Russland hat nach Angaben der Ukraine bei einem Luftangriff Donnerstag früh erstmals seit Kriegsbeginn auch eine Interkontinentalrakete abgefeuert. Ziel des russischen Angriffs seien unter anderem Unternehmen und kritische Infrastruktur in der zentralöstlichen Stadt Dnipro gewesen, teilt das ukrainische Militär mit. Russland will unterdessen erstmals von der Ukraine abgefeuerte britische Storm-Shadow-Marschflugkörper abgefangen haben.

Landesweiter Luftangriff- und Raketenalarm

In der Ukraine ist am Donnerstag zudem ein landesweiter Luftangriff- und Raketenalarm ausgelöst worden. Im Gebiet Dnipropetrowsk sei eine russische Hyperschallrakete vom Typ “Kinschal” eingeschlagen, berichtete die Agentur Ukrinform. Die Rakete sei von einem MiG-31-Kampfjet abgefeuert worden.

Kurz darauf warnte die ukrainische Flugabwehr auf der Plattform Telegram vor dem möglichen Einflug mehrerer Ch-101-Marschflugkörper. Diese mit Tarnkappentechnik versehenen Flugkörper seien vermutlich von strategischen Bombern des Typs Tu-95 in der Nähe der Stadt Engels in der südrussischen Region Saratow abgefeuert worden. Wenig später drangen mehrere Marschflugkörper in den ukrainischen Luftraum ein und nahmen Kurs auf die Hauptstadt Kiew und Poltawa im Osten des Landes, wie die Luftwaffenführung mitteilte.

Der russische Angriff auf Dnipro erfolgte, nachdem die Ukraine in den vergangenen Tagen erstmals mit US-amerikanischen und britischen Raketen Ziele in Russland attackiert hatte. In der Großstadt wurde den örtlichen Behörden zufolge ein Industrieunternehmen beschädigt. Zudem seien zwei Brände in der Stadt ausgebrochen. Die Rakete sei von der südlichen Region Astrachan am Kaspischen Meer aus gestartet worden, teilte das ukrainische Militär mit.

Russland "unter Berücksichtigung unserer Interessen" zu Gesprächen bereit

Russland zeigt sich unter bestimmten Bedingungen bereit zu Gesprächen über eine Lösung des Ukraine-Konflikts. “Wir sind offen für Verhandlungen und selbstverständlich bereit, jede realistische, nicht politisierte Initiative in Betracht zu ziehen”, sagt die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. Russland werde aber nur eine Lösung in Betracht ziehen, die auf der Berücksichtigung seiner Interessen beruhe. “Ich möchte noch einmal betonen: Das Schlüsselwort ist die Berücksichtigung der Interessen unseres Landes, der aktuellen Lage vor Ort und der Garantien für die Einhaltung einschlägiger Vereinbarungen.”

Die Nachrichtenagentur Reuters hatte unter Berufung auf Insider berichtet, dass der russische Staatschef Wladimir Putin offen für Gespräche mit dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump über eine Feuerpause in der Ukraine sei. Er schließe jedoch größere territoriale Zugeständnisse aus und bestehe darauf, dass die Ukraine ihre Beitrittsambitionen zum westlichen Verteidigungsbündnis NATO aufgibt.

Ukraine-Präsident Wolodymyr SelenskyjGETTYIMAGES/Global Images Ukraine

Selenskyj setzt bei Rückgewinnung der Krim auf Diplomatie

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj setzt bei der Rückgewinnung der von Russland annektierten Halbinsel Krim weiter auf diplomatische Mittel. “Ich habe bereits gesagt, dass wir bereit sind, die Krim mit diplomatischen Mitteln zurückzuerlangen”, sagt der Präsident dem US-Sender Fox News. Eine militärische Rückeroberung der Krim wäre mit zu hohen Verlusten an Menschenleben verbunden, die sein Land nicht hinnehmen könne. Zudem gebe es keine Garantie für einen militärischen Erfolg. Gleichzeitig stellt Selenskyj klar, dass die Ukraine keine besetzten Gebiete an Russland abtreten werde. “Wir können kein besetztes Gebiet der Ukraine rechtlich als russisch anerkennen.”