Terror-Experte: Österreich ist im Visier von Dschihadisten
Österreich ist vergleichsweise häufig das Ziel islamistischer Anschlagspläne. Diese alarmierende Bilanz zieht jetzt Islamismus-Experte Peter R. Neumann. Tatwaffe ist dabei immer öfter ein Messer.
Ein Jahr nach dem islamistischen Pogrom der Hamas am 7. Oktober 2023 steht auch Europa vor einer Welle des Terrors, analysiert der Terrorismusexperte und Politologe Peter R. Neumann in seinem Blog, wie das Nachrichtenportal “Nius” aktuell berichtet.
In den vergangenen zwölf Monaten hat sich die Zahl der geplanten und durchgeführten Anschläge im Vergleich zu 2022 mehr als verfünffacht. Neumanns Einschätzung: “Nach einer Phase relativer Ruhe stellt der Dschihadismus jetzt wieder die größte Terrorismus-Bedrohung für Europa dar. Um eine weitere Eskalation zu verhindern, müssen Politik und Sicherheitsbehörden die Bekämpfung dieser Terrorgefahr sofort zur obersten Priorität machen.”
Österreich weist überproportional viele dschihadistische Aktivitäten im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße auf
Die Zahl der dschihadistischen Anschläge und Anschlagsplanungen in Europa ist in den letzten zwölf Monaten stark gestiegen. Während Europol im Jahr 2022 nur zwei durchgeführte und vier versuchte Anschläge zählte, hat sich die dschihadistische Aktivität seit dem 7. Oktober 2023 mehr als verfünffacht. Insgesamt konnten elf Anschläge verübt werden, während 25 weitere rechtzeitig von Polizei und Sicherheitsbehörden verhindert wurden. Dies zeigt, dass die Sicherheitskräfte zwar keine absolute Sicherheit garantieren können, jedoch eine hohe Erfolgsquote bei der Verhinderung solcher Taten haben.
Besonders alarmierend ist, dass mehr als ein Drittel der Anschläge und Planungen (36 Prozent) auf jüdische Einrichtungen, Israel oder Juden abzielten. Angesichts der ideologischen Ausrichtung dschihadistischer Gruppen ist dies zwar keine Überraschung, verdeutlicht jedoch erneut, dass jüdisches Leben in Europa besonderen Schutz benötigt.
Deutschland ist von der aktuellen Terrorwelle besonders stark betroffen. Mit 13 Anschlägen und Anschlagsplanungen entfallen 36 Prozent der Vorfälle auf das Land, obwohl es nur 21 Prozent der westeuropäischen Bevölkerung stellt. Auch Österreich und die Schweiz weisen überproportional viele dschihadistische Aktivitäten im Verhältnis zu ihrer Bevölkerungsgröße auf.
Trotz der gestiegenen Zahl an Anschlägen sind die Todesopfer bisher relativ gering. In den elf verübten Anschlägen starben insgesamt neun Menschen, wobei der verheerendste Angriff in Solingen drei Todesopfer forderte. Dies könnte darauf hindeuten, dass größere Anschläge, wie sie in vergangenen Terrorwellen auftraten, erst in den kommenden Jahren zu erwarten sind.
Auffällig ist, dass zehn der elf Anschläge mit Messern verübt wurden. Bis auf einen Angriff auf das israelische Generalkonsulat in München, bei dem eine Langwaffe eingesetzt wurde, kamen keine Schusswaffen, Sprengsätze oder Fahrzeuge – wie etwa bei früheren Anschlägen in Nizza oder Berlin – zum Einsatz. Messer scheinen derzeit die bevorzugte Waffe dschihadistischer Täter zu sein.
Weiter erklärt Neumann: Der Dschihadismus stelle erneut die größte Terrorbedrohung in Europa dar, weshalb Politiker und Sicherheitsbehörden den Kampf dagegen priorisieren müssen. Besonders gefährdet seien dabei junge Menschen, die sich online radikalisieren. Präventionsmaßnahmen sowie Frühwarnsysteme sollten verstärkt auf diese Zielgruppe ausgerichtet sein. In Deutschland zeige sich zudem eine besondere Verbindung zwischen dem Asyl- und Fluchtbereich und dem Dschihadismus, da ein Großteil der in den letzten Jahren verhafteten Terroristen Asylbewerber oder Flüchtlinge waren. Dies erfordert strengere und besser regulierte Asylverfahren. Jüdische Bürgerinnen und Bürger in Europa sind besonders gefährdet und bedürfen verstärkten Schutzes, um die pluralistischen Werte Europas zu bewahren. Schließlich ist es wichtig, schnell zu handeln, da terroristische Wellen in der Regel nach wenigen Jahren ihren Höhepunkt erreichen – es besteht also noch die Möglichkeit, Schlimmeres zu verhindern.
Mehr zu diesen Entwicklungen im Bereich des dschihadistischen Terrorismus gibt es in Neumanns neuen Buch “Die Rückkehr des Terrors”, welches vor wenigen Wochen bei Rowohlt Berlin erschienen ist.
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