„Strenge, harte Asylpolitik“: Karner lobt deutsche Abschiebung von Afghanen
Tschüs Deutschland, hallo Afghanistan: Die Friedrich-Merz-Regierung hat heute 81 Afghanen abgeschoben. Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) begrüßt den Schritt.
Ab nach Afghanistan: Am Freitag um 7:00 Uhr startete von Leipzig ein Abschiebeflug mit 81 Afghanen.IMAGO/IMAGO / EHL Media
Zum zweiten Mal seit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 schiebt Deutschland afghanische Staatsangehörige in ihr Herkunftsland ab. Ein Flugzeug mit 81 Menschen an Bord startete am Freitag von Leipzig aus, bestätigte eine Sprecherin von Innenminister Alexander Dobrindt (CSU). Es handle sich um vollziehbare Ausreisepflichtige, die strafrechtlich in Erscheinung getreten seien.
Nach Angaben eines dpa-Fotografen waren Passagiere mit mehreren Bussen zu einer Maschine der Qatar-Airways gebracht worden. Kurz vor 7.00 Uhr in der Früh stiegen die ersten ein, mindestens einer davon trug demnach eine Fußfessel.
Der erste Abschiebeflug seit Antritt der schwarz-roten Regierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) startete unmittelbar vor Beginn eines Treffens von Dobrindt und mehreren EU-Kollegen – darunter Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) – auf der Zugspitze, bei dem es um eine Verschärfung der EU-Asylpolitik gehen soll.
Nach Gewalttaten in Mannheim und Solingen hatte die Ampel-Regierung im vergangenen Sommer angekündigt, Abschiebungen auch nach Afghanistan wieder möglich zu machen.
Katar als Vermittler
Am 30. August waren dann mit Hilfe des Golfemirats Katar 28 männliche afghanische Straftäter ebenfalls von Leipzig aus in ihr Herkunftsland zurückgebracht worden. Katar hatte bereits in der Vergangenheit zwischen dem Westen und den Taliban vermittelt. Der damalige deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte an, es werde weitere solcher Flüge geben. Es blieb bei dem einen.
Nach der Neuwahl in diesem Jahr und wenige Wochen vor dem Antritt der neuen Regierung versprach der heutige Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) bei Bild auf Nachfrage regelmäßige Abschiebeflüge nach Afghanistan und Syrien. Darauf könnten sich die Deutschen verlassen. Das werde man „dauerhaft und in wesentlich größeren Bereichen auch hinbekommen”.
Durchführung gestaltet sich schwierig
Doch die Durchführung gestaltet sich bis heute schwierig: Deutschland unterhält zu den islamistischen Taliban in Kabul keine diplomatischen Beziehungen. Die Gruppe ist insbesondere wegen ihrer Missachtung von Menschen- und vor allem Frauenrechten international isoliert. Man erkenne das Regime nicht als rechtmäßige Regierung an, Deutschland habe nur auf technischer Ebene über ein Verbindungsbüro in Katar Kontakt zu den dortigen Machthabern, hatte der deutsche Außenminister Johann Wadephul (CDU) kürzlich gesagt. „Das war es, und das ist es.”
Innenminister Dobrindt strebt an, das zu ändern. Er hatte dem Focus Anfang des Monats gesagt: „Mir schwebt vor, dass wir direkt mit Afghanistan Vereinbarungen treffen, um Rückführungen zu ermöglichen. Nach wie vor braucht es Dritte, um Gespräche mit Afghanistan zu führen. Eine Dauerlösung darf das so nicht bleiben.”
Karner begrüßt Pläne
Österreichs Innenminister Karner begrüßte Anfang Juli die deutschen Pläne, die Abschiebungen nach Afghanistan wieder aufzunehmen. „Das klare Bekenntnis des deutschen Innenministers zu Abschiebungen nach Afghanistan ist ein weiterer Schritt für eine strenge, harte und gerechte Asylpolitik in Europa. Österreich und Deutschland ziehen hierbei an einem gemeinsamen Strang”, betonte er damals. Er forderte außerdem, Abschiebungen nach Afghanistan auch auf EU-Ebene wieder möglich zu machen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) habe bereits Ende 2024 als erste Behörde aus einem westeuropäischen Land bei einer Reise nach Afghanistan unmittelbar Kontakt zu den dortigen Behörden aufgenommen, so Karner.
Kritik von UNHCR und NGO
Die Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen der Vereinten Nationen lehnen die Pläne ab. Die Bedingungen vor Ort seien noch nicht für Rückführungen geeignet, sagte Arafat Jamal, der Vertreter des Flüchtlingshochkommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) in Kabul damals in Reaktion auf Dobrindts Aussagen. Die Sprecherin des UNO-Menschenrechtsbüros, Ravina Shamdasani, wies auf laufende Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan hin, wie etwa Hinrichtungen oder die Unterdrückung von Frauen.
Pro Asyl kritisierte den neuen Abschiebeflug scharf als eklatanten Rechtsverstoß. Die Taliban herrschten mit brutaler Gewalt wie Auspeitschungen und Hinrichtungen für Verstöße gegen ihre Sittenregeln, sagte Wiebke Judith als rechtspolitische Sprecherin der Flüchtlingshilfsorganisation. Zudem sei auch die humanitäre Situation in dem Land katastrophal. „Die Europäische Menschenrechtskonvention verbietet Abschiebungen, wenn Folter oder unmenschliche Behandlung drohen. Das ist in Afghanistan der Fall.”
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