Weitere Chats von Thomas Schmid: Steuernachlass für Investor Siegfried Wolf
Schon wieder Chats: Das Handy von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid ist ein weiteres Mal eine wahre Fundgrube für die Korruptionsermittler. Diesmal geht es um den Verdacht der Bestechung, der Anstiftung zu Bestechung und der Bestechlichkeit. Großinvestor Siegfried Wolf soll sich einen Steuernachlass geholt haben, eine Finanzbeamtin im Gegenzug eine “Beförderung”.
In der Causa um einen mutmaßlichen Steuernachlass für MAN-Investor Siegfried Wolf mithilfe des damaligen Generalsekretärs im Finanzministerium, Thomas Schmid, sind neue belastende Chatnachrichten publik geworden. Wie das Nachrichtenmagazin “profil” berichtet, hatte Wolf engen Kontakt zu jener Finanzbeamtin, die seinen Steuerakt zu seinen Gunsten bearbeitet hatte. Er hat nicht nur Nachrichten mit ihr ausgetauscht, sondern sie auch auf einer Autobahnraststätte getroffen.
Wolfs erste Intervention war bereits erfolgreich – doch er wollte noch mehr
Am Tag der sogenannten Schlussbesprechung zwischen den Finanzprüfern und Wolfs Steuerberatern schrieb Schmid an Schelling: “Haben heute Einigung mit Sigi geschafft. 75:25. er zahlt zwischen 7 und 8 Mio Euro nach. Muss noch genau berechnet werden. Er rief mich mehrmals an und wollte auf 6 runter. Das war unmöglich für uns während der laufenden Verhandlungen zu intervenieren. Ich finde bei diesem Deal hat sich unsere Finanzverwaltung bewegt und beide Seiten sollten zufrieden sein.”
Tatsächlich wurden im Dezember 2016 dann die entsprechenden Bescheide erlassen. Wolf musste rund 7,1 Millionen Euro plus nicht ganz 690.000 Euro Zinsen nachzahlen. Doch Wolf war – der Hausdurchsuchungsanordnung der Staatsanwaltschaft zufolge – mit dieser drastischen Steuerreduktion immer noch nicht zufrieden. Er wollte demnach auch die Zinsen weghaben. Die WKStA hält dazu fest: “So wurde abermals von Wolf direkt und unter mithilfe seiner Steuerberater massiv bei Vertretern des BMF auf Kabinettsebene interveniert.”
Zunächst legt sich die zuständige Fachabteilung im Finanzministerium quer
Zunächst ging allerdings nicht viel. Wie sich aus der Anordnung der WKStA ergibt, legte sich die zuständige Fachabteilung im Finanzministerium quer und wollte keine “Steuernachsicht” gewähren, da die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Genehmigung im Falle einer Antragstellung nicht vorlägen. Es folgte ein längeres Tauziehen, das bis März 2018 dauerte.
Dann folgte die – für diese Causa – entscheidende Phase. Wolf beantragte die Steuernachsicht bei seinem Finanzamt in Wiener Neustadt. Dort wollte der Fachvorstand den Ermittlern zufolge zwar zunächst den Antrag abweisen, doch dann gingen die Unterlagen an eine übergeordnete Mitarbeitern weiter, die Kontakt zu Wolf hatte.
Am Abend des 4. Juni 2018 schrieb Wolf an die Finanzbeamtin: “Liebe … – ich hoffe es geht dir gut ? Ich wuerde gerne wenn du in den naechste Tagen Zeit hast und du ev im Fontana bist (Freitag?) mit dir einen Kaffee trinken.” Die Beamtin antworte am nächsten Tag gleich in der Früh: “Einen schönen guten Morgen, lieber Sigi, ich bin bis Freitag in Prüfungskommissionen. Die nachfolgenden Tage geht es besser. LG …” Wolf schrieb retour: “… ev Samstag ? Spaeter Vormittag ? Ich komme von der Steiermark. Fontana oder in Wr Neustadt ? Sigi”. Die Antwort der Finanzamtsmitarbeiterin: “Können wir ad Termin telefonieren? Ich sitze bis 16 Uhr in Kommission.” Wolf darauf: “Ok”.
WKStA hat angebliches "Geheimtreffen" an der Autobahn-Raststation im Visier
Am 9. Juni 2018 machte man dann den Ermittlungsergebnissen zufolge Nägel mit Köpfen. Wolf schrieb: “Liebe … – guten Morgen – 11.30 Raststätte Guntramsdorf? Passt dir das? Sigi” Die Antwort der Beamtin: “Passt gut.”
Die WKStA hegt den Verdacht, dass bei jenem mutmaßlichen Treffen an der Autobahnraststation südlich von Wien Wolf der Beamtin gesagt hat, er werde sie bei ihrer Karriere unterstützen und könne bei Thomas Schmid diesbezüglich intervenieren – sofern sie seinen Steuerantrag zu seinen Gunsten behandle. Die Beamtin habe das unlautere Angebot angenommen, und zwar mit Blick auf eine Bewerbung für eine neue, von ihr angestrebte Stelle in einem anderen Finanzamt. Einen Tag später schrieb Wolf an Schmid: “Thomas guten Morgen!! Ich habe mit der Dame aus we Neustadt geredet. Sie will … (Anm.: An dieser Stelle steht der Name des begehrten Finanzamtes.) – ich sagte ihr es wird überlegt und sie soll ihr / Thema erledigen !! …”
Finanzministerium gewährt Nachlass, Beamtin erhält Wunschposition
Am 18. Juli 2018, erkundigte sich Wolf bei Schmid: “Lieber Thomas – war das hearing unserer Dame … gestern ok ? Sigi”. Die Antwort: “Klar”. Wolf antwortete mit vier Daumen nach oben und schrieb der Beamtin: “… hoere gerade – hearing ist top !! gelaufen”. Die Finanzbeamtin bedankte sich zunächst mit Smileys, tags darauf auch mit Worten: “Nochmals thanks!!!!!!!! ‘scheine dem Herrn Bundesminister … vorgeschlagen zu sein'”. Wolf replizierte weltmännisch: “With pleasure …. du gibst einfach einen aus !!”
In den Tagen zuvor hatten die Steuerberater Wolfs beim Finanzamt in Wiener Neustadt einen neuen Lösungsansatz dargelegt, der rechtlich anders argumentiert. Er gelangt aber zu praktisch demselben Ergebnis, nämlich einem Steuernachlass jenseits der 600.000 Euro. Im Finanzamt konnte man der Argumentation nun doch – oder zumindest teilweise – folgen.
Am 26. Juli 2018, etwas mehr als eine Woche nach dem Hearing, erstellte ein untergeordneter Mitarbeiter der Finanzbeamtin einen Bescheid, durch den rund 630.000 Euro nachgesehen wurden. Der Bescheid wurde zwar nicht von der erwähnten Finanzbeamtin unterzeichnet. Die Bescheidbegründung wurde ihr laut WKStA allerdings vorgelegt. Wenige Wochen später wurde die Beamtin auf ihre Wunschposition bestellt.
Der Fall liegt bis heute vor dem Bundesfinanzgericht. Die Beteiligten streiten die Vorwürfe ab, es gilt für alle die Unschuldsvermutung. (APA/Red)
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