Tschechien vor Schicksalswahl – Ukraine-Krieg dominiert den Wahlkampf
„Jetzt geht es um alles“: Regierungschef Fiala stellt die Wahl als Richtungsentscheidung dar, während Favorit Babiš auf Trumps Linie setzt und Militärhilfe für Kiew infrage stellt.
Noch nie zuvor hat ein außenpolitisches Thema den Wahlkampf in Tschechien derart geprägt, dass ernste Warnungen vor dem Verlust der Freiheit, Demokratie und der Rückkehr “in den Osten”, also in die Einflusssphäre Russlands, laut wurden. Es geht um den Krieg in der Ukraine, der vor allem von den Parteien der scheidenden liberal-konservativen Regierungskoalition aufgegriffen wurde, um einen Schatten auf oppositionelle Gruppierungen zu werfen und sie als Gefahr darzustellen.
Eine dieser Gruppierungen – die ursprünglich liberale und mittlerweile populistische Bewegung ANO von Ex-Premier Andrej Babiš – gilt dabei als klarer Favorit der bevorstehenden Abstimmung.
Regierungsbündnis warnt vor Richtungsentscheidung
Das Wahlbündnis Spolu von Premier Petr Fiala erklärt die Abstimmung zur Schicksalswahl. „Jetzt geht es um alles“, heißt es im Wahlprogramm. Spolu wirft Teilen der Opposition vor, Tschechien stärker an Russland und Ungarn binden zu wollen.
Favorit Babiš setzt auf Trump-Linie
Die Bewegung ANO von Ex-Premier Andrej Babiš gilt als Favorit. Er orientiert sich im Wahlkampf offen an Donald Trump, verteilt rote Kappen mit der Aufschrift „Starkes Tschechien“ und vermeidet klare Aussagen zum Ukraine-Krieg. Babiš betont, er wolle, dass der Krieg ende – konkrete Hilfspläne für Kiew lehnt er ab. So kündigte er an, die tschechische Munitionsinitiative für die Ukraine stoppen zu wollen.
ANO liegt laut Umfragen vorne
Oppositionsführer Andrej Babiš geht als klarer Favorit in die tschechischen Parlamentswahlen am 3. und 4. Oktober. Seine Bewegung ANO liegt laut Umfragen mit 30 bis 33 Prozent mehr als zehn Prozentpunkte vor dem Regierungsbündnis von Premier Petr Fiala. Damit gilt eine Rückkehr die Regierungsspitze als sehr wahrscheinlich. Für eine Mehrheit wird Babiš jedoch auf Koalitionspartner angewiesen sein – im Gespräch sind vor allem die SPD von Tomio Okamura sowie die neu antretenden Motoristen. Sollte die rechnerische Mehrheit nicht aufgehen, könnte die Regierungsbildung für Babiš schwierig werden. Dennoch gilt er als gesetzt für den Auftrag zur Regierungsbildung, da ANO wohl klar stärkste Partei wird.
Präsident Pavel greift ein
Auch Staatspräsident Petr Pavel mischt sich in den Wahlkampf ein. Er machte klar, dass er keinen Politiker in die Regierung berufen werde, der Tschechien aus NATO oder EU führen will. Zugleich forderte er die Ukraine auf, ihre Kriegsziele realistisch zu sehen und die Möglichkeit anzuerkennen, dass Teile des Landes vorerst unter russischer Kontrolle bleiben
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