Eine ukrainische Drohneneinheit der 3. Sturmbrigade entdeckte zwei Russen im Unterstand. Eine bodengebundene Kamikaze-Drohne mit Minen rollte an — die Russen hissten ein „Wir ergeben uns“-Plakat. Eine Luftdrohne führte sie quer über offenes Feld in ukrainische Linien. Ein Novum: Angriff und Gefangennahme ohne einen einzigen menschlichen Angreifer vor Ort.

Das berichtet Politico in einer großen Reportage. Der Reporter Ibrahim Naber begleitete Drohnencrews an der Front, sprach mit dem Elite-Kommandeur „Achilles“. Demnach hat die Ukraine trotz Unterzahl taktisch die Nase vorn.

Kill-Zone reicht bis zu 15 Kilometer

Seit 2022 hat sich das Schlachtfeld dramatisch verändert: Billige FPV-Drohnen jagen alles — vom Einzelkämpfer bis zum Panzer. Die „Kill-Zone“ reicht heute bis zu 15 Kilometer hinter die Front. Sanitäter berichten: 60 bis 70 Prozent der Toten und Verwundeten gehen auf Drohnenangriffe zurück.

Roboterhund & Faseroptik: Drohnentests bei Kiew.APA/AFP/Tetiana DZHAFAROVA

Nachschub? Evakuierung? Macht der Roboter

Straßen stehen unter Dauerbeobachtung. Klassischer Nachschub ist vielerorts lebensgefährlich. Die Ukraine setzt deshalb massenhaft Bodenroboter ein: Wasser, Munition, Evakuierungen — sogar Minenlegen und Minenräumen laufen unbemannt.

„Achilles“: So kippen Drohnen den Kriegsverlauf

Jurij Fedorenko („Achilles“) kommandiert das 429. Regiment für unbemannte Systeme. Seine Strategie: den Feind „von innen nach außen“ zerlegen — Drohnenpiloten ausschalten, Schlagdrohnen neutralisieren, Artillerie treffen, Logistik kappen. Wo seine Teams arbeiten, „dort hält die Front“.

Russlands Vorteil: Glasfaser-Drohnen aus China

Russland setzte 2024 faseroptisch gesteuerte FPV-Drohnen ein. Sie sind kaum zu stören, solange das Kabel intakt bleibt — ein Albtraum für Infanterie. Laut „Achilles“ werde Russland dabei im Verhältnis 9:1 von China mit Schlüsselkomponenten versorgt. Die Ukraine holt auf, braucht aber Monate bis zur Parität.

CES, Las Vegas: Ukrainische „Vampire“-Drohne im Rampenlicht.APA/AFP/Patrick T. Fallon

Massenproduktion & KI: Der nächste Sprung

Beide Seiten bauen millionenfach FPV-Drohnen. Experten wie David Petraeus halten vier bis fünf Millionen Stück pro Jahr für die Ukraine für möglich. Nächster Gamechanger: KI-Guidance. Drohnen „locken“ Ziele und treffen auch ohne Steuersignal. Entwickler erwarten: Binnen eines Jahres werden 90 Prozent erfolgreicher Drohneneinsätze KI-beeinflusst sein.

Panzer nicht tot — aber blind

Panzerkolonnen werden oft zerstört, bevor sie die Front erreichen. Doch „Achilles“ differenziert: Panzer hätten „Gefechtskraft“ verloren, nicht Relevanz. Wenn UAVs des Gegners geblendet und Luftabwehr ausgeschaltet werden, können Bradleys & Co. wieder Durchbrüche ermöglichen.

Killhouse Academy: West Point trifft MIT

Die 3. Sturmbrigade trainiert Drohnenpiloten an Simulatoren und Parcours. Über 90 Prozent der Bodensysteme dienen noch der Logistik — Tendenz Richtung mehr Offensivkraft. Kreative Rettungen inklusive: Eine Bombendrohne brachte ein E-Bike an die Front, ein Verwundeter entkam auf zwei Rädern.

Artillerie bleibt der König

Trotz Hype: Bei Sturm, Regen oder Schnee fliegen Drohnen schlecht. „Wer erledigt den Job? Die Artillerie — bei jedem Wetter“, sagt „Achilles“. Vollautomatisierte Roboterkriege bleiben Science-Fiction. Entscheidend bleibt der Mensch.

Damit kompensiert die Ukraine Russlands Masse mit Robotik, Glasfaser-Steuerung und KI. Sie verschieben die Machtbalance Taktik für Taktik. Der Ukraine-Krieg ist damit zum Labor geworden – und zur Warnung an Europa: Ohne Drohnen- und Abwehrfähigkeiten von morgen verliert man die Schlacht von heute.