In den vergangenen zwei Jahren ist ein Bild von UNRWA ans Licht gekommen, das jedem Steuerzahler den Magen umdrehen dürfte: Lehrer der UNO-Hilfsorganisation, die am 7. Oktober gemeinsam mit Hamas-Kommandos nach Israel eindrangen und am Telefon damit prahlten, „eine Geisel gefangen“ zu haben; mehrere Hundert UNRWA-Bedienstete, die laut israelischen Unterlagen als Mitglieder von Hamas oder Islamischem Dschihad geführt werden; ein hochmodernes Hamas-Kommandozentrum samt Serverfarm in einem Tunnel direkt unter dem UNRWA-Hauptquartier in Gaza, gespeist über Stromkabel aus dem UN-Gebäude; Waffenlager in Klassenräumen von UNRWA-Schulen, aus denen auf israelische Soldaten geschossen wurde; Tunnelschächte in Schulhöfen, unter denen die Leichen entführter Israelis gefunden wurden; sowie Gewerkschaftsführer und Schulleiter, die sich später als Hamas-Kommandeure entpuppten.

Österreich zahlt – wo andere bremsen

Während immer mehr Staaten angesichts dieses Sumpfs die Notbremse ziehen, hält Österreich unbeirrt Kurs: Ungarn stimmte in der UNO-Generalversammlung erstmals gegen die Verlängerung des UNRWA-Mandats, Deutschland, Tschechien, Italien, Bulgarien und Lettland enthielten sich – doch Wien votierte weiter brav mit „Ja“, als wäre nichts geschehen.

Netanjahu bei Orban: Ungarn hat sich gegen eine Verlängerung des Mandats von UNRWA ausgesprochen.APA/AFP/Attila KISBENEDEK

Wer in der UNO mit Nein zur Mandatsverlängerung von UNRWA stimmt, erklärt öffentlich, dass er dieser Organisation nicht mehr vertraut. Es ist die Ansage, UNRWA nur noch auf Bewährung zu dulden – mit der realen Option, in der Budgetpolitik den Geldhahn zuzudrehen. Ausgerechnet Österreich, das sich selbst gern als verlässlichen Partner Israels sieht, stärkt der umstrittenen Organisation weiterhin den Rücken – und stellt zusätzliche Zahlungen auf Kosten der Steuerzahler in Aussicht.

Außenministerium: „Robuste Neutralität“ – alles im Griff?

Auf Anfrage des exxpress verteidigt das Außenministerium die österreichische Linie: Man habe – wie die überwiegende Mehrheit der EU-Staaten und „genauso wie in den vergangenen fünf Jahren“ – für die UNO-Resolution gestimmt, mit der das UNRWA-Mandat verlängert wurde. UNRWA erfülle eine „zentrale Rolle“ bei der humanitären Hilfe und übernehme quasi-staatliche Aufgaben im Gesundheits- und Bildungsbereich für palästinensische Flüchtlinge, die „von keiner anderen UN-Organisation in dieser Art und Weise erbracht werden können“.

Die Probleme seien untersucht und unter Kontrolle. Österreich habe seine Zusammenarbeit an bessere Sicherheitsprüfungen beim Personal sowie an eine Stärkung der internen Untersuchungsstelle geknüpft; die Empfehlungen der sogenannten Colonna-Kommission – einer von UN-Generalsekretär Guterres eingesetzten Prüfgruppe – seien „konsequent umgesetzt“ worden.

Milliardenapparat – und Österreich als wichtiger Geldgeber

UNRWA ist kein kleiner Hilfsverein, sondern ein Milliardenapparat: Seit Jahren bewegt die Organisation rund 1,2 bis 1,5 Milliarden US-Dollar pro Jahr, 2023 waren es laut UNO etwa 1,46 Milliarden.

Auch Österreich zahlt kräftig mit: Allein in den Jahren 2016 bis 2024 flossen laut UNRWA mindestens 37 Millionen Euro aus Wien an die Behörde, seit 2007 summiert sich der österreichische Beitrag auf deutlich über 50 Millionen Euro. In den vergangenen zwei Jahren waren es 7,8 Millionen Euro (2023: 4,4 Millionen.; 2024: 3,4 Millionen). Für den laufenden Dreijahreszeitraum 2023–2025 hat die Bundesregierung bereits mehr als 15 Millionen Euro fix zugesagt – inklusive eines eigenen 9-Millionen-Vertrags für das Gesundheitsprogramm in Gaza und der Westbank. Und wenn der aktuelle Kurs beibehalten wird, kommen im neuen Mandatszeitraum bis 2030 noch einmal grob 20 bis 30 Millionen Euro an österreichischem Steuergeld hinzu.

UNRWA-Generalkommissar Lazzarini verteidigt die umstrittene Rolle der Organisation.APA/AFP/Fabrice COFFRINI

Israels Funde: Waffen, Tunnel, Terror-Zahlen

Dem Bild des Außenministeriums von „robusten Neutralitätsmechanismen“ und „konsequent umgesetzten Reformen“ steht eine lange Reihe konkreter Beweise entgegen. Schon im Februar 2024 fand die israelische Armee im UNRWA-Hauptquartier in Gaza nicht nur Waffen – Gewehre, Munition, Sprengsätze –, sondern auch Büros von UNRWA-Mitarbeitern, die nachweislich von Hamas-Terroristen mitbenutzt worden waren. Dokumente und Ausrüstung in diesen Räumen konnten direkt der Hamas zugeordnet werden.

Noch schwerer wiegen die personellen Enthüllungen: Laut israelischen Ermittlungen nahmen mehrere UNRWA-Mitarbeiter aktiv am Massaker vom 7. Oktober teil. Abgehörte Telefonate zeigen UNRWA-Lehrer, die sich während des Angriffs damit brüsteten, israelische Geiseln gefangen zu haben. Videoaufnahmen dokumentieren Hamas-Kämpfer beim Abtransport einer Leiche – beide standen auf der Gehaltsliste der UNRWA.

Nach Angaben israelischer Geheimdienste handelt es sich dabei nicht um Einzelfälle. Mehr als 450 aktive Mitglieder terroristischer Organisationen, vor allem der Hamas, waren demnach zugleich als UNRWA-Mitarbeiter in Gaza beschäftigt. Insgesamt identifizierten israelische Stellen 1.468 UNRWA-Bedienstete als Angehörige von Hamas oder Palästinensischem Islamischen Dschihad – darunter Kämpfer der militärischen Einheiten beider Terrorgruppen. Ein von Israel sichergestelltes internes Hamas-Dokument bezeichnet UNRWA sogar als „essenziellen Trumpf“, um die eigene Herrschaft in Gaza abzusichern.

„Keine Schule, keine Moschee, keine Kindergarten ohne Waffen“

Auch die militärische Nutzung von UNRWA-Einrichtungen ist vielfach dokumentiert. Bereits im Dezember 2023 gerieten israelische Truppen in Gaza unter Beschuss aus einem UNRWA-Schulgebäude; in den Klassenzimmern fanden sie anschließend Sturmgewehre, Handgranaten und Munition. Immer wieder stieß die IDF auf Tunnelschächte direkt auf oder neben UNRWA-Gelände, die in das Hamas-Tunnelsystem führten. Ein israelischer Brigadekommandeur sagte im Januar 2024: „Es gibt keinen UNRWA-Standort – keine Schule, keine Moschee, keinen Kindergarten –, an dem wir nicht Waffen gefunden hätten.“

Die Radikalisierung beginnt in Gaza schon lange vor dem Erwachsenenalter, warnen Beobachter.GETTYIMAGES/Getty Images

Der spektakulärste Fund folgte am 8. Februar 2024: Direkt unter dem UNRWA-Hauptquartier in Gaza entdeckte die IDF ein hochmodernes Hamas-Kommandounterzentrum mit Serverräumen, Klimaanlagen, Schlafräumen und Aufzügen – versorgt mit Strom aus dem UNRWA-Gebäude darüber. Der Zugang verlief unter einer nahegelegenen UNRWA-Schule. Auch im Hauptquartier selbst fanden Soldaten erneut Waffen sowie Unterlagen, die eindeutig der Hamas zugeordnet wurden.

Vor diesem Hintergrund klingen die Beteuerungen von „funktionierender Neutralität“ und „abgeschlossenen Untersuchungen“ hohl. Die israelischen Funde zeichnen das Bild systematischer Unterwanderung und Zweckentfremdung – nicht von Einzelfällen, sondern von Strukturen.

UNRWA-Zentrale in Gaza: geschlossen – politisch höchst umstritten.APA/AFP/Bashar TALEB

„Zur Religion geworden“ – Kritik von Israel

Im vergangenen September kritisierte Israels Botschafter David Roet auf exxpressTV unmissverständlich: Das Hilfswerk UNRWA sei bei der UNO „zur Religion geworden, nicht zu einer Hilfsorganisation“. Seit dem 7. Oktober 2023 sei klar, dass Hamas tief in der UNRWA verankert sei. „Ich habe persönlich die Beweise an die Vereinten Nationen weitergegeben – und sie wurden ignoriert. Die UNO hat nichts unternommen.“

UN Watch: UNRWA als „Kaderschmiede“

Eine systematische Auswertung der Genfer NGO UN Watch ergab: In Gaza ist UNRWA strukturell von Hamas durchdrungen und faktisch nicht mehr als neutrale Hilfsorganisation funktionsfähig. Interne Mitgliederabgleiche, gestützt auf erbeutete Hamas-Listen, zeigen demnach, dass rund zehn bis zwölf Prozent der UNRWA-Belegschaft im Gazastreifen zugleich Mitglieder der Terrororganisationen Hamas oder Palästinensischer Islamischer Dschihad sind.

Jährlich fließen rund 1,4 Milliarden Euro an UNRWA – offiziell nur für humanitäre Zwecke.APA/AFP/BASHAR TALEB

Besonders brisant: UN Watch dokumentiert, dass Dutzende identifizierte Hamas-Mitglieder in Schlüsselpositionen arbeiteten – als Schulleiter, Lehrer oder Funktionäre der UNRWA-Gewerkschaft. Israel übermittelte der UNRWA-Führung bereits früh Namenslisten von rund 100 mutmaßlich aktiven Terroristen im Dienst der Organisation. Dennoch blieben viele von ihnen weiterhin beschäftigt. Eine Analyse aus dem Jahr 2024 identifizierte allein 24 leitende UNRWA-Pädagogen, die offiziell Terrororganisationen angehörten – teils mit nachgewiesenem Waffenbesitz.

Systematische Diebstahl von UNRWA-Hilfsgütern

Hinzu kommen dokumentierte Fälle, in denen UNRWA-Einrichtungen laufend Teil der Hamas-Kriegsführung wurden: Schulen als operative Kommandozentren, Kliniken als Waffenlager, Schulhöfe als Tunnelzugänge und Logistikdepots, die laut Videoaufnahmen für bewaffnete Hamas-Kämpfer frei zugänglich waren. Auch der systematische Diebstahl von UNRWA-Hilfsgütern – Treibstoff, Lebensmittel, Baumaterial – ist mehrfach belegt, teils durch abgehörte Aussagen von Einwohnern Gazas selbst.

UNRWA leitet Spitäler und Schulen – aber wer hat hier wirklich das Sagen?APA/AFP/Omar AL-QATTAA

Ein besonders aufschlussreicher Fall ist jener von Fateh Sharif: Jahrelang Vorsitzender der UNRWA-Lehrergewerkschaft im Libanon – und zugleich hochrangiger Hamas-Führer. UNRWA beließ es trotz der bekannten Fakten bei einer Suspendierung. Erst ein israelischer Präzisionsschlag beendete seine Doppelrolle; Hamas bestätigte danach offiziell seine Führungsfunktion.

Das Vertrauen westlicher Geber in UNRWA als Bildungs- und Schutzinstitution steht damit auf tönernen Füßen.

Think-Tanks: Systemfehler im Kern der UNRWA

Auch jenseits von NGOs sehen sicherheitspolitische Think-Tanks das Problem mittlerweile als strukturell an. Die US-amerikanische Foundation for Defense of Democracies (FDD) spricht offen davon, dass die von der UNO eingeräumten Einzelfälle lediglich die Oberfläche berührten. Auf Basis israelischer Sicherheitsdokumente kommt FDD zu dem Schluss: Hunderte UNRWA-Beschäftigte waren direkt in bewaffnete Hamas-Aktivitäten verstrickt, Tausende weitere formell als Hamas-Mitglieder registriert oder über enge familiäre Bindungen in die Terrororganisation eingebunden. Die zentrale Diagnose lautet: Es handle sich nicht um Versagen an den Rändern, sondern um ein Systemproblem im Kern der Organisation.

Teile des Gazastreifens kontrolliert Hamas noch immer und richtet dort politische Gegner hin.X/Screenshot

Der German Marshall Fund und das Washington Institute betonen, dass Reformversprechen bei UNRWA ins Leere laufen, solange Hamas in Gaza die faktische Macht ausübt. Personalentscheidungen, Arbeitsabläufe und selbst interne Untersuchungen könnten unter diesen Bedingungen nicht unabhängig funktionieren. NGO Monitor dokumentiert darüber hinaus, wie Hamas über Genehmigungspflichten, Einschüchterung und gezielte Platzierung von Vertrauenspersonen einen ganzen Sektor humanitärer Organisationen kontrolliert – UNRWA als größter Akteur sei davon zwangsläufig betroffen.

Terror-Verherrlichung an Schulen

Ein weiterer zentraler Kritikpunkt betrifft die pädagogische Ebene. Bildungsanalysen von IMPACT-se und dem Washington Institute zeigen: Selbst nach formalen Reformzusagen werden weiterhin Inhalte vermittelt, die Terror legitimieren oder verherrlichen. Interne Korrekturversuche scheiterten regelmäßig am Widerstand der von Hamas dominierten Lehrergewerkschaft. Holocaust-Unterricht wurde verhindert, Disziplinarmaßnahmen rückgängig gemacht, kritische Manager abgezogen. Wer Neutralität einforderte, verlor seinen Posten.

Für viele Experten ist dies kein Randphänomen, sondern der Mechanismus, durch den sich Radikalisierung über Generationen fortsetzt.

Bereits in Schulbüchern werden „Märtyrer“ verherrlicht.APA/AFP/Omar AL-QATTAA

„Schools in the Grip of Terror“ – der wohl wichtigste Bericht

Besonders schwer wiegt der umfassende UN-Watch-Bericht „Schulen im Griff des Terrors“ („Schools in the Grip of Terror“) aus dem Herbst 2025. Auf mehr als 200 Seiten zeichnet er detailliert nach, wie Hamas über Jahre hinweg systematisch die Kontrolle über das UNRWA-Bildungssystem erlangte – vor allem in Gaza, aber auch im Libanon. Das zentrale Ergebnis: Führende Hamas-Kader besetzten offen Schlüsselfunktionen als Schulleiter, Gewerkschaftsbosse und Bildungsfunktionäre, ohne dass UNRWA wirksam einschritt. Neutralität existierte in den entscheidenden Strukturen nur auf dem Papier.

Der Bericht zeigt zudem, dass die formale internationale UNRWA-Führung kaum Einfluss auf den operativen Alltag hatte. Über 99 Prozent der rund 30.000 Mitarbeiter sind lokale Kräfte – und genau dort setzte Hamas an.

Die Schlussfolgerung ist eindeutig: UNRWA beschäftigte wissentlich Hamas-Kader im Bildungsbereich und institutionalisierte damit Extremismus. Schulen wurden zu ideologischen Transmissionsriemen, die langfristig Radikalisierung beförderten. Die Kontrolle lag faktisch bei der Terrororganisation.

USA auf Distanz – Europa zögert

Ein klarer, endgültiger Ausstieg aus der UNRWA-Finanzierung ist bisher nur in Washington wirklich fixiert. Die USA haben gesetzlich verankert, bis auf Weiteres kein Geld mehr zu überweisen – und unter Donald Trump wird dieser Kurs nicht nur fortgesetzt, sondern ausdrücklich als dauerhaft verstanden.

Donald Trump hat jeglichen Geldfluss an UNRWA gestoppt.APA/AFP/ANDREW CABALLERO-REYNOLDS

Bei europäischen Staaten ist die Lage deutlich offener. Ungarn und Tschechien haben politisch Distanz markiert und ihre Zahlungen zumindest ausgesetzt, ein endgültiger Schnitt wurde jedoch bislang nicht formell erklärt. Andere Länder haben gezögert, pausiert, geprüft – und anschließend weitergezahlt.

Derzeit ist Trump der einzige politische Faktor, bei dem ein dauerhafter Bruch mit UNRWA realistisch und belastbar erscheint. Ob Europa seinem Beispiel folgt oder zur alten Routine zurückkehrt, wird sich erst zeigen. Das dürfte weniger von Berichten abhängen als vom politischen Willen und von Mehrheiten.