Streit um Verbot von Kinderehen: ÖVP und Grüne immer noch nicht einig
Maßnahmen gegen Zwangsehen in Österreich sind weiter ausständig. Stattdessen hat das Verbot von Kinderehen bei der schwarz-grünen Regierung einen erneuten Koalitionskrach entfacht (eXXpress berichtete). Die ÖVP verstärkt ihre Angriffe gegen die Grünen und bringt einen eigenen Gesetzesantrag für ein Verbot von Eheschließungen unter 18 Jahren ein.
Obwohl sich ÖVP und Grüne im Regierungsprogramm eigentlich Maßnahmen gegen Zwangsehen vorgenommen hatten, etwa die Erhöhung des Ehealters auf 18 Jahre und ein Verbot der Heirat von Cousins und Cousinen – umgesetzt wurde das bisher allerdings nicht. Eineinhalb Monate vor der Nationalratswahl drängt die ÖVP nun auf mehr Schutz vor Zwangsehen und übermittelte dem Koalitionspartner einen Entwurf. Die Grünen hätten gern ein größeres Paket und warfen wiederum der ÖVP Blockade vor. Eines steht fest: Die schwarz-grüne Regierung hat in den vergangenen Jahren versäumt, aktiv gegen das Problem vorzugehen, das sich in Europa seit der Einwanderungswelle nachweislich verschärft hat. Bis zur anstehenden Nationalratswahl bleibt nur mehr eine NR-Sitzung – und eine Einigung gibt es weiterhin nicht.
100 Zwangsehen in Österreich jährlich
Laut internationalen Studien sind mindestens 22 Millionen Menschen weltweit von Zwangsverheiratung betroffen – auch in Österreich ist Zwangsheirat längst kein Einzelfall mehr und betreffe häufig Minderjährige, die bereits in zweiter oder dritter Generation in Österreich leben. Eine aktuelle Studie der Caritas und der NGO “Orient-Express” werden in Österreich werden im Jahr mindestens 100 bestätigte Fälle gemeldet (eXXpress berichtete). Die Dunkelziffer dürfte jedoch deutlich höher sein. Wer beispielsweise ohne standesamtliche Trauung nach muslimischen, jüdischen oder christlichen Recht heiratet, bleibt also unter dem Radar.
Grüne lehnen ÖVP Vorschlag ab
“Wir müssen sicherstellen, dass Minderjährige nicht in eine Heirat gedrängt werden. Deswegen soll das Ehealter in Österreich gänzlich auf 18 Jahre angehoben werden”, forderten ÖVP-Menschenrechtssprecherin Gudrun Kugler und ÖVP-Familiensprecher Norbert Sieber am Donnerstag in einer Aussendung. Man habe den Grünen einen entsprechenden Initiativantrag übermittelt. Eine Ehe unter 18 ist in Österreich zwar prinzipiell verboten, allerdings mit der Ausnahme, wenn ein Gericht 16- oder 17-Jährige für ehemündig erklärt.
Seitens der Grünen hieß es am Donnerstag zur APA, dass man der ÖVP bereits konkrete Vorschläge zur Ehe ab 18 übermittelt habe, die aber abgelehnt worden seien. “Von Seiten des Koalitionspartners kamen bedauerlicherweise nur fachlich unbrauchbare Vorschläge, die eklatante Lücken und Mängel aufgewiesen haben”, meinte die Grüne Familiensprecherin Barbara Neßler. “Für diese Art von Showpolitik sind wir nicht zu haben.” Verbesserungen hätte man auch gerne bei der Unterhaltsgarantie und der umfassenden Reform und Modernisierung des Kindschaftsrechts umgesetzt, aber auch hier habe Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) “vor allem durch ihre Blockadehaltung geglänzt und keinen spürbaren Willen gezeigt, echte Verbesserungen im Sinne der Kinder umzusetzen”.
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