Seit gestern, Freitag, ist die Lage noch einmal komplizierter geworden. Zunächst stiegen die NEOS aus den Dreierverhandlungen mit ÖVP und SPÖ aus, am Samstag brach dann Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) die Gespräche mit der SPÖ ab und kündigte seinen Rücktritt an.

Eine Chronologie der Ereignisse bisher:

29.9. Nationalratswahl: Die FPÖ wird erstmals stärkste Partei im Parlament. Sie erreicht 28,8 Prozent der Stimmen (57 Mandate), die ÖVP 26,3 (51), die SPÖ 21,1 (41), die NEOS 9,1 (18) und die Grünen 8,2 Prozent (16). Als Zweier-Koalitionen kommen nur FPÖ-ÖVP, FPÖ-SPÖ sowie – mit äußerst knapper Mehrheit – ÖVP-SPÖ in Frage.

1.10. ÖVP-Chef und Bundeskanzler Karl Nehammer spricht sich dafür aus, dass FPÖ-Obmann Herbert Kickl von Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit Sondierungen beauftragt wird.

2.10. Die türkis-grüne Regierung bietet dem Bundespräsidenten den Rücktritt an, er betraut sie mit der Fortführung der Geschäfte. Einzig Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) gibt ihren Posten auf eigenen Wunsch bereits ab.

4.10. Van der Bellen beginnt mit der ersten Gesprächsrunde mit den fünf Parlamentsparteien. Als erster wird Kickl in der Präsidentschaftskanzlei empfangen. Dabei teilt er dem Bundespräsidenten seinen Willen zum Regieren mit, wie er am folgenden Tag in einer Pressekonferenz berichtet.

8.10. Nehammer und SPÖ-Chef Andreas Babler kommen zu einem ersten “atmosphärischen Austausch” zusammen.

9.10. Van der Bellen erteilt nach der ersten Gesprächsrunde vorerst keinen Regierungsbildungsauftrag und fordert die Chefs der stimmenstärksten Parteien FPÖ, ÖVP und SPÖ auf, “zu klären, welche Zusammenarbeit vorstellbar wäre”, um die “Pattsituation” zu lösen. FPÖ-Chef Kickl erklärt, dass er die Gespräche koordinieren will.

15.10. Kickl und Nehammer kommen zu einem Gespräch zusammen. Nehammer bleibt dabei, dass er eine Koalition mit der FPÖ unter Kickl ausschließt.

18.10. Kickl und Babler kommen zu einem Gespräch zusammen. Auch der SPÖ-Chef schließt erneut jede Zusammenarbeit mit der FPÖ aus.

21.10. Zweite Gesprächsrunde beim Bundespräsidenten: Van der Bellen empfängt nacheinander Kickl, Nehammer und Babler.

22.10. Van der Bellen erteilt Nehammer den Auftrag zur Regierungsbildung und ersucht ihn, umgehend Verhandlungen mit der SPÖ aufzunehmen und zu klären, ob es einen dritten Partner braucht. Nehammer nimmt den Auftrag an.

24.10. Konstituierende Sitzung des Nationalrats mit der Wahl von Walter Rosenkranz (FPÖ) zum Nationalratspräsidenten.

25.10. Start der Sondierungsgespräche zwischen ÖVP und SPÖ

12.11. Nach der vierten Sondierungsrunde laden ÖVP und SPÖ die NEOS ein, als dritten Partner am Gesprächstisch Platz zu nehmen.

13.11. Sondierungen zu dritt beginnen.

18.11. Nehammer, Babler und Meinl-Reisinger kündigen die Aufnahme offizieller Koalitionsverhandlungen an.

21.11. Die Koalitionsverhandlungen in sieben Hauptclustern und 33 Untergruppen starten.

26.11. Der Gehaltsabschluss der öffentlich Bediensteten sorgt für den ersten Zwist zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS. Die pinken Verhandler fordern ein klärendes Gespräch, das am folgenden Tag stattfindet.

2.12. Die angespannte Budgetsituation belastet das Koalitionsklima. Die SPÖ droht mit einer Pause der Koalitionsgespräche, sollte es keinen “Kassasturz” geben.

13.12. Die Untergruppen schließen ihre Arbeit ab.

16.12. Von der EU-Kommission werden die vier möglichen Konsolidierungspfade vorgelegt: Innerhalb von vier oder sieben Jahren muss Österreich zwischen 18 und 24 Milliarden Euro eingespart werden.

20.12. Nach Gerüchten über ein mögliches Platzen der Koalitionsverhandlungen im Dreierformat einigt man sich in neunstündigen Verhandlungen auf einen Minimalkompromiss zum Konsolidierungspfad: Die Budgetsanierung soll auf sieben Jahre angelegt werden.

3.1. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger erklärt den Ausstieg ihrer Partei aus den Koalitionsverhandlungen. Sie vermisst die Bereitschaft zu grundsätzlichen Reformen seitens ÖVP und SPÖ. ÖVP und SPÖ wollen dennoch weiterverhandeln.

4.1. Nehammer bricht die Gespräche mit der SPÖ ab und kündigt seinen Rücktritt als Kanzler und ÖVP-Chef an.