Diese Enthüllung ist für Kamala Harris mehr als peinlich und der Zeitpunkt kommt ungelegen: Rund drei Wochen vor den US-Wahlen deckt der Salzburger Wissenschaftler Stefan Weber auf, dass die Präsidentschafts-Kandidatin der Demokraten in ihrem ersten Buch gleich mehrere Passagen abgeschrieben hat.

Konkret geht es um mindestens 27 Stellen ihres 2009 erschienenen Buches “Smart on Crime”, wovon 24 laut Weber die Voraussetzungen für ein bösartiges Plagiat erfüllen. Joan O’C. Hamilton, die das Buch als Ghostwriterin mit Harris geschrieben hat, soll von der Enthüllung  überrascht und schockiert sein.

Im exxpress-Interview erklärt der bekannte Plagiatsjäger jetzt, wie er den Frauen auf die Schliche gekommen ist.

Im Jahr 2009 veröffentlichte Kamala Harris ihr erstes Buch "Smart on Crime"hfz/hfz

Herr Weber, haben Sie damit gerechnet, dass ihr jüngste Enthüllung derart für Aufmerksam sorgt – auch international?

“Wir befinden uns medial gerade in einer höchstproblematischen Arena, weil linke Medien einen Plagiatsvorwurf gegen linke Politiker direkt kleinreden – und man sieht es jetzt mal wieder perfekt am Beispiel von Kamala Harris. Die Berichterstattung der “New York Times” ist hochgradig manipulativ, denn es werden selektiv Dinge herausgepickt. Ein Beispiel: Ich habe meinen Plagiatsbericht 27 Fragmente online veröffentlicht, weil ich immer zu einhundert Prozent transparent arbeite. Und die “New York Times” zerlegt fünf Fragmente, die sie ausgewählt haben. Das ist hochgradig manipulativ gegenüber dem Leser. Wir haben seit 100 Jahren die Norm, das wir wörtlich Übernommenes in Anführungszeichen setzen. Das gilt nicht nur in der Wissenschaft.

Wie hat sich ihr Leben jetzt verändert seit der Enthüllung?

“Ich habe gerade viele Interview-Anfragen. Die ‘The Times’ wird heute mit mir sprechen, ich gebe am Nachmittag einige Zoom-Interviews für amerikanische Fernsehsender. Ein Längeres hab ich gestern schon gegeben. Ich hatte bislang ja immer nur deutschsprachige Fälle. Das ist jetzt mein erster internationaler Fall.

Das führt mich direkt zu meiner nächsten Frage: Wie sind Sie denn darauf gekommen, das Buch von Kamala Harris zu überprüfen?

“Das ist eine sehr gute Frage, weil jetzt natürlich alle glauben, dass mich irgendeine Trump-Foundation finanziert hätte. Ich sag ganz ehrlich: Schön wär’s. Jetzt nicht in Bezug auf Trump, sondern in Bezug auf mein Bankkonto. Zur Not kann ich es ohnehin beweisen, dass ich es unbezahlt gemacht habe. Tatsächlich war es so: Ich habe einen Spezialisten in meinem Team, der sich auf die Überprüfung von Sachbüchern spezialisiert hat und er hat mir schon vor einigen Wochen geschrieben hat, dass es doch mal interessant wäre, Harris zu überprüfen. Ich habe also ihre drei Bücher bestellt und dann den üblichen Prozess mit der Digitalisierung und der Plagiatssoftware durchgeführt. Aber die kleinteilige Ausarbeitung hat dann mein Mitarbeiter übernommen, der anonym bleiben möchte.”

Plagiatsjäger Stefan Weber deckte bereits mehrere prominente Fälle aufplagiatsgutachten.com/plagiatsgutachten.com

Wie lange hat der ganze Prozess dann insgesamt gedauert? Weil natürlich sorgt das jetzt für Gesprächsstoff, dass das Ergebnis so kurz vor den US-Wahlen publik geworden ist.

“Wir mussten schnell arbeiten, deswegen sind im Bericht auch noch kleinere Tippfehler. Aber wir haben trotz der Eile mit dem Vier-Augen-Prinzip gearbeitet und haben uns gestern noch mal rückversichert, dass der Bericht valide ist. Das Einzige, worüber man diskutieren kann, sind diese drei von 27 Stellen, die das Eigenplagiat betreffen. Aber selbst dann bleiben immer noch genug Stellen übrig, so dass man sagen kann: In diesem Buch wurde nicht korrekt zitiert.”

Weber prüft jetzt noch weitere Harris-Bücher

Glauben Sie, dass Ihre Aufdeckungen jetzt in Amerika solche Wellen schlagen werden wie bei uns?

“Ich kann es nicht vorhersagen. Aktuell wird es sehr gut in vielen Medien berichtet. Die Frage ist bei solchen Plagiatsfällen immer die gleiche: Ist es kumulativ oder nicht? Bei Annalena Baerbock hat es damals mit fünf Stellen in ihrem Buch angefangen. Aber je mehr Plagiatsstellen ich dann gefunden habe, desto leiser wurden die Stimmen bei den Grünen, die mich deswegen klagen wollten. Wir bleiben bei Harris jetzt dran und werden schauen, was wir in den kommenden Tagen und Wochen noch finden werden.

Als nächstes werden wir uns ihr Buch ‘The Truth We Hold’ anschauen und dann werden wir sehen, ob das eine Methode ist. Wichtig ist ja, dass sie ihr Erstlingswerk zusammen mit der Autorin Joan O’C. Hamilton geschrieben hat, wonach Harris nur geredet hat und die Autorin das aufgenommen und verschriftlicht hat. Wenn das stimmt, hätte ja die Hamilton plagiiert für die Harris. Und das ist für die Frau Harris genauso peinlich.

Das ganze Konstrukt mit einem Ghostwriter für ein Sachbuch ist ja ohnehin ein Bluff. Und dann tauchen auch noch die Textbausteine aus dem Buch in einem Interview auf. Ich will ehrlich gesagt schon, dass wenn ein Politiker interviewt wird, er die Fragen selber beantwortet. Zusammengefasst: Dieses Buch enthält 27 Plagiatsfragmente, davon 24, die bösartige Plagiate sind, auch länger Passagen, wie in meiner Dokumentation dargestellt. Und auch das Ghostwriting-Modell wurmt mich, weil das ist nicht seriös.

Weitere Verdachtsfälle sind "möglich"

Nur zur Einordnung: Wer hat jetzt mehr plagiiert – Baerbock oder Harris?

“Bei der Baerbock sind es in dem Buch ‘Jetzt’ mehr als 100 Passagen, aber teilweise kurze. Bei Kamala Harris sind es zwar weniger Plagiate, dafür aber längere Passagen. Wir wissen aktuell aber noch nicht, ob es nicht sogar noch weitere Verdachtsfälle in dem Buch gibt, von Quellen, die wir einfach aus Zeitgründen noch nicht gefunden haben, denn natürlich wollten wir vor den Wahlen fertig werden.”

Zur Person: Stefan Weber ist ein österreichischer Plagiatsprüfer und Medienwissenschaftler, der sich auf die Überprüfung wissenschaftlicher Arbeiten auf Plagiate spezialisiert hat. Er ist vor allem dadurch bekannt geworden, dass er zahlreiche prominente Fälle von Plagiaten aufgedeckt hat, darunter Dissertationen und akademische Arbeiten von Politikern und öffentlichen Personen.