Trump fordert: „Begnadigt Netanjahu – Verfahren ist politisch motiviert“
US-Präsident Donald Trump fordert in einem Brief an Israels Präsident Herzog die Begnadigung von Premier Netanjahu. Der Korruptionsprozess gegen „Bibi“ sei „politisch motiviert“ und ein Fall von „Lawfare“. In Jerusalem sorgt Trumps Vorstoß für neuen Zündstoff.
Trump (Bild) spricht von einer „ungerechtfertigten Strafverfolgung“GETTYIMAGES/Craig Hudson/Politico/Bloomberg
US-Präsident Donald Trump hat Israels Präsident Isaac Herzog in einem offiziellen Schreiben aufgefordert, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu von den Korruptionsvorwürfen zu entlasten. Das Büro des israelischen Staatsoberhaupts veröffentlichte den Brief am Dienstag in Jerusalem. Darin respektiert Trump zwar „die Unabhängigkeit der israelischen Justiz“, bezeichnet den Prozess gegen den Premier aber zugleich als „politisch motiviert und nicht gerechtfertigt“.
Lob für „Kriegs-Premier“
Trump hebt Netanjahu in seinem Schreiben als „beeindruckenden und entschlossenen Kriegs-Premierminister“ hervor, der Israel nun „in eine Zeit des Friedens“ führe. Seine Energie dürfe, so Trump, „nicht durch Gerichtsprozesse gebunden werden“. Der US-Präsident preist das jüngst von ihm vermittelte Waffenruheabkommen im Gazastreifen als historischen Schritt – es sichere, so wörtlich, „einen seit mindestens 3000 Jahren angestrebten Frieden“.
🚨🇺🇸🇮🇱President Trump sent a letter to Israeli President Herzog calling him to pardon Prime Minister Netanyahu pic.twitter.com/FDKs5rTiHq
— Barak Ravid (@BarakRavid) November 12, 2025
„Lawfare“ gegen Netanjahu
Deutlich wird Trump, als er das Verfahren als „politische, ungerechtfertigte Strafverfolgung“ bezeichnet und den Begriff „Lawfare“ verwendet – also den Vorwurf, dass das Rechtssystem missbraucht werde, um politische Gegner auszuschalten. Netanjahu habe über Jahre hinweg an seiner Seite gegen den „sehr harten Gegner Iran“ gekämpft. Gemeinsam habe man sich nach Trumps Amtsantritt darauf verständigt, sich auf die Heimkehr der Geiseln und den Abschluss eines Friedensabkommens zu konzentrieren.
„Da wir nun beispiellose Erfolge erzielt und Hamas in Schach gehalten haben, ist die Zeit gekommen, Netanyahu zu begnadigen, damit er Israel einen kann“, schreibt Trump.
Präsident Herzog reagiert kühl
Aus dem Büro des israelischen Präsidenten folgte eine betont nüchterne Reaktion: Jeder, der eine Begnadigung beantrage, müsse „einen formellen Antrag stellen“. Eine Bewertung von Trumps Vorstoß blieb Herzog schuldig.
Der Brief aus Washington löste in Israel sofort politische Wellen aus. Oppositionsführer Yair Lapid erinnerte auf X (ehemals Twitter) daran, dass eine Begnadigung nach israelischem Recht in der Regel ein Schuldeingeständnis und Reue voraussetze – beides hat Netanjahu bislang kategorisch abgelehnt.
Rechte jubeln, Opposition warnt
Unterstützung kam hingegen von rechts. Polizeiminister Itamar Ben-Gvir sprach von „erfundenen und schändlichen Anklagen“ gegen den Premier und erklärte: „Eine Begnadigung wäre der richtige Schritt. Präsident Herzog, hören Sie auf Präsident Trump.“
Trump hatte bereits im Oktober in einer Rede vor der Knesset für eine Begnadigung Netanjahus geworben. Der Regierungschef steht seit Jahren im Zentrum eines aufsehenerregenden Korruptionsprozesses: Ihm wird vorgeworfen, von befreundeten Unternehmern Luxusgeschenke im Wert von rund 174.000 Euro – darunter Schmuck, Zigarren und roséfarbener Champagner – angenommen zu haben. Netanyahu weist alle Vorwürfe zurück und spricht von einer „Hexenjagd“.
Alte Debatte, neue Brisanz
Die Debatte über eine mögliche Begnadigung Netanjahus flammt in Israel immer wieder auf. Präsident Herzog betonte wiederholt, niemand stehe über dem Gesetz. Zugleich ließ er offen, dass er in dieser Frage „nach seinem Gewissen“ entscheiden werde.
Trumps Vorstoß verleiht der Diskussion nun neue Schärfe – und bringt Israels Präsidenten erneut in eine heikle Position zwischen Rechtsstaat, politischem Druck und internationalen Erwartungen.
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