das Akzeptanzdefizit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist real – sichtbar etwa in rückläufigen Einschaltquoten und in Teilen der Gesellschaft spürbarer Entfremdung“, meint der Journalist in seiner Stellungnahme. Kombiniert man beide Thesen, wird ersichtlich, dass den öffentlich-rechtlichen Sendern harte Zeiten bevorstehen.

Dieser Beitrag ist ursprünglich bei unserem Partner-Portal NIUS erschienen.