Wehrpflicht im Wandel: Wo müssen Männer am längsten dienen?
Russlands Angriffskrieg und die damit einhergehende Unsicherheit in Europa rücken das Thema Wehrpflicht wieder ins Rampenlicht. Doch wo müssen junge Männer am längsten dienen? Und wie wird die Wehrpflicht in Österreich gehandhabt?
In Reaktion auf die geopolitischen Spannungen prüfen europäische Länder die Zukunft der Wehrpflicht.GETTYIMAGES/JORGE CORCUERA
Der Ukraine-Krieg hat Europas Verteidigungsstrategien durcheinandergewirbelt und die Wehrpflicht wieder auf die politische Agenda gebracht. Während in Österreich Experten an einer möglichen Reform arbeiten, verdichten sich laut der Krone auch in anderen europäischen Ländern die Diskussionen.
Wo wird am längsten gedient?
Das Thema Wehrpflicht ist spätestens seit Russlands Angriff auf die Ukraine wieder brandaktuell. Die Bedrohung aus dem Osten hat nicht nur Sicherheitsfragen aufgeworfen, sondern auch die Diskussion über den Wehrdienst in vielen europäischen Ländern neu entfacht. In Österreich etwa wird schon seit Monaten über eine mögliche Reform des Wehrdienstes nachgedacht. Eine Expertenkommission unter der Leitung von Erwin Hameseder, dem Milizbeauftragten des Bundesheeres, arbeitet aktuell an Vorschlägen zur Weiterentwicklung des Wehrdienstes. Die Ergebnisse werden am 20. Jänner präsentiert – passend zum „Tag der Wehrpflicht“, dem Jahrestag der Volksbefragung von 2013, als sich mehr als 60 Prozent der Bevölkerung für den Erhalt der Wehrpflicht aussprachen.
Im Vergleich zu anderen Ländern hat Österreich die Dauer des Wehrdienstes in den letzten Jahrzehnten schrittweise verkürzt. Der Grundwehrdienst dauert heute nur noch sechs Monate, Ausnahmen gibt es nur wenige.
Länder im Vergleich: Wer zieht den Kürzeren?
In der EU gibt es deutliche Unterschiede bei der Dauer des Wehrdienstes. So müssen Männer in Dänemark beispielsweise nur vier Monate Dienst leisten, in Finnland sind es je nach Funktion fünfeinhalb Monate. In Schweden hingegen sind bis zu 15 Monate Wehrdienst möglich. Auch das Musterungsverfahren variiert stark: In Schweden und Norwegen müssen sich 17-Jährige mit einem Fragebogen zu ihrer Gesundheit und Motivation melden. In Dänemark müssen dagegen alle 18-Jährigen am „Tag der Verteidigung“ zur Musterung erscheinen. In Finnland sind sogar alle 18-Jährigen zur Musterung verpflichtet.
Die Skandinavier zeigen, dass es durchaus auch andere Modelle als das österreichische gibt. Besonders interessant ist das Modell in Lettland: Das Verteidigungsministerium bestimmt hier jährlich, wie viele Soldaten benötigt werden. Sind die freiwilligen Bewerbungen zu gering, entscheidet eine Software nach regionaler Gewichtung, welche Männer eingezogen werden.
Europas Debatten: Wer zieht nach?
In anderen europäischen Ländern, in denen die Wehrpflicht abgeschafft wurde, wird derzeit hitzig über eine mögliche Rückkehr zum verpflichtenden Militärdienst debattiert. Deutschland, das die Wehrpflicht 2011 aussetzte, arbeitet derzeit an einem neuen Gesetz, das zumindest die ärztliche Untersuchung für alle Männer des Jahrgangs 2008 und jünger ab 2027 wieder verpflichtend machen soll. Auch Frankreich führt ab 2024 den „service national“ für alle 16- bis 25-Jährigen ein, der auch eine militärische Komponente beinhalten kann.
Polen setzt auf eine militärische Registrierung aller 18- und 19-Jährigen und bleibt vorerst dabei, im Verteidigungsfall auch ohne eine volle Wehrpflicht auf die registrierten Männer zurückzugreifen. Derzeit reicht der freiwillige Grundwehrdienst aus, um ausreichend Soldaten zu gewinnen.
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