Strache: „Wer an der Wahlurne nicht besiegt werden kann, wird kriminalisiert“
Offene Worte: Der ehemalige FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache schildert in exxpress live seine persönlichen Erfahrungen mit der Justiz im Zuge seiner Verfahren.
Der Kronzeugenstatus von Thomas Schmid sorgte am Montag auch in exxpress live für Diskussionen. Der frühere Generalsekretär im Finanzministerium hat durch seinen Status nun Strafmilderung erhalten. Seine Aussagen wurden jedoch immer wieder von ihm ‚berichtigt’ und abgeschwächt; es wird Schmid vorgeworfen, möglicherweise mit falschen Behauptungen andere zu belasten, um sich sich selbst vom Beschuldigtenstatus freizukaufen.
„Es gibt sehr weiche Kriterien beim Kronzeugenstatus. Die Staatsanwaltschaft hat ein großes Ermessen, wem sie diesen Status zuerkennt. Das muss freiwillig und rechtzeitig passieren – aber was heißt ‚rechtzeitig‘? Zwei Jahre sind definitiv zu lang“, kritisiert exxpress-Herausgeberin Eva Schütz.
Frist für Ermittlungsverfahren gefordert
Für Studiogast Heinz-Christian Strache ein massives Problem im österreichischen Justizsystem: „Wir haben einen Mechanismus, wo man jahrelang ermitteln kann. Alleine schon diese Ermittlungen machen einen Menschen fertig“, so der ehemalige Vize-Kanzler und fordert eine Frist für Ermittlungsverfahren: „Nach drei Jahren muss entweder eine Anklage oder eine Einstellung erfolgen. Alles andere schadet Betroffenen nachhaltig. Ich bin ja nur ein Beispiel, das man in der Öffentlichkeit kennt. Dahinter stehen ja Tausende andere, die so etwas erleben.“
Er kenne zahlreiche Unternehmer, die aufgrund langwieriger Ermittlungen in Konkurs gegangen seien, obwohl sich die Vorwürfe später als unbegründet herausgestellt hätten. „Ich habe viele Unternehmer getroffen, gegen die zehn Jahre ermittelt wurde. Am Ende waren sie unschuldig und im Konkurs.”
„Anwaltskosten sind enorm"
„Ich habe viele Jahre lang Verfahren ertragen müssen. Selbst bei rechtskräftigen Freisprüchen bleibt man angepatzt. Die anwaltlichen Kosten sind enorm und es gibt keinen fairen Ersatz. Das derzeitige System lässt Beschuldigte allein im Regen stehen“, so Strache offen über seine eigenen Verfahren. „Eine Stunde kostet bei einem Anwalt 250 bis 350 Euro. Wenn Sie jetzt jahrelange Verfahren erleben, da können Sie sich ausrechnen, dass das nicht mit 1000 bis 7000 Euro an anwaltlichen Kosten verbunden ist, sondern da haben Sie pro Verfahren mit mindestens 100.000 Euro zu rechnen.“
Verteidigung sei in Österreich „ein Privatvergnügen”. „Wenn der Staat gegen dich vorgeht und dich mit Ermittlungsverfahren verfolgt, dann ist es dein Privatvergnügen, dich zu verteidigen und du kannst das nicht einmal steuerlich absetzen.“
Ein massives Problem sei laut Strache auch, dass selbst bei nachweislich falschen Aussagen von Zeugen oft keine angemessenen Konsequenzen folgen: „Ich habe erlebte, wie ehemalige Weggefährten falsche Aussagen machten, um von sich abzulenken und mich zu belasten. Selbst als dies bewiesen werden konnte, kamen sie mit Diversionen davon. Da wundert man sich.“
Strache sprach sich bei exxpress live außerdem für die Wiedereinführung des Untersuchungsrichters aus: „Die Abschaffung des Untersuchungsrichters war ein Fehler. Ein unabhängiger Richter könnte die Ermittlungen objektiv leiten, ohne sich primär auf die Rolle des Anklägers zu fokussieren.“ Die Forderung nach mehr Ressourcen für die Justiz, insbesondere für die Staatsanwaltschaft, sieht Strache jedoch kritisch: „Es kommt darauf an, wofür die Ressourcen verwendet werden. Wenn sie nur dazu dienen, anonyme Anzeigen zu verfolgen und Verfahren künstlich in die Länge zu ziehen, verschlimmert sich die Situation nur.“
Anonyme Anzeigen gehören allerdings mittlerweile zur politischen Kultur. „In der politischen Auseinandersetzung kämpft man nicht mehr mit politischen Inhalten gegeneinander. Es geht nicht mehr um ‚Wer hat die besseren Ideen? Wer kriegt die größere Unterstützung durch die Bevölkerung?’ Nein, es geht gezielt mit anonymen Anzeigen um die Kriminalisierung des politischen Andersdenkenden”, analysiert der ehemalige FPÖ-Vize-Kanzler und wird deutlich: „Das ist sozusagen methodisch, das ist heute ein Mittel in der Auseinandersetzung. Man versucht, den Andersdenkenden, den man an der Wahlurne nicht bekämpfen kann, dann mit anonymen Anzeigen zu kriminalisieren, in der Hoffnung, es wird schon was picken bleiben. Man muss versuchen, das endlich wieder abzustellen.“
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